Der 1. FC Saarbrücken und das abrupte Ende der Euphorie

Zehn Spieltage lief die Saison für den 1. FC Saarbrücken wie geschmiert. 22 Punkte hatte der Aufsteiger da auf dem Konto, ein Drittliga-Rekord. Doch seitdem holten die Saarländer aus sieben Spielen nur noch vier Punkte, blieben sieglos und sind in der Tabelle auf Rang sechs abgerutscht. Der Aufsteiger steckt in seiner ersten Krise.

Ähnlich wie einst in Jena?

Am Freitag, dem 13. November – für Abergläubige eher ein Pechtag – festigte der FCS mit einem 2:0-Auswärtssieg bei Viktoria Köln den ersten Tabellenplatz, hatte fünf Punkte Vorsprung auf alle anderen. Gar nicht so leicht, angesichts dieser Momentaufnahme klar im Kopf zu bleiben, sich nicht von Träumen leiten zu lassen. Zu einfach, zu glatt schien diese Mission 3. Liga lange zu laufen. Klar: Etwas Glück war dabei, etwa durch einige erzwungene Siege kurz vor dem Schlusspfiff. Doch der gezeigte Fußball war ein guter, die Balance zwischen Angriff und Verteidigung stimmte. Die Lobeshymnen hatte sich Saarbrücken redlich verdient. Es konnte ja keiner ahnen, dass das Pech die Saarbrücker doch noch ereilen und der erste Rücksetzer in der neuen Spielklasse gleich so gravierend ausfallen würde.

Jetzt ist er da, der Negativlauf. Sollte man es Krise nennen? Schwierig. Saarbrücken ist immer noch Aufsteiger, ehrgeizig zugleich, der Welpenschutz ist nach einer Halbserie auch aufgebraucht. Seit jenem 13. November haben die Südwestdeutschen kein Spiel mehr gewonnen. Angefangen mit dem 3:3-Remis gegen den SV Wehen Wiesbaden, das noch als Teilerfolg gewertet werden durfte, ging es erst schleichend, dann zunehmend rasanter abwärts. Nach dem 1:4 bei Waldhof Mannheim folgte an diesem Samstag der zweite Tiefpunkt des bisherigen Jahres – das 0:1 in Meppen mag als Ergebnis so passieren können, schließlich ist der SVM als etablierter Drittligist kein Kanonenfutter. Doch das "Wie" war es, das im Nachhinein sauer aufstieß, und das Trainer Lukas Kwasniok mit klaren Worten ansprach. Schon in der Halbzeitpause sei ihm "der Kragen geplatzt", sagte der frühere Jenaer Trainer, der bei seiner vorherigen Station in Thüringen Ähnliches erlebt hat: Eine Erfolgsserie, die damals zum Klassenerhalt führte, ebenso wie den rapiden Absturz danach, in dessen Folge er im Herbst 2019 beurlaubt worden war.

Trend als Warnsignal

Eine schwach verteidigte Ecke, obgleich die Meppener Standardstärke im Vorfeld klar angesprochen worden war, brachte den Bruch ins bis dahin passable FCS-Spiel. Aus dem Spiel heraus wollte fast nichts mehr funktionieren, spielerisch war es vor allem in der zweiten Halbzeit einer der schwächsten Auftritte seit dem Aufstieg. Die Konsequenz: Erst zum zweiten Mal in dieser Saison blieben die Blau-Schwarzen ohne eigenen Torerfolg, haben zugleich aber in den angesprochenen sieben Partien etwa doppelt so viele Treffer pro Spiel kassiert wie an den ersten zehn Spieltagen. In der Tabelle wurden die Mannen vom Ludwigspark zunächst von den aufstrebenden Dresdenern kassiert, sind mittlerweile sogar auf den sechsten Platz abgerutscht.

Noch immer ist das für einen Liganeuling eine überzeugende Bilanz, doch der Trend ist ein klares Warnsignal – auch für die ehrgeizige Anhängerschaft, von denen einige ihrem Unmut am Samstag in sozialen Medien Luft machten. Sie sorgen sich darum, dass die eingespielte Mannschaft des Auftakts ihr Selbstverständnis verliert, teils durch zahlreiche Spielerwechsel im Herzen der Mannschaft, dem Mittelfeld. Zuletzt rotierte Kwasniok regelmäßig zwei oder dreimal pro Spiel, nahm unter anderem den 18-jährigen Luca Kerber ins zentrale Mittelfeld. Der Mut zahlte sich in Meppen jedoch nicht aus, dazu streute die Viererkette Unsicherheiten ein, die es im ersten Saisonviertel noch nicht gegeben hat. Hier war Kwasniok in Meppen allerdings zu Veränderungen gezwungen, so fehlte etwa Marin Sverko aufgrund einer Zerrung. Sein Fehlen machte sich deutlich bemerkbar. Und in der Offensive hat Sebastian Jacob seinen Torriecher verloren und wartet schon seit sechs Spielen auf einen Sieg.

Erfolgserlebnis für die gute Laune notwendig

Ob die ausgeprägte Rotation, die allmählich abhanden kommende Euphorie oder Verletzungssorgen: Unter dem Strich steht derzeit eines der formschwächsten Teams der 3. Liga – und das ist nicht der Anspruch innerhalb des Klubs, der mittelfristig einen weiteren Aufstieg anpeilt und sich mit den Verpflichtungen von Stürmer Julian Günther-Schmidt und Torwart Jannik Theißen auch schon auf dem Winter-Transfermarkt zu Wort gemeldet hat. Der Druck, der auf dem FCS-Kader lastet, ist dabei nicht nur aufgrund der sportlichen Durststrecke hoch – jüngst wurden gleich sechs Akteure aussortiert und von Kwasniok sogleich in eine separate Trainingsgruppe der "Aussortierten" verbannt, wie man sie einst bei der TSG Hoffenheim eingeführt hatte. Es lässt sich nur mutmaßen, welche Auswirkungen dies auf die Stimmung haben kann – ein Sieg täte dem FCS in vielerlei Hinsicht nun mehr als gut.

Die nächste Chance dafür bietet sich schon im Nachholspiel beim 1. FC Magdeburg am Dienstagabend. Dann liegt der letzte Sieg ziemlich genau zwei Monate zurück. Was ein neuerliches Negativerlebnis im Duell mit dem bislang so harmlosen Kellerkind hinsichtlich der allmählich aufkommenden Unruhe in Saarbrücken bedeuten könnte, muss kaum weiter erläutert werden

   

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