Kommentar: Bischoff schießt sich in Münster ins Abseits

Preußen Münster hat bei Hansa Rostock einen prominenten Ausfall zu verkraften: Amaury Bischoff kann nicht spielen. Das bestätigte keine eingehende ärztliche Untersuchung, das beschloss der ehemalige Kapitän höchst selbst: Er fühle sich mental nicht fit, so lautete die kurze und knappe, aber nachwirkende Botschaft auf der Vereinshomepage. Verdienter Spieler hin oder her, so ein Verhalten geht gar nicht. Ein Kommentar.

Zwischen Genie und Wahnsin

Amaury Bischoff ist kein normaler oder gar einfacher Spieler. Er verfügt über besondere Fähigkeiten, die weit über die eines durchschnittlichen Drittliga-Spielers hinausgehen. Er hat das Köpfchen, ein Spiel in eine bestimmte Richtung zu lenken – und das beschränkt sich bei weitem nicht nur auf seine Aktionen mit dem Ball. Mit allen Wassern gewaschen und gleichzeitig ein eiskalter Vollstrecker. Als Standardschütze gefürchtet, als Gegenspieler gehasst. Beim VfL Osnabrück aufgrund eines fatalen Fouls an Tom-Christian Merkens, das dessen Karriere quasi beendete, generell äußerst unbeliebt, ist er auch in anderen Stadien meist keiner, bei dem aus Fairnessgründen Beifall geklatscht wird. Selbst die eigene Fangemeinde ist seit einiger Zeit gespalten ob der Personalie Bischoff. Zwischen Genie und Wahnsinn bewegt man sich nun einmal auf dünnem Eis.

Persönliche Enttäuschung in Boulevardmedien bekanntgegeben

Seit dem Donnerstagmittag tendiert das Gros aber überraschend eindeutig hin zur Meinung: Jetzt hat Amaury Bischoff eindeutig über die Stränge geschlagen und viel Kredit verspielt. Was war geschehen? Im Zuge des großen personellen Umbruchs im Sommer hatte Trainer Horst Steffen Michele Rizzi zum Kapitän ernannt. Bischoff war enttäuscht, und tat das gegenüber der „Bild“ kund. So weit, so in Ordnung. Am Sonntag stand er im Derby nicht in der Startelf, ein neuerlicher Fingerzeig des Trainers. Ausdrücklich sportlicher Natur, das betonte Steffen, der sich mit „seiner“ Elf nun einmal die größten Siegchancen ausgerechnet hatte. In Bischoff bewirkte die Entscheidung jedoch mehr als nur Enttäuschung, sein Kopf sei nicht mehr frei, es belaste ihn – auch das teilte der 29-Jährige der „Bild“ mit. Wenige Stunden später ging er dann einen ungewöhnlichen Schritt: Er bat selbstständig beim Trainer darum, nicht zum Auswärtsspiel nach Rostock mitzufahren.

Bischoffs Rückzieher ist schwer nachvollziehbar

Das war ein Treffer mit Wirkung. Wie reagiert ein Übungsleiter angemessen darauf? Horst Steffen entsprach diesem Wunsch zunächst, machte daraus keine größere Nummer als ohnehin schon. Preußen Münster wird heute Abend ohne Bischoff antreten, Alternativen besitzt der SCP aktuell ohnehin zu Genüge – auch wenn die Leistung derer am Sonntag noch nicht durchweg gestimmt hatte. Klar ist jedenfalls: Was sich Bischoff dort erlaubte, gar herausnahm, hat es im Profifußball noch nicht allzu oft gegeben. Eintracht Frankfurt anno 1995 lässt grüßen. Der Mannschaftsgedanke wurde mit Füßen getreten, das Eigeninteresse in den Vordergrund gestellt. Nach dem Verlust des Kapitänsamtes und einer (!) Partie ohne Startelfeinsatz von einer mentalen Belastung zu sprechen, die einen Einsatz unmöglich macht, wäre eine Anmaßung gegenüber den Profis, die tatsächlich jeden Spieltag mit Versagensängsten oder ähnlichen psychischen Problemen auf das Feld laufen. Natürlich muss eine derartige Nachricht immer mit entsprechender Sensibilität betrachtet werden. Bei Bischoff fehlt bisher allein noch der Glaube, dass ernstzunehmende Hintergründe vorhanden sind. Er verkörpert während des Spiels nun einmal ganz andere Tugenden.

Wie soll es weitergehen?

Wie geht es in der Causa Bischoff nun aber weiter? Nach aktuellem Stand ist die Zukunft des Franzosen in Münster fraglicher denn je. Horst Steffen hat sich eine homogene Einheit aus handelbaren, lernwilligen, eher pflegeleichten und kritikfähigen Spielern zusammengestellt – Amaury Bischoff passt in dieses Schema nicht hinein, passt er sich nicht an. So sehr seine individuellen Qualitäten zu schätzen sind, so ein Gefahrenherd ist der 29-Jährige für das Klima in der Mannschaft. Das hat er mit seinen Aussagen in dieser Woche neu bestätigt. Amaury Bischoff täte gut daran, statt Interviews plausible Antworten auf dem Rasen zu geben, die bereits in der vergangenen Spielzeit nicht mehr regelmäßig kamen. Ob er dazu nun noch einmal die Gelegenheit bekommen wird, ist fraglicher denn je. Denn dass sich Trainer Steffen, so kommunikativ er auch ist, in dieser Art und Weise nicht mehr lange auf Bischoff einlassen wird, ist offensichtlich.

   

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