Osnabrück wie ein Aufsteiger: Girth als entscheidender Faktor
Es war eines der schwächsten Heimspiele der gesamten Saison, und doch präsentierte sich der VfL Osnabrück etwas unfreiwillig wie ein künftiger Aufsteiger. Denn wer enge Partien gegen starke Gegner wie den SV Meppen trotzdem mit 1:0 gewinnt und sich stets auf den wieder überragenden Torhüter Nils Körber verlassen kann, der hat am Ende richtig gute Chancen. Auch, weil der Top-Neuzugang Benjamin Girth sofort voll einschlug.
"Das passte von der Geschichte her"
Manchmal braucht es eben diesen einen Torjäger, der ein ganzes Spiel lang recht unsichtbar bleibt, immer wieder ins Abseits läuft. Aber in dem einen Moment, in dem er "nur" – und das ist längst nicht so leicht getan wie formuliert – den Fuß in eine scharfe Flanke hält und auf diese Art und Weise das Tor des Tages erzielt, relativiert sich die gesamte Leistung. Benjamin Girth ist dies am Samstagnachmittag für seinen neuen Klub, den VfL Osnabrück, gelungen. Natürlich ist die Geschichte um ihn schnell erzählt, das war sie schon lange vor Anpfiff.
Er, Girth, würde bei seinem Debüt für die Lila-Weißen gegen seine "alte Liebe" aus Meppen spielen. Eine Liebe, die ganz offenbar recht schnell verblasst ist, was ihm die Emsländer wiederum übel nahmen. Girth jedenfalls ließ das nicht an sich heran, jubelte nach seinem Tor ausgelassen und feierte ebenso nach Spielende mit seinen Teamkollegen. "Ich habe mich für die Jungs gefreut und für die Mannschaft, und das ist einfach wichtig. Deswegen kann man sich da auch über so ein Tor freuen", erklärte er seinen Jubel nach dem Spiel gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Gleich bei seinem ersten Auftritt zeigte der Stürmer, warum er zum entscheidenden Puzzlestück in Richtung Zweitliga-Aufstieg werden kann.
Körber sichert den Sieg und wird gefeiert
Dass die Reaktionen auf den Rängen scharf ausfallen würden, war zu erwarten. Tatsächlich wurde Girth von den rund 2.000 mitgereisten Meppenern, die vor nicht allzu langer Zeit noch gemeinsam mit dem 27-Jährigen über den Aufstieg in die 3. Liga sowie den dortigen souveränen Klassenerhalt jubelten, immer wieder ausgepfiffen. Gerne hätte der SVM seinen ehemaligen Topstürmer selbst zurückgeholt – letztlich sprach unter anderem die sportliche Perspektive, im Aufstiegskampf mitmischen zu können, für den niedersächsischen Kontrahenten. Für die Spieler des VfL Osnabrück war die Story schon vor dem Anpfiff erzählt, wie Maurice Trapp gegenüber der "NOZ" verriet. "Uns allen war klar, dass er heute sofort sein Tor machen würde. Das passte einfach von der Geschichte her, gegen seinen Ex-Verein", sagte der Innenverteidiger. Und formulierte offensiv: "Das ist ein Zeichen von uns, oben angreifen zu wollen."
Der Torschütze selbst gab aber für die Zukunft mit auf den Weg, "stärker daran zu arbeiten, auf das zweite Tor zu gehen." Dieser Wille ging den Osnabrückern, nachdem Anas Ouahim kurz vor dem Seitenwechsel immerhin noch eine große Gelegenheit auf das 2:0 ausließ, nach der Pause ziemlich ab. "Das hat mir überhaupt gar nicht gefallen", merkte Trainer Daniel Thioune an. Meppen übernahm mit zunehmender Spieldauer immer stärker das Kommando, während sich die Gastgeber vor 15.500 Zuschauern vor allem auf das Können ihres Torhüters Nils Körbers verließen. Es funktionierte, weil Körber in gewohnter Manier mehrere Distanzschüsse und Kopfbälle aus dem Eck fischte und dabei nicht eine Unsicherheit zeigte. Deshalb war er es und nicht Girth, der nach Abpfiff auf den Zaun der Ostkurve stieg und das Stadion an der Bremer Brücke ein letztes Mal an diesem Tag zum Beben brachte.
"Es ist doch ätzend…"
Während der VfL feierte, durfte sich Meppen auf der kurzen Rückfahrt ärgern. "Es ist doch ätzend, dass er das Tor jetzt macht“, sagte Kapitän Thilo Leugers mit einem Augenzwinkern. Doch es war mehr möglich für den SVM, der aufgrund der ebenfalls schwächelnden Konkurrenz im Abstiegskampf aber in jedem Fall über dem Strich bleibt. Den nächsten Gefallen könnte Meppen sich selbst und dem VfL Osnabrück am kommenden Wochenende mit einem Heimsieg über den KFC Uerdingen tun – dann allerdings ohne Leugers, der mit der bereits zehnten gelben Karte aussetzen muss.