Seeberger: „Ich glaube, ich kann ganz gut mit Menschen umgehen“

Jürgen Seeberger, neuer Trainer von Darmstadt 98, stellte sich am Dienstag den Fans vor. Es waren die kleinen Details die im Gedächtnis hängen blieben. Solche, die man zuerst gar nicht bewusst wahrnimmt, aber die Sympathie für einen Menschen ausmachen. Beispiele hierfür gab Jürgen Seeberger, während er sich im Darmstädter Vereinslokal „Lilienschänke“ den Fans vorstellte, zu Genüge: „Ich bleib auch länger, wenn es noch Fragen gibt“, „Solche Abende können wir gerne öfter veranstalten, da bin ich immer für zu haben“ oder „Ich suche noch ein Zimmer, kann mir da vielleicht jemand helfen“, sind nur eine keine Auswahl.

„Mein Lebensmittelpunkt bleibt Stuttgart"

Sätze, die bei anderen lediglich hohle Phrasen sind, kommen bei dem 47-Jährigen mit dem badischen Dialekt vollkommen authentisch rüber. Die Zuneigung für den neuen starken Mann bei Darmstadt 98 ist förmlich greifbar an diesem verregneten Dienstagabend. In knapp 90 Minuten werden neben sportlichen auch private Themen gestreift, auf die der gebürtige Konstanzer verblüffend ehrlich antwortet: „Mein Lebensmittelpunkt bleibt Stuttgart. Am kommenden Freitag wird dort auch meine Tochter eingeschult, wo ich leider nicht anwesend sein kann, da wir auf dem Weg zum Auswärtsspiel nach Halle sein werden. Das tut mir schon etwas weh, aber ich bin ja froh nach 14 Monaten ohne Trainerjob solche Probleme wieder zu haben“, entgegnet Seeberger auf eine entsprechende Frage. Solche Sätze wären von seinem zum MSV Duisburg gewechselten Vorgänger Kosta Runjaic undenkbar gewesen, der immer Wert auf eine gewisse Distanz zu den Fans legte.

„Ich habe einen sehr positiven Eindruck von der Mannschaft"

Freilich nehmen die konkreten Belange und der Zustand der Mannschaft den Löwenanteil der Fragerunde ein und auch hier weiß Seeberger auf den ersten Blick mit ausgestrahlter Kompetenz und Sachverstand zu überzeugen: „Ihr Fans habt wirklich ein feines Gespür für die Dinge“, erwidert der 47jährige mit einem Lächeln, nachdem der bisher nicht aufgeblühte Elton da Costa angesprochen wird. „Nach einem Gespräch mit dem Elton weiß ich, dass er sich hier wohl und auch akzeptiert fühlt.“ Die große Erwartungshaltung bei einem „Königstransfer“ wie diesem, sei das Problem. „Der Spieler selbst lastet sich enormen Druck auf und auch die Zuschauer sind hier besonders kritisch“, gibt Seeberger zu bedenken, der seit gut einer Woche Trainer und Manager bei den Südhessen ist. „Ich habe einen sehr positiven Eindruck von der Mannschaft, denke, dass wir zusammen erfolgreich sein können.“ Garantieren wolle und könne er jedoch nichts: „Da lyncht ihr mich doch da draußen, wenn ich hier jetzt irgendwelche Versprechungen abgebe, die ich am Ende nicht halten kann“, fügt er mit breitem Grinsen hinzu und gewinnt, dem allgemeinen Kopfnicken nach zu urteilen, noch mehr Herzen für sich.

„Ich bitte euch, um noch ein wenig mehr Geduld"

Verständlich jedoch auch, dass nach dieser kurzen Zeit noch keine ganz ausführlichen Analysen der Mannschaft zu hören sind und vorrangig an der Oberfläche gekratzt wird. Solche allgemeingültigen Sätze wie „Ich muss sehen, welche Spielertypen ich zur Verfügung habe und welches System zu ihnen passt“, fallen da fast zwangsläufig. „Ich bitte euch, da einfach noch um ein wenig mehr Geduld – ich bin noch nicht lange hier. Wir konzentrieren uns voll auf das Spiel in Halle – danach wissen wir alle mehr“, übt sich Seeberger in Zurückhaltung. Doch es hätte auch um das neue iPhone oder Politik gehen können – es ist vor allem diese wohltuende Normalität bei gleichzeitig großer Bescheidenheit, mit welcher der neue Coach der „Lilien“ die Anwesenden in seinen Bann zieht. Mit einer der letzten Fragen soll Seeberger seine persönlichen Stärken benennen. „Ich denke, ich kann ganz gut mit Menschen umgehen“, kam als Antwort. Dies hätten gewiss alle Besucher dieses Abends sofort unterschrieben.

FOTO: Frank Leber

 

   
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