Kommentar: MSV auf der Suche nach sportlicher Entwicklung

Der MSV Duisburg braucht einen neuen Cheftrainer. Am Dienstagmorgen wurde Torsten Lieberknecht nach etwas mehr als zwei Jahren von seinen Aufgaben bei den Zebras entbunden. Eine gefährliche Mischung aus Verletzungs- und Entscheidungspech, Unvermögen und fehlendem Leistungswillen führt nun dazu, dass sich die Meidericher erstmals in der 3. Liga in der Abstiegsregion befinden. Ein Kommentar.

Meinungen gehen auseinander

Als der MSV Duisburg am Montagabend nach der 1:3-Niederlage gegen Viktoria Köln den Platz verließ, mehrten sich in den sozialen Netzwerken bereits die Forderungen nach der Entlassung von Cheftrainer Torsten Lieberknecht. Als die Freistellung am nächsten Tag dann tatsächlich folgte, sprachen gleichzeitig auch nicht wenige von der falschen Entscheidung. Lieberknecht hinterlässt eine gespaltene Anhängerschaft der Zebras, weil der Coach bei vielen Fans als "menschlich top" galt und für die Misere der aktuellen Saison nicht verantwortlich gemacht werden könne. Verletzungspech, unglückliche Schiedsrichter-Entscheidungen und vor allem die Corona-Pandemie verfolgen und strafen den MSV in den letzten Wochen enorm.

Auf der anderen Seite steht die Beziehung zur Mannschaft, in der offensichtlich nicht mehr alles stimmte. Auffällig: Schon nach dem 1:1-Remis in Lübeck benannte der Übungsleiter das Ergebnis als gerechtes Unentschieden, während Führungsspieler Vincent Vermeij widersprach und "zwei verlorene Punkte" bemängelte. Bezeichnend war zudem – und das merkten die Fans auch -, dass Lieberknecht oftmals den Gegner stärker redete, als die eigene Mannschaft und bis zuletzt vom "nicht perfekten", aber siegreichen Spiel bei 1860 sprach. Realistisch, aber nicht von allen Seiten gerne gehört. Unvergessen bleibt zudem die Ansage im letzten Jahr, dass der Hallesche FC zu den Top-Favoriten der Liga gehörte – und anschließend in eine Negativspirale trudelte. Dort befindet sich inzwischen auch der MSV.

Fehlende Entwicklung

Der Knackpunkt für Lieberknechts Aus ist die ausbleibende Entwicklung. Nicht erst die acht Spieltage der laufenden Saison führten zum Bruch, schon in der vergangenen Spielzeit bröckelte die gemeinsame Arbeit. Aus der Hinrunde 2019/20 sammelte der MSV noch starke 38 Zähler in 19 Spielen, die Herbstmeisterschaft war der Lohn. Vor dem Jahreswechsel folgte ein maues Remis gegen Großaspach, danach ging es bergab und die souveräne Spielweise war verschwunden. Als dann noch die Corona-Pandemie hinzukam, verspielte der MSV alles – bis heute sammelten die Duisburger nur 32 Punkte in 27 Spielen des Kalenderjahres.

Lieberknecht kam, als der MSV mit zwei Zählern auf dem letzten Platz der 2. Bundesliga stand. Er geht mit Platz 17 in der 3. Liga – ihn allein für diesen augenscheinlichen Niedergang verantwortlich zu machen, wäre vermessen. Die finanzielle Situation der Zebras ist bekannt, der Verkauf von Leistungsträgern im letzten Sommer war keine Überraschung. Mit Lieberknechts langjährigem Assistenten, Darius Scholtysik, musste zudem das Gehalt des Co-Trainers eingespart werden. Die Scorerpunkte von Lukas Daschner konnten bislang nicht adäquat ersetzt werden, laufwillige Kämpfer wie Yassin Ben Balla zeigten sich bisher nicht. Die Spieler, die in der letzten Saison noch auf der Bank saßen, mussten unter den aktuellen Umständen zu Hoffnungsträgern avancieren. Das ist auch eine Frage der Kaderzusammenstellung im Allgemeinen – und somit Sportdirektor Ivica Grlic anzulasten.

Was braucht der MSV?

Von Pleiten, Pech und Pannen wurde in Duisburg genug gesprochen. Jetzt gilt es für die Zebras – inklusive (!) der Verantwortlichen -, die Köpfe wieder aufzurichten und das versprochene Potenzial auf das Spielfeld zu bringen. Der finanzielle Druck ist bekannt, das will kein Fan mehr hören. Die Antwort liegt auf dem Platz. Und der MSV gilt nicht als Schleudersitz für Trainer, sollte daher eine annehmbare Adresse bleiben. Aber es braucht nun einen Übungsleiter, der Mannschaft und Fans gleichermaßen ins Boot holen kann. Ein Taktikfuchs, ein Haudegen mit Ecken und Kanten oder ein Lautsprecher sind möglicherweise nicht die richtigen Wahl. Jetzt braucht es einen Motivator, dem die Leute folgen – was nicht heißt, dass er die Eigenschaften anderer Trainertypen nicht mitbringen dürfte. Denn die richtige Trainerwahl kann in Duisburg naturgemäß schnell neues Feuer entfachen.

   

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