Das erste Zwischenfazit der Saison: Die obere Tabellenhälfte

Kult-Trainer Hans Meyer sagte einmal, dass die Tabelle frühestens nach zehn Spielen aussagekräftig sei. Passend zur Länderspielpause sind in der 3. Liga sogar schon elf Runden gespielt. Grund genug, ein erstes Zwischenfazit zu ziehen. Wer kam gut rein, wer muss sich jetzt erstmal sammeln? Im zweiten Teil schauen wir auf die obere Tabellenhälfte.


Lage: Wo wäre der 1. FC Magdeburg ohne Baris Atik? Der Top-Scorer der Liga (sechs Tore/sechs Vorlagen) ist die Lichtgestalt in Sachsen-Anhalt – und manchen FCM-Fan gruselt die Eingangsfrage fast schon, auch mit Hinblick auf die vergangene Saison. Aber Magdeburg ist mehr als Atik, das beweist die Elf von Cheftrainer Christian Titz von Spieltag zu Spieltag. Gerade erst wurde Türkgücü München nach zwei Niederlagen in Folge mit einem 4:0 nach Hause geschickt. Die jungen Wilden machen es – kein Sommer-Neuzugang war älter als 24 Jahre. Abgesehen von Florian Kath, der ohnehin schon vorher auf Leihbasis an Bord war. Und es scheint, als habe der FCM damit den Erfolg eingekauft.

Prognose: In der Sommerpause fürchteten noch einige FCM-Fans eine Wundertüte angesichts des Transfergeschehens, doch Titz wurde seinem Ruf als Förderer mehr als nur gerecht. Sieben Siege sprechen für die neue Nervenstärke in Magdeburg, zumal viele Punkte eindrucksvoll eingefahren wurden. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass der FCM für einen längeren Zeitraum einbrechen könnte – und somit bleibt Magdeburg einer der großen Anwärter auf die 2. Bundesliga

 


Lage: Diese Zweitvertretung macht sportlich Spaß, beim Tabellenzweiten dominieren die Talente. Zugegeben, der Borussia stehen mit Luca Unbehaun, Tobias Raschl oder Ansgar Knauff durchaus überdurchschnittliche Jungs zur Verfügung, aber der Austausch mit dem Bundesliga-Team bleibt dennoch überschaubar. Umso mehr ist es Cheftrainer Enrico Maaßen anzurechnen, dass er besagtes Talent auch in erfolgreiche Bahnen leitet – beispielsweise bei den Spektakel-Spielen gegen Freiburg II (5:2) oder Duisburg (4:1). Durchaus beachtlich, dass die junge Mannschaft derart konstante Ergebnisse vom Fleck weg bringt.

Prognose: Normalerweise müssen sich die jungen Talente erst einmal an die neue Spielklasse anpassen – beim BVB II greifen die Zahnräder schon zu Saisonbeginn ineinander. Die Unbekümmertheit, die das U23-Team bereits unter höchstem Druck im Aufstiegsrennen der letzten Saison gegen Rot-Weiss Essen behalten hat, funktioniert auch bisweilen in der 3. Liga. Mit dem Abstiegskampf wird der BVB II daher in dieser Saison garantiert nichts zu tun haben.

 


Lage: Drei Spiele ohne Sieg zu Saisonbeginn, dazu ein personell sehr dünner Kader und Abgänge von Leistungsträgern – die Sorgen bei vielen Waldhof-Fans waren groß, der Ruf nach Verstärkungen laut. Cheftrainer Patrick Glöckner widerlegte die Kritiker eindrucksvoll, indem er seine Mannschaft durch fünf Siege und vier Unentschieden bis auf den dritten Tabellenrang führte. Seit dem dürftigen Saisonstart gab es nur noch eine weitere Niederlage. Auch dank namhafter Spieler wie Marc Schnatterer, Marco Höger oder Social-Media-Star Niklas "Willy" Sommer. Der Eindruck, es gehörte immer schon so zusammen, ist durchaus berechtigt.

Prognose: Patrick Glöckner verbesserte den Waldhof im sogenannten schwierigen zweiten Jahr um einen Platz in der Tabelle, doch dieses Jahr rechneten einige Fans aufgrund der späten Transfers mit Abstiegskampf. Aktuell hält die Elf vom Waldhof aber Kurs auf eine noch bessere Platzierung. Aber der SVW ist sowohl vom Teamgeist, als auch von der individuellen Qualität abhängig. Ohne Bruch in diesem Konstrukt ist ein Spitzenplatz möglich.

 


Lage: Dass ein Aufsteiger zu Saisonbeginn mal gut aus den Startlöchern kommt, das ist mittlerweile in der 3. Liga bekannt. Aber wie die Himmelblauen in diesem Jahr über Braunschweig (4:0) oder Kaiserslautern (4:0) hinweggefegt sind, war beachtlich. Zum Lohn gab es einen Eintrag in die Geschichtsbücher der 3. Liga, denn neun Punkte aus drei Spielen mit 10:1 Toren hatte noch nie eine Mannschaft auf dem Konto. Knappe Niederlagen gegen Halle (0:1) oder Freiburg II (0:2) waren daher zu verschmerzen. Einzig die 3:4-Pleite gegen Havelse dürfte für Bauchschmerzen gesorgt haben, zumal die Berliner gleich drei Führungen verspielten. Dennoch ist mit 18 Punkten aus elf Spielen bei der Viktoria alles mehr, als nur im Soll.

Prognose: Viktoria Berlin bleibt eine Wundertüte in der Liga, denn der Offensivfußball des Aufsteigers kann zwischen einem Feuerwerk auf der eigenen Seite und einem bösen Erwachen in der Defensive jede Facette erreichen. Wenn Cheftrainer Benedetto Muzzicato die Balance findet, dann werden die Berliner im weiteren Saisonverlauf noch viele Erfolge feiern. Die Aufstiegsplätze werden dadurch wohl wesentlich näher bleiben, als die Abstiegsränge.

 


Lage: Wo die Hessen hinkommen, da spielen sie solide. Trotz größerem Umbruchs im Sommer hat der SVWW nicht nur wirtschaftlich ein Plus gemacht, sondern auch nahtlos an die konstanten Leistungen angeknüpft. Zu Saisonbeginn war die Chancenverwertung noch ein Problem, doch das hat insbesondere Gustaf Nilsson (acht Tore/vier Vorlagen) revidiert. Immer wieder mal wackelt aber die Defensive bei schnellen Gegenspielern, obwohl das Team von Cheftrainer Rüdiger Rehm fast jedes Spiel dominierte. So gab es die einzigen Niederlagen gegen Magdeburg (2:4), Berlin (1:3) und Dortmund II (0:1).

Prognose: In Wiesbaden wird es spannend, weil der SVWW bislang nur gegen höherplatzierte Teams in der Tabelle verloren hat. Grundsätzlich gehören die Hessen zu den beständigsten Mannschaften der Liga, was sich auch in Rüdiger Rehm als dienstältestem Trainer widerspiegelt. Der Coach weiß entsprechend, an welchen Stellschrauben er für eine erfolgreiche Saison drehen muss – gerade auf lange Sicht macht das den SVWW gefährlich, sodass die Spitzenplätze nur über Wiesbaden zu erreichen sein werden.

 


Lage: Genau wie Vorgänger Lukas Kwasniok, der mit dem SC Paderborn derzeit in der 2. Bundesliga für Furore sorgt, verfolgt auch Uwe Koschinat mit dem 1. FC Saarbrücken hohe Ziele. Mit Platz sechs haben die Saarländer unmittelbaren Kontakt zur Spitzengruppe, für ganz oben reicht es allerdings noch nicht. Das liegt zum einen an der fehlenden Konstanz, denn zwei Siege in Folge gelangen bisher noch nicht. Stattdessen spielte der FCS schon fünfmal Remis – so oft wie kein anderer Klub unter den ersten sieben Mannschaften. Zum anderen ließ Saarbrücken allein in den letzten beiden Spielen vier Punkte liegen. Gegen Meppen gab der FCS eine 2:0-Führung aus der Hand (2:2), auch gegen Braunschweig reichte eine zweifache Führung nicht zum Sieg.

Prognose: Bekommt Koschinat mehr Stabilität in die Leistungen, vor allem defensiv, ist der 1. FC Saarbrücken ein Kandidat für die vorderen Plätze. Die Qualität im Kader ist mit Spielern wie Daniel Batz, Minos Gouras, Luca Kerber, Robin Scheu, Adriano Grimaldi und Manuel Zeitz fraglos vorhanden. Ende Oktober kehren mit Dennis Erdmann (gesperrt nach Rassismus-Vorwürfen) sowie Steven Zellner (Außenmeniskuseinriss) zudem wichtige wichtige Akteure für die Innenverteidigung zurück.

 


Lage: Nach dem Abstieg blieb beim VfL kaum ein Stein auf dem anderen, auch die sportliche Führung wurde komplett ausgetauscht. Unter Trainer Daniel Scherning – zuletzt Co-Trainer unter Steffen Baumgart in Paderborn – haben die Lila-Weißen schnell zusammengefunden. Mit Kapitän und Routinier Marc Heider verfügt der VfL über einen Unterschiedsspieler, auf Seiten der Neuzugänge machte vor allem Aaron Opoku mit vier Vorlagen in sieben Spielen bisher von sich reden. Rang 7 bedeutet ein Platz im breiten Verfolgerfeld, über eine bessere Chancenverwertung gerade in den Heimspielen wäre mehr möglich gewesen.

Prognose: Mit zuletzt zwei Niederlagen in Folge und dem Landespokal-Aus gegen Meppen zeigt der Trend derzeit nach unten, doch dass die Lila-Weißen das Potenzial haben, oben mitzuspielen, stellten sie in dieser Saison bereits unter Beweis. Es deutet einiges darauf hin, dass der Zweitliga-Absteiger ein Wörtchen um die vorderen Plätzen mitreden wird.

 


Lage: Nachdem sich der BTSV gerade mal ein Jahr lang in der 2. Liga halten konnte, soll es nun bis spätestens 2023 wieder zurückgehen. Möglicherweise gelingt aber auch der direkte Wiederaufstieg, zumal der Kader mit mehreren Zweitliga-Profis wie Brian Behrendt, Jannis Nikolaou, Bryan Henning und Benjamin Girth bestückt ist. Nach dem Fehlstart mit nur einem Punkt aus den ersten beiden Partien und einer 0:4-Klatsche gegen Viktoria Berlin hat sich der BTSV gefangen und verlor nur eine der letzten neun Partien. Gleichwohl ließ die Eintracht sowohl gegen Osnabrück (2:2) und Mannheim (0:0) Punkte liegen. Sport-Geschäftsführer Peter Vollmann kam daher zuletzt zu dem Fazit, dass "mehr Punkte möglich gewesen" wären, "aber total unzufrieden zu sein, wäre völlig daneben."

Prognose: In einem breiten Verfolgerfeld liegt Braunschweig nur drei Punkte hinter dem zweiten Tabellenplatz und hat damit nach wie vor gute Chancen, den Abstieg aus der 2. Liga direkt zu korrigieren. Zuletzt fehlte dem BTSV aufgrund einer Verletzungssorgen die letzte Konsequenz im Angriff, doch sobald Luc Ihorst und Sebastian Müller wieder fit sind, dürfte das Toreschießen besser klappen. Um wenigstens einige Plätze könnte es dann nach oben gehen.

 


Lage: Es ist schlicht bemerkenswert, wie der Hallesche FC trotz riesiger Verletzungssorgen bisher durch die Saison gekommen ist. Obwohl zwischenzeitlich gleich zehn Spieler fehlten, darunter Leistungsträger wie Stammkeeper Sven Müller oder Tom Zimmerschied, kassierten die Saalestädter bislang erst zwei Niederlagen – und damit eine weniger als Tabellenführer Magdeburg. Den FCM konnte Halle vor zwei Wochen trotz Rückstand sogar besiegen und stellte damit einmal mehr unter Beweis, über welche Moral die Mannschaft verfügt. Trainer Florian Schnorrenberg ist es gelungen, eine echte Einheit zu formen, die durch die Rückschläge nur noch stärker wird.

Prognose: Wo würde der HFC stehen, wenn sich niemand verletzt hätte? Eine Antwort auf diese Frage ist müßig, doch Fakt ist: Der Kader des Halleschen FC wurde im Sommer klug verstärkt, was nun dazu führt, dass die Saalestädter vorsichtig nach oben schielen dürfen. Mit einem Platz im oberen Tabellenmittelfeld würde man sich bei den Rot-Weißen am Saisonende sicherlich zufrieden geben, bloß nicht wieder Abstiegskampf lautet die Devise. Doch dass der HFC in den Strudel um die unteren Plätze hineingeraten könnte, deutet sich derzeit nicht an.

 


Lage: Der 1. FC Kaiserslautern ist bislang ein Rätsel: Erst gelingt kaum etwas (nur fünf Punkte aus acht Spielen), dann macht es durch ein 0:0 in doppelter Unterzahl gegen Mannheim plötzlich Klick und die drei darauffolgenden Spiele werden allesamt gewonnen (bei 10:0 Toren), nur um die aufkommende Euphorie durch eine peinliche 1:2-Pleite im Landespokal bei Fünftligist TuS Mechtersheim direkt wieder im Keim zu ersticken. Nun könne sich der FCK voll und ganz auf die Liga fokussieren, heißt es in Fankreisen, doch klar ist: Wird Kaiserslautern am Saisonende nicht mindestens Vierter, findet der DFB-Pokal in der kommenden Saison erstmals seit 1964 ohne den FCK statt.

Prognose: Kommt der FCK unter den ersten vier Teams ins Ziel? Zumindest die letzten drei Ligaspiele geben Anlass zur Hoffnung, dass es tatsächlich etwas werden könnte. Doch Obacht: Noch immer sind die Abstiegsplätze näher als die Spitzenplätze. Und streut Kaiserslautern auch in den nächsten Wochen Auftritte, wie den gegen Mechtersheim ein, wird es kaum reichen. Dass das Potenzial für ganz oben auf dem Papier vorhanden ist, steht außer Frage. Gelingt es Antwerpen, das dauerhaft abzurufen?

 

Weiterlesen: Die untere Tabellenhälfte

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button