Sobotzik über Rücktritt: "Mir kam blanker Hass entgegen"

Vor einer Woche legte Sportchef Thomas Sobotzik zusammen mit Trainer David Bergner sein Amt beim Chemnitzer FC nieder. Nun spricht der 44-Jährige erstmals über die Hintergründe – und kritisiert Teile der Fans scharf.

Sobotzik sah "keine andere Alternative"

Mit nur drei Punkten aus sieben Spielen blickt der Chemnitzer FC nach der Rückkehr in die 3. Liga auf einen schwachen Saisonstart zurück, zudem herrscht hinter den Kulissen seit Wochen Unruhe. Immer wieder wurden die Verantwortlichen angefeindet, sodass Thomas Sobotzik vor einer Woche um Freistellung bat. "Die Entwicklung tut mit unendlich leid, aber auf Grund der Ereignisse in den vergangenen Monaten sah ich keine andere Alternative mehr, als den Verein um die Entbindung von allen Aufgaben zu bitten", erklärt der 44-Jährige in einer am Mittwoch verschickten Presseerklärung. "Was ich zuletzt an persönlichen Anfeindungen, Beschimpfungen und Drohungen erleben und erleiden musste, geht weit über das Maß hinaus, das verkraftbar ist", betont Sobotzik.

Dabei lag hinter dem Chemnitzer FC mit dem direkten Wiederaufstieg und dem Gewinn des Landespokals eine überaus erfolgreiche Saison. "Umso unverständlicher ist es, dass mir aus der aktiven Fan-Szene immer öfter blanker Hass entgegen geschlagen ist und ganz gezielt hier Leute aus dem rechten politischen Lager mit ihren rassistischen und antisemitischen Parolen den Verein und seine handelnden Personen in ein schlechtes Licht gerückt haben und mit ihren Aktivitäten die Basis für eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Arbeit akut gefährden", so der Sportchef. "Jederzeit" wäre Sobotzik zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem "radikalen Teil unserer Fans bereit gewesen, aber dieses Anliegen hatte keine Chance auf eine Realisierung." Daher habe er bereits vor dem Spiel bei der zweiten Mannschaft von Bayern München die Entscheidung getroffen, dass ich aufhören möchte."

Beschimpfungen und Drohungen

Bei der Partie in München war Sobotzik von Teilen der eigenen Fans als "Judensau" beschimpft worden. Ein unschöner Vorfall – und bei Weitem nicht der einzige, wie Sobotzik berichtet: "Noch während des Heimspiels gegen Meuselwitz (Mai 2019, d. Red.), als ich kurz vor Abpfiff in die Fankurve gegangen bin, um alle zu beruhigen, weil ein Platzsturm drohte, wurde ich von einigen sogenannten Fans verbal beleidigt und bedroht sowie mit vollen Bierbechern beworfen und auch getroffen. Schon da fielen Worte wie 'Verpiss Dich, du Hurensohn' und 'Verschwinde aus Chemnitz'. Auch beim DFB-Pokalspiel gegen den Hamburger SV sei der 45-Jährige angefeindet worden: Am VIP-Ausgang habe ihm ein Mitglied der aktiven Fan-Szene aufgelauert und ihn mit den Worten empfangen: "'Auf Dich habe ich die ganze Zeit gewartet.' Dann bedrängte er mich und sagte 'Verpiss Dich, Du scheiss Drecks-Jugo.' Dieser Vorfall ist polizeilich genau so registriert", so Sobotzik.

Beim anschließenden Heimspiel gegen Magdeburg habe es dann Schmierereien im Stadion mit Morddrohungen gegen Klaus Siemon und ihn gegeben. Konkret wurde der Schriftzug "TS + KS töten" in eine Herrentoiletten geschmiert. Die Initialen gehören zu Thomas Sobotzik und Klaus Siemon. Auch im Zuge der Entlassung von Daniel Frahn sei Sobotzik angefeindet worden: "Lange vor der öffentlichen Bekanntgabe erhielt ich per WhatsApp wüste Beschimpfungen und Bedrohungen. Jeder kann sich vorstellen, wie so etwas einzuordnen ist."

Zu weiteren Details im Hinblick auf den Frahn-Rauswurf will sich Sobotzik aber nicht äußern, "da der Fall inzwischen ein schwebendes Verfahren ist und die gerichtlichen Ermittlungen laufen." Dennoch sei es interessant, dass er sich erst drei Wochen nach seiner Entlassung am 5. August von der rechtsradikalen Fan-Szene distanziert und offiziell erstmals angekündigt hat, sich ’strafrechtliche Schritte vorzubehalten, sollte sein Name weiterhin in Zusammenhang mit rechtsradikalen Beleidigungen verwendet werden'.

Insgesamt eine "positive Zeit"

Noch bis Sonntag wird Sobotzik seiner Aufgabe als Sportchef und Geschäftsführer nachkommen, dann ist Schluss: "Nach all den Wirren in den vergangenen 16 Monaten und besonders den unwürdigen Konflikten von Teilen der aktiven Fan-Szene mit mir, bin ich der Überzeugung, dass ein personeller Neuanfang auf meiner Position die einzig richtige Alternative und Lösung ist", erklärt der 45-Jährige. Die Mannschaft brauche und verdiene Ruhe, damit sie sich ausschließlich auf die sportliche Situation konzentrieren und ihre Leistungsfähigkeit zeigen könne.

Trotz der negativen Erlebnisse blickt Sobotzik auf eine insgesamt "erfolgreiche und positive Zeit" zurück: "Ich konnte viel bewegen und der sportliche Erfolg spricht für sich. Ich bedaure nicht, dass ich mich in Chemnitz engagiert habe. Ich würde es immer wieder so machen und auch den Kampf gegen rechtsradikale Anhänger im Interesse des Vereins und auch des Images der Stadt aufnehmen und mich somit klar positionieren im Sinne des gesellschaftlichen Auftrags des Fußballs."

Gleichzeitig dankt er Insolvenzverwalter Klaus Siemon für die "vertrauensvolle Zusammenarbeit in einem schwierigen Umfeld von der ersten Sekunde an. Gemeinsam haben wir bis zum heutigen Tage unsere finanziellen und sportlichen Ziele erreicht." Erstmals sei ein Verein in der Insolvenz aufgestiegen und habe dabei seine Struktur komplett geändert und professionalisiert. "Nicht nur deshalb ist für mich bis zur Stunde das Engagement von Klaus Siemon vorbildlich."

   
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