Trainer der Saison: Markus Weinzierl vom SSV Jahn Regensburg

Torhüter, Abwehrspieler, Mittelfeldspieler und der Stürmer der Saison wurden mit breiter Beteiligung von den Usern gewählt. Nun lag es in den Händen der 30-köpfigen Redaktion von liga3-online.de den "Trainer der Saison" zu küren. Mit großer Mehrheit konnte Markus Weinzierl vom SSV Jahn Regensburg die Wahl für sich entscheiden. Doch wie gelang es Weinzierl eigentlich, den SSV Jahn mit dem kleinsten Etat aller Drittliga-Mannschaft zum Aufstieg in die 2. Bundesliga zu führen? liga3-online.de wirft in einer ausführlichen Reportage einen Blick auf die Arbeit des Erfolgstrainers:

Zehn Jahre Jahn – vom Spieler bis zum Chef-Trainer

Der Trainer der Saison beginnt am Sonntag mit der Saisonvorbereitung in der Bundesliga beim FC Augsburg. Seine Erfolge weckten Begehrlichkeiten, und wer will es einem jungen Trainer verübeln, seine Chance in der Eliteliga Deutschlands wahrzunehmen? Dennoch: "Der Jahn ist mein Verein und wird es auch immer bleiben", versichert Markus Weinzierl. Kein Wunder, ganze zehn Jahre war er beim SSV Jahn Regensburg. Heutzutage hat das Seltenheitswert! Von 2002 bis 2005 Spieler, nach dem verletzungsbedingten Karriereende bis 2008 Co-Trainer. Am 24. November 2008 wurde er dann Cheftrainer – für den entlassenen Thomas Kristl. Und von Anfang an hatte er es schwer. Der Jahn war finanziell nicht auf Rosen gebettet, Altschulden aus der Zweitligazeit drückten den Verein an den Rand der Existenz. Geld für gute Transfers? Fehlanzeige. Der Klassenerhalt in der 3. Liga muss erreicht werden. Und im ersten Jahr gelingt es gleich! Mit fünf Punkten Vorsprung sichert sich Weinzierl nach seinem ersten halben Jahr als Chef-Coach beim SSV souverän den Klassenerhalt. Kleine Sensation für den Verein, der immer wieder ganz knapp an der Insolvenz vorbeischrammt. Auch im kommenden Jahr schafft es Regensburg unter Weinzierl, die Klasse zu halten, dies mal sogar mit sieben Punkten Vorsprung. Zu Beginn der Saison mischt der Jahn sogar im Aufstiegsrennen mit! Aber der dünne Kader lässt Träumen nicht zu, im Herbst bricht die Mannschaft ein und hamstert den Rest der Saison Punkt für Punkt. Hier ließ Markus Weinzierl bereits seine Fähigkeiten als Trainer andeuten.

Jahr für Jahr gelingt der Klassenerhalt – wie schafft der Weinzierl das?

Zu der Zeit arbeitete der gebürtige Straubinger auch an seiner Trainer-Lizenz. Ob der damals gerade einmal 35-jährige der Doppelbelastung – Trainerschein und eh schon die schier unmögliche Aufgabe Klassenerhalt – stand halten konnte? Er konnte! Mehr noch, Regensburg war erneut vom Fleck weg in der Spur und war einige Male Tabellenführer. Aber auch, wenn Jahn Regensburg mittlerweile eine neue Führung hatte, die den Traditionsverein finanziell auf rechte Wege rücken sollte – die Schulden ließen wieder keine guten Transfers zu – kam es zum Einbruch. Aber die Weinzierl-Elf hat sich schneller gefangen als gewöhnlich und schließt das Jahr als Tabellen-Achter ab. Das Team mit dem geringsten Liga-Etat kam kein einziges Mal in Abstiegsgefahr. Und das, obwohl der Niederbayer drei Tage in der Woche in Köln weilte. Nicht viele Trainer halten der Doppelbelastung stand, die Meisten werden entlassen bzw. bei ihnen bleibt der sportliche Erfolg aus. Nicht bei Markus Weinzierl, er händelt das mehr als souverän. In Regensburg ahnt man schon, dass Markus Weinzierl ein Besonderer ist. Mit etwas mehr finanziellen Mitteln (und einem breiteren Kader), endlich dem neuen Stadion und ohne die Doppelbelastung Trainerlehrgang könnte Jahn Regensburg sicher über längeren Zeitraum den Aufstieg in die 2. Liga schaffen. Umso erfreuter ist die Oberpfälzerische Hauptstadt, als er seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert.

2012: Das Wunder

Doch urplötzlich Ernüchterung in Bayern. Nicht nur, dass dem Verein wegen Altschulden kaum Geld für gute Transfers fehlt, nein, die aktuelle Mannschaft, die so souverän den 8. Platz erreicht hatte, kann zum Großteil nicht einmal gehalten werden. Aus finanziellen Gründen kann der Verein auch kaum drittligataugliche Neuzugänge präsentieren. Spieler aus Regionalliga und der eigenen Jugend – für mehr reicht es nicht. Der Abstieg ist 2012 programmiert. Kaum einer im Verein hat die leiseste Hoffnung, den Klassenerhalt zu schaffen. Der Etat – eh schon der geringste der Liga – wird noch mal auf 1,3 Mio. Euro gesenkt. "Ich glaube wir alle wissen, dass es diese Saison ganz ganz schwer wird", so Markus Weinzierl, mittlerweile mit Trainer-Lizenz. Was in der Saison 2011/12 dann passiert, ist zum Großteil der Verdienst des heute 37-jährigen. Innerhalb von zwei Wochen macht er aus einem Rumpfteam, aus einem Abstiegskandidaten eine Mannschaft. Eine Mannschaft, die am Ende der Saison den Aufstieg in die 2. Bundesliga schafft. Wie hat er das gemacht?

Er kitzelt aus jedem Spieler das bestmögliche heraus, aus Nichts macht er Viel

Er hat seine Fähigkeiten eingesetzt. Weinzierl ist ein Teamplayer, das Team steht vor jedem einzelnen. Er weiß, wie er aus 18 Fußballspielern eine Mannschaft bilden kann, in der jeder für den anderen da ist. Stars gibt es nicht. Er weiß, dass man mit elf Messis keinen Blumentopf gewinnen kann und kitzelt so aus jedem einzelnen Spieler das bestmögliche heraus. Er weiß um die Stärken seiner Jungs und vertraut auf sie, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Er baut seine Spieler unnachahmlich auf, wenn sie Rückschläge einstecken müssen. Weinzierl gibt jedem Spieler das Gefühl, gebraucht zu werden. Deshalb kann die Mannschaft weiterhin guten Fußball spielen und Siege einfahren, selbst wenn vier oder fünf Stammspieler fehlen. "Einer für alle, alle für einen". Markus Weinzierl hat in der Mannschaft von Jahn Regensburg einen unbeschreiblichen Teamgeist geschaffen. Mit wenigen Mitteln, mit vermeintlich schlechten Spielern ist er immernoch in der Lage, eine Mannschaft zu formen. Und so hat er nicht nur den Klassenerhalt geschafft, was schon eine Sensation war, er ist mit dem SSV Jahn Regensburg in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Unbeschreiblich. Klar ist: Mit einem anderen Trainer als Markus Weinzierl wäre dieses Wunder nicht eingetreten. Geld schießt nicht immer Tore, vor allem nicht, wenn der Trainer Markus Weinzierl heißt. Keine große Namen? Keine eingespielte Mannschaft? Viele Verletzte? Viele Trainer stecken den Kopf in den Sand, beschweren sich oder schieben die Schuld auf diese Aspekte, wenn sie keinen Erfolg haben. Nicht so Markus Weinzierl. Er meckert nicht, er nimmt die Spieler, die er hat, und macht daraus eine verschworene Einheit, egal wie schwierig die Bedingungen sind. Er schafft es, dass jeder Spieler mehr als nur alles gibt. Es müssen nicht immer die Stars sein, nicht die Besten Stadien oder die Meisten Fans, um Erfolg zu haben. Manchmal reicht es tatsächlich, wenn man nichts hat. Oder eben Markus Weinzierl. Er hat sich seine Chance in der Bundesliga verdient. Mit ihm als Trainer sind die Chancen auf den Klassenerhalt des FC Augsburg gestiegen. Aber auch dort wird er trotz Außenseiterrolle sicher Spieltag um Spieltag eine Einheit auf dem Platz stehen haben, die alles gibt. Für Weinzierl gilt: "Wir haben keine Chance, und die werden wir nutzen". 5 € ins Phrasenschwein und den Titel "Trainer der Saison" an Markus Weinzierl!

Hier die weiteren Platzierungen (in dieser Reihenfolge): Gerd Schädlich (Chemnitzer FC), Gerd Dais (SV Sandhausen), Ralph Hassenhüttl (VfR Aalen), Stefan Krämer (Arminia Bielefeld), Dietmar Demuth (SV Babelsberg), Kosta Runjaic (Darmstadt 98) und Frank Schmidt (1. FC Heidenheim).

 

Foto: Regensburg1889.de

 

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