Vom Zuschauer zum Linienrichter: So erlebte Jäschke sein Debüt

Kurios und ungewöhnlich zugleich war sie, die Situation, als am vergangenen Samstag beim Spiel zwischen dem SV Wehen Wiesbaden und dem SV Meppen mit Jannis Jäschke ein Zuschauer für den verletzten Linienrichter einsprang. Der erst 21-Jährige löste die Aufgabe aber mit Bravour, bekam anschließend viel Lob – und spricht in einem Interview nun über sein unverhofftes Debüt.

"Nicht lange" überlegt

Eigentlich wollte Jäschke das Heimspiel gegen den SV Meppen zusammen mit seinem Vater in Ruhe von der Tribüne verfolgen. Doch als Linienrichter Marius Schlüwe umgeknickt war, nicht mehr weitermachen konnte und der Stadionsprecher per Durchsage nach einem Schiedsrichter mit der nötigen Lizenz suchte, habe der BWL-Student von der Berufsakademie Rhein-Main in Rödermark-Urberach "nicht lange" überlegen müssen, erzählt er bei "fussball.de". Als die Durchsage kam, sei die Entscheidung schnell gefallen. Auf dem Weg von der Tribüne Richtung Spielertunnel sei er sehr nervös gewesen. "Das ist schon etwas anderes, wenn du in der 3. Liga, also im Profibereich, plötzlich deinen Mann stehen musst."

Denn eigentlich pfeift Jäschke in der Oberliga, wo er noch am Freitagabend die Partie von Eintracht Frankfurt II gegen den 1. FC 1906 Erlensee geleitet hatte. "Nachdem mich meine Kollegen Felix Bickel und Timon Schulz aber in der Schiedsrichterkabine in Empfang genommen haben, bist du im Tunnel, ziehst dich um, setzt das Headset auf und konzentrierst dich auf deine Aufgabe. So war es dann auch, als es nach der etwa 25-minütigen Unterbrechung auf den Platz ging." Mit Applaus wurde das Schiedsrichter-Trio auf dem Rasen empfangen.

Ganz viel Lob

In den verbleibenden knapp 65 Minuten machte Jäschke an der Seitenlinie einen souveränen Job und erhielt im Anschluss viel Lob. "Etliche Spieler sind zu mir gekommen und haben gesagt: 'Danke, dass Sie eingesprungen sind. Sie haben das gut gemacht!' Das hört man gerne." Zudem habe er im Nachgang zahlreiche Anrufe und noch mehr Nachrichten erhalten. "Dass diese Geschichte solch große Wellen schlägt, damit habe ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet."

Es sei eine "sehr schöne Chance" gewesen, eine Partie in der 3. Liga fehlerfrei zu begleiten. "Ich muss aber auch sagen, dass es für mich als Assistenten keine schwierige Partie war. Ich hatte nur drei oder vier Abseitsentscheidungen anzuzeigen und zwei oder drei Foulspiele." Allerdings hätte der Siegtreffer für den SVM nicht zählen dürfen, weil Marvin Pourié im Abseits stehend die Sicht von SVWW-Keeper Florian Stritzel behindert hatte. Jäschke war an der Entscheidung, das Tor dennoch zu geben, allerdings nicht beteiligt, war er doch für die andere Platzhälfte zuständig.

Baldiges Wiedersehen?

Gut möglich, dass er eines Tages fester Schiedsrichter oder Linienrichter in der 3. Liga wird. "Dazu sage ich nicht nein. Ich bin mit jungen Jahren jetzt als Schiedsrichter schon weit gekommen und möchte natürlich so hoch wie möglich pfeifen." Ob und wann es in der 3. Liga sein wird, hänge aber von viele Faktoren ab, sagt der 21-Jährige, der bereits im Alter von zwölf Jahren an seinem ersten Schiedsrichter-Lehrgang teilgenommen hat. Damals sei er mit Abstand der jüngste gewesen.

"Es wäre wirklich vermessen zu sagen, in ein paar Jahren bin ich in der Bundesliga. Dahin wollen viele Schiedsrichter, ja, ich auch, aber ich möchte mich nicht hinstellen und sagen: Ich pfeife mit meinen 21 Jahren schon in der Oberliga, jetzt habe ich als Assistent sogar schon die Erfahrung in der 3. Liga machen dürfen, also geht es immer so weiter. Ich versuche, gute Leistungen zu bringen, den Rest wird man sehen." Nur einen Tag nach seinem unverhofften Debüt stand er erneut als Schiedsrichter auf dem Platz – in der Kreisoberliga. "Viel mehr Alltag geht nicht."

   

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