Waldhof-Trainer Dais: "Jeder steht unter Spannung"

Waldhof Mannheim hat sich als einer von insgesamt sechs Teilnehmern für die Aufstiegsspiele in die 3. Liga qualifiziert. liga3-online.de begleitet die Kandidaten auf dem Weg in die so wichtige Relegation, in der Mannheim auf den SV Meppen treffen wird. Zuvor haben wir uns mit Trainer Gerd Dais unterhalten, der seit Juli 2016 an der Seitenlinie der Kurpfälzer steht und auf Anhieb die neuerliche Qualifikation für die Relegationsspiele erreicht hat. Im Interview spricht der 53-Jährige über Gegner Meppen, die Aufstiegsregelung, seine Laufbahn und über die Fans in Mannheim.
Hintergrund: Gerd Dais war als Spieler unter anderem für den SV Sandhausen als auch Waldhof Mannheim mehrere Jahre aktiv. Zwischen 2005 und 2012 war er mit einer kurzen Unterbrechung als SVS-Trainer tätig, führte diesen aus der Oberliga bis in die 2. Bundesliga. Nach einer Entlassung bei den Stuttgarter Kickers war es ruhig um ihn geworden, ehe er nun als Übungsleiter des SVW sein Comeback feierte.
[box type="info" size="large"]"Eine sehr unglückliche Regelung"[/box]
Hallo Herr Dais. Ihnen wurde in den Aufstiegsspielen der SV Meppen zugelost. Ihr erster Gedanke?
Leichte Gegner gibt es in den Aufstiegsspielen nicht. Als wir wussten, dass uns entweder die SpVgg Unterhaching oder Meppen erwartet, haben wir natürlich sofort unsere Scouts ausgesendet und die Vereine genau beobachtet. Beide haben ihre Liga dominiert, das Selbstvertrauen ist groß. Es wird darauf ankommen, nach den letzten Ligaspielen auf den Punkt fit zu sein.
Sie werden der einzige Tabellenzweite sein, der an der Relegation teilnimmt. Stellen Sie sich mal vor, die SV Elversberg scheitert und Sie steigen auf…
Aber da können wir dann ja nichts dafür. Die Südwest-Staffel hat zwei Plätze zugeteilt bekommen, in den letzten beiden Jahren hat es niemand in die 3. Liga geschafft. Wir blicken nur auf uns – im Übrigen wären wir schließlich auch ganz gerne Meister geworden, das kann ich versichern.
Wie lautet Ihre grundsätzliche Meinung zur Aufstiegsregelung in der Regionalliga?
Das ist eine sehr unglückliche Regelung, keine Frage. In Deutschland gibt es keine andere Liga, in der der Meister nicht aufsteigt. Aber wir müssen sie akzeptieren, bis eine vernünftige Lösung vorgeschlagen wird. Wenn immer nur lamentiert wird, aber niemand einen bedeutend besseren Vorschlag präsentiert, kommen wir nicht vorwärts.
Noch nie ist eine Mannschaft zweimal hintereinander in den Aufstiegsspielen gescheitert. Nun kann es Sie und Elversberg treffen. Könnte dies neue Diskussionen um den Modus auslösen?
Diskussionen gibt es immer – vor allem, wenn der Aufstieg nicht erreicht wird. Diese drei Vereine, wen auch immer es treffen wird, werden über ihr Leid klagen, das ist doch klar. Vorher beschäftigen wir uns damit aber nicht, warum auch? Das wäre das falsche Signal.
[box type="info" size="large"]"Dieser Start war unglaublich wichtig"[/box]
Ein Blick in die verschiedenen Staffeln verrät, dass einige Teilnehmer an den Aufstiegsspielen patzen. Sie verlieren gegen den Letzten aus Nöttingen mit 2:3, Viktoria Köln verliert gegen den Letzten Sprockhövel, auch CZ Jena ist seit einigen Spielen sieglos. Gibt es dafür eine Erklärung?
Das ist nur menschlich. In unserem Kader ist die Spannung beim Nöttingen-Spiel schon etwas abgefallen, ich habe auch einige Spieler aufgestellt, die keine Stammspieler-Rolle einnehmen. Weil dies anderen Vereinen auch passiert, braucht uns das nicht beunruhigen. Wir waren 33 Spiele lang stets hochfokussiert und werden das gegen Meppen auch wieder sein.
Sie kamen im Sommer zum SV Waldhof. Mannheim war kürzlich in der Relegation gegen die Sportfreunde Lotte gescheitert, stand ohne Trainer da und hat das Team ordentlich umgebaut. Wie war damals die Stimmung im Verein?
Ja, wie soll sie gewesen sein? Da war nicht mehr viel Euphorie übrig. Der Trainer (Kenan Kocak wechselte zum SV Sandhausen, Anm. d. Red.) war weg, einige Spieler haben aufgehört oder den Verein verlassen. Unter meiner Regie haben wir dann nochmal am Kader gefeilt, die Vorbelastungen in der Mannschaft reduziert. Zum Glück haben wir von Anfang an Gas gegeben, sind gleich mit einem Auswärtssieg bei den Stuttgarter Kickers gestartet – die waren damals aus der 3. Liga abgestiegen. Dieser Start war unglaublich wichtig, danach haben wir uns an die oberen Plätze gekrallt und nicht mehr losgelassen.
Drei Jahre lang waren Sie, der ehemalige Erfolgstrainer des SV Sandhausen, nach der Entlassung bei den Stuttgarter Kickers im Jahr 2013 von der Bildfläche komplett verschwunden. Was haben Sie in der Zeit gemacht?
Nun, erst einmal habe ich mit dem FC Nöttingen im Frühjahr 2016 noch den Aufstieg in die Regionalliga Südwest perfekt gemacht, das darf nicht vergessen werden. Aber richtig: Dazwischen war nichts. Nach der Beurlaubung bei den Kickers stand ich dort durch den Klassenerhalt noch weiter unter Vertrag. Danach habe ich Gespräche geführt, mal hat es von meiner Seite aus nicht gepasst, mal von Vereinsseite aus nicht. Jetzt kommt Mannheim – und hoffentlich der neue Anlauf im Profifußball. Nicht nur für mich, sondern allen voran für den Klub.
Sandhausen und Mannheim kann man getrost als Ihre Herzensangelegenheiten beschreiben, oder? Beide Vereine haben Sie nun als Spieler und Trainer mehrere Jahre begleitet.
Mir hat es bei beiden Vereinen sehr gefallen. Aber: Bei Waldhof Mannheim hatte ich meine beste Zeit als Spieler, schon damals hatten wir immer eine große Fanunterstützung. Ob zuhause oder auswärts, das war unglaublich. In Sandhausen war in den Heimspielen nie besonders viel los und auswärts waren wir froh, wenn uns mal zwei Busse begleitet haben. Dagegen ist Mannheim kein Vergleich, das spüre ich auch jetzt als Trainer.
[box type="info" size="large"]"Hut ab, kann ich da nur sagen"[/box]
Nun allerdings hat ausgerechnet Sandhausen – durch Ex-Trainer Kenan Kocak – Leistungsträger Ali Ibrahimaj aus Mannheim losgeeist. Sorgt das für Unruhe im Kader?
Nein. Für Ali ist das eine einmalige Chance, er ist schließlich auch schon 25 Jahre alt. Dass er es direkt in die 2. Bundesliga geschafft hat, freut mich für ihn, er hat in dieser Saison einen echten Entwicklungsschub hingelegt. Glücklicherweise wohne ich in unmittelbarer Nähe des SVS, so kann ich seine Karriere noch etwas weiterverfolgen. Wir hätten ihn gerne weiter behalten, aber gegen einen zwei Klassen höheren Verein sind uns gewisse Grenzen gesetzt.
Mit Benjamin Girth fällt der 20-fache Torschütze des SV Meppen aufgrund eines Fußbruchs monatelang aus. Auch wenn man niemandem eine Verletzung wünscht, ist unbestritten, dass Waldhof Mannheim dies in die Karten spielt.
Sicherlich, aber gleichzeitig fehlt uns mit Michael Schultz seit einer Woche auch ein Stammspieler aus der Viererkette mit einem Kreuzbandriss – gewissermaßen gleicht sich das Pech damit etwas aus. Was das für Auswirkungen besitzt, können wir aktuell ohnehin noch nicht abschätzen. Hassan Amin, Lukas Kiefer, Michael Fink – wir besitzen noch einige angeschlagene Kicker, bei denen die nächste Woche noch genau beobachtet werden muss.
Wie lautet Ihre taktische Marschroute für die beiden Spiele?
Prinzipiell werden wir wie gewohnt versuchen, defensiv sicher zu stehen. Darauf liegt mein Hauptaugenmerk, gleichzeitig hoffen wir natürlich auf entscheidende Fehler beim Gegner.
Bleibt abschließend festzuhalten: Der SV Meppen hat in diesem Jahr noch vor keiner annähernd so großen Kulisse gespielt, wie sie in Mannheim erwartet. Was bedeutet das Faustpfand der eigenen Fans?
Die Fans des SVW werden ihr Übrigens dazu tun, dass von meinen Spielern auch wirklich jeder läuft, bis er umfällt. Unser Stadion wird mit 25.000 Zuschauern ausverkauft sein und auch nach Meppen werden sicherlich 2.000, 2.500 Waldhof-Anhänger mitreisen. Und dann schaut man sich mal die Strecke an, das sind 500 Kilometer – eine Strecke, wohlgemerkt. Hut ab, kann ich da nur sagen. Allein diese Unterstützung wird dafür sorgen, dass jeder Spieler unter Spannung steht – da können Sie sicher sein!