Die Mölders-Freistellung: Ein Pro und Contra
Es glich einem Erdbeben, als der TSV 1860 München am späten Montagnachmittag die Freistellung von Kapitän Sascha Mölders bekanntgab. Doch war es die richtige Entscheidung, den Torschützenkönig der vergangenen Saison aus dem Kader zu streichen? Ein Pro und Contra.
Pro: Keine Sonderrolle im Teamsport
Fußball ist und bleibt ein Teamsport. Schadet ein Spieler dem Gefüge, dann müssen Lösungen gefunden werden – selbst, wenn es im Fall von 1860 München um Sascha Mölders geht. Denn gerade hinter den Kulissen schien es zu knistern, wie sich im Rahmen der Freistellung des 1860-Kapitäns herausstellte. Mölders habe das Klima auf Giesings Höhen vergiftet, schreibt etwa die "TZ". Sein Verhalten innerhalb der Mannschaft soll zur Entscheidung beigetragen haben.
Nicht nur gegenüber Cheftrainer Michael Köllner ist der Stürmer offenbar angeeckt, auch innerhalb des Teams soll sich Mölders eine Sonderrolle zunutze gemacht haben. Einen Status, den er durch seine wechselhaften Leistungen in dieser Saison nicht mehr rechtfertigen konnte. Bezeichnend ist dahingehend auch die Gewichts- und Fitnessfrage, für die es keine Einsicht gegeben haben soll. Stattdessen machte Mölders die "Wampe von Giesing" zur Marke – inklusive eines eigenen Fanshops. In der Öffentlichkeit vermochte auch Köllner zuletzt darüber nur noch zu scherzen, weil er einem 36-Jährigen keinen Speiseplan machen könne.
Gleichzeitig muss sich Mölders dem Vorwurf entgegengesetzt sehen, dass er trotz Kapitänsamt zuletzt keine Verantwortung mehr übernommen hat. Ende August zeigte der 36-Jährige Nervenstärke, indem er einen Elfmeter gegen Braunschweig in der letzten Spielminute verwandelte – vier Wochen später verschoss er gegen Halle. Seitdem trat Mölders nicht mehr vom Punkt an – und überließ vor einer Woche sogar Keanu Staude den Vortritt. Als Kapitän hätte der Stürmer vorangehen müssen. Auch seine Nebentätigkeiten als DAZN-Experte, Kicker-Kolumnist und Trainer in Mering scheinen Mölders zusätzlich von seiner eigentlich Tätigkeit abgelenkt haben – nämlich das Toreschießen.
Contra: Topscorer und Vereinsikone
Dabei hat der Stürmer seinen Torriecher keinesfalls verloren. Mit fünf Toren und vier Vorlagen in 18 Spielen ist der Angreifer immerhin der Top-Scorer der Sechzger – ihn nicht mehr im Kader zu haben, wird die Löwen nun aus sportlicher Sicht schwächen. Zumal nur Tim Linsbichler (119 Einsatzminuten) als einzige Alternative für einen echten Mittelstürmer im Kader bereitsteht. Andere Offensivspieler blühten zuletzt auf den Flügeln und im Mittelfeld auf, was nun wieder umgeworfen werden könnte.
Neben den sportlichen Leistungen zählen aber auch die bisherigen Verdienste des 36-Jährigen. Duisburg, Essen, Frankfurt und Augsburg sind auf der Brust des Torjägers tätowiert. Vor drei Jahren kam das 1860-Logo dazu – kein Wunder, denn bei 212 Pflichtspielen für die Münchner Löwen ist wohl kein anderer Klub mehr als Herzensverein zu bezeichnen, als der TSV. Selbst nach dem Zwangsabstieg vor vier Jahren in die Regionalliga blieb Mölders, zweimal verschob er sein Karriereende. Alles, weil es in München gut lief. Der Vergleich zu einer zerrütteten Ehe drängt sich auf, die vielen gemeinsam erfolgreichen Jahre scheinen mit einem Schlag vergessen.
Entsprechend groß der Sturm der Entrüstung der Fans, als die Freistellung des Torjägers bekannt wurde. Immer wieder betonte Michael Köllner in der Vergangenheit, wie stark die Unterstützung des Publikums sei – nun droht Ungemach aus den eigenen Reihen, weil ein Publikumsliebling abgesägt wurde. Gerade ohne offizielle Begründung des Vereins fehlt die Transparenz, um diesen Schritt für viele nachvollziehbar zu machen.
Fazit
Mit seinen starken Leistungen in den letzten Jahren ließ Mölders die Verantwortlichen über manchen internen Fehltritt hinwegsehen – das ist vorbei. Es droht ein unrühmlicher Abschied des Stürmers, der vielleicht mehr für den Verein ist, als nur ein Torjäger – aber vielleicht auch zu viel sein wollte. Ein Zeichen, dass niemand unantastbar ist, wurde auf Giesings Höhen in jedem Fall gesetzt. Denn spätestens jetzt kann sich niemand mehr verstecken.