Wattenscheid 09: Wie realistisch ist Neururers Drittliga-Plan?

Geht es nach dem langjährigen Bundesliga-Coach und jetzigem Sportvorstand der SG Wattenscheid 09, Peter Neururer, dann soll der Weg des Ruhrpott-Klubs so bald wie möglich aus der Regionalliga West nach oben führen. Wattenscheid zurück auf nationaler Ebene? Das wäre ein Ding, zweifellos. Aber wie realistisch ist die Mission des 63-Jährigen?

Die Realität heißt Abstiegskampf

Schnell wurde Peter Neururer nach Amtsantritt, der in Wattenscheid inklusive live übertragener Pressekonferenz medial groß abgefeiert wurde, auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Abstiegskampf ist derzeit angesagt, was bei der SGW 09 stets auch einem echten Überlebenskampf gleicht. Man erinnere sich nur zurück an den turbulenten Jahreswechsel, als eine Crowdfunding-Aktion den Fehlbetrag von 350.000 Euro einspielen sollte. Erst sah es gut aus, dann entpuppte sich der Sponsor eines sechsstelligen Betrags als Spaßvogel – und Wattenscheid stand wieder vor dem Aus, bis Vorstand Oguzhan Can die Differenzsumme im ebenfalls sechsstelligen Bereich aus der eigenen Tasche bezahlte. Seitdem ist wieder Ruhe, auch von ausbleibenden Gehaltszahlungen an die Spieler ist zuletzt nicht mehr zu hören gewesen. Sportlich aber ist die Lage gefährlicher denn je.

Sieben Spieltage vor Schluss hat sich die Lage im Abstiegskampf deutlich zugespitzt. Steigt Wattenscheid ab, ist die Zukunft des Vereins mindestens genauso ungewiss wie vor dem Einstieg von Boss Can, ohne den der Klub wohl längst die weiße Fahne hätte hissen müssen. Aktuell belegt Wattenscheid den ersten Abstiegsplatz, einen Punkt gab es nur aus den drei Spielen unter Neururers Aufsicht. Seine helfenden Kontakte, die sich vor allem auf die Zusammenstellung des Kaders konzentrieren, aber gewiss auch bei der Suche nach finanziellen Unterstützern von Vorteil sein sollen, kann er abseits der Transferphase aber noch nicht ausspielen – der bestehende Kader um den allerorts hochgeschätzten Trainer Farat Toku soll es richten.

Das Restprogramm sieht machbar aus, beinhaltet aber auch tückische Duelle. So etwa das am kommenden Wochenende gegen Kaan-Marienborn, den Vorletzten. Der liegt fünf Zähler hinter Wattenscheid 09, hat aber vier (!) Nachholspiele in der Hinterhand. Verlieren ist verboten.

So viel Konkurrenz für einen halben Platz

Wie aber soll der Weg in die 3. Liga führen? Zunächst ist von der ehrgeizigen Aussage Neururers eher wenig zu halten. Der Etat, mit dem die SGW die Regionalliga angeht, dürfte im unteren Mittelfeld liegen. Regelmäßig bildet Wattenscheid gute bis sehr gute Regionalliga-Spieler aus – unter anderem war der jetzige Zweitliga-Spieler Daniel Keita-Ruel noch bis 2017 im Bochumer Stadtteil aktiv. Die werden aber fix von zahlungskräftigeren Mannschaften abgeworben, und davon gibt es in der Spielklasse einige. Gewiss wird auch Wattenscheid mit Erleichterung reagieren, sollte Liga-Krösus Viktoria Köln in diesem Jahr endlich den Sprung in die 3. Liga schaffen – mit den Domstädtern kann kein anderer Verein finanziell mithalten.

Es bleiben aber andere Kaliber: Rot-Weiss Essen, Alemannia Aachen, RW Oberhausen und der Wuppertaler SV, die allesamt über ein völlig anderes Umfeld verfügen. Dazu kommen der SV Rödinghausen als finanzstarker Klub aus Ostwestfalen und die Bundesliga-Reserven aus Mönchengladbach und insbesondere Dortmund.

Heißt: Stets werden sich in den kommenden Jahren mehr als eine Handvoll Vereine um den begehrten ersten Platz streiten, der in der nächsten Spielzeit nicht einmal mehr ein Garant für den Drittliga-Aufstieg ist, sondern zur Relegationsbegegnung mit dem Nordost-Sieger führen wird. Will Wattenscheid 09 zu diesem Kreis gehören, muss in der Lohrheide im sportlichen Bereich noch effizienter gearbeitet werden als ohnehin schon. Ob Peter Neururer trotz all seiner Erfahrung diesem Anspruch gerecht werden kann, ist fraglich. Eins aber ist klar: Er wird es in jedem Fall allen beweisen wollen – und von einer schillernden Persönlichkeit wie ihm kann auch die 3. Liga profitieren.

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