Kommentar zum Oenning-Aus: Kontinuität war einmal
Der 1. FC Magdeburg macht mit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga einen sauberen Schnitt – zumindest auf der Trainerposition: Michael Oenning muss gehen. Das spaltet die Anhängerschaft und setzt den Club unter Handlungsdruck. Noch ist die Strategie der Zukunft aber unklar. Ein Kommentar.
Solide Arbeit, aber nicht mehr
Sich nach dem Abstieg vom Trainer zu trennen, ist nicht unüblich. Boris Schommers erwischt es beim 1. FC Nürnberg, Thomas Doll höchstwahrscheinlich bei Hannover 96. Und auch der scheidende Drittligist VfR Aalen steht noch ohne Übungsleiter da. Dazu gesellt sich jetzt der 1. FC Magdeburg, der den Vertrag mit Cheftrainer Michael Oenning nicht verlängert. Aus finanzieller Perspektive ist der Zeitpunkt sehr geeignet, denn Magdeburg muss kein Geld in einen beurlaubten Trainer stecken. Sportlich kommt die Entscheidung dazu nicht völlig überraschend. Ja, Oenning toppte den Zweitliga-Punkteschnitt von Jens Härtel, der nur neun Zähler in 13 Partien holte. Aber er sammelte auch nur etwa einen Zähler pro Spiel – für den direkten Klassenerhalt hätte das auch kaum gereicht.
Oenning war der, zu dem keiner das innigste Verhältnis aufgebaut hatte, den aber auch keiner – unter anderem durch seine Rhetorik und sein Feingefühl – vom einen auf den anderen Tag vom Hof gejagt hätte. Jene unkenden Sprüche, die ihn vor Amtsantritt schon begleiteten und ihm kaum eine Chance auf einem Trainerstuhl im deutschen Profifußball einräumten, widerlegte er mit solider Arbeit. Arbeit, die wiederum trotz einiger Achtungserfolge nicht gut genug war, um das große Ziel Klassenerhalt zu erreichen. Es bleibt die Frage: Hätte der 1. FC Magdeburg mit seinen Mitteln einen Coach finden können, der aus dem offensichtlich nicht vollends zweitligatauglichen Kader viel mehr hätte herausholen können?
FCM schafft sich Aufgaben und Druck
Die Meinung der Fans geht weit auseinander. Viele vertrauen der Entscheidung von Geschäftsführer Mario Kallnik, der durch den imposanten Aufschwung vom letzten Rang der Regionalliga bis in die Zweitklassigkeit weiter großen Rückhalt genießt. Andere kritisieren die Trennung als nicht gerechtfertigt und durchdacht. Insbesondere der Versuch, in der 2. Bundesliga trotz aller technischen Mängel eine mutige Spielidee aufzuziehen, imponierte den Zuschauern an Michael Oenning. Nun hat sich der 1. FCM eine schwere Aufgabe geschaffen: Drei Trainer in acht Monaten stehen im klaren Kontrast zur Kontinuität früherer Tage. Das erzeugt Druck, denn geht der Saisonstart in die Hose – und das ist bei Zweitliga-Absteigern weiß Gott kein seltenes Szenario – droht selbst beim FCM, den in den vergangenen Jahren fast nichts aus der Ruhe brachte, Unruhe auszubrechen.
In der gleichen Mitteilung verriet der Verein ein weiteres spannendes Detail: Der Grundstock der Zweitliga-Mannschaft solle erhalten bleiben. Das lässt in Frage stellen, ob der Kader tatsächlich so stark aufpoliert wird, wie er es nach dem Abstieg mit Ansage nötig hätte. Klar ist, dass es mehr Techniker am Ball, mehr Torgefahr in Mittelfeld und Angriff braucht. Zu oft war Magdeburg aufgrund dieser Limitierungen leicht ausrechenbar und produzierte individuelle Böcke – der Coach musste hilflos zuschauen. Sollte der FCM tatsächlich mit ähnlicher Philosophie in die Vorbereitung gehen, wird auch Oennings Nachfolger schnell an seine Grenzen stoßen.