Kommentar: Kein Mut zur Veränderung beim MSV Duisburg
Wenn es ein Sinnbild für die Saison des MSV Duisburg gibt, dann war es die 0:1-Niederlage gegen Freiburg II. Erst scheitern die Zebras mit einem Elfmeter, um dann in der Nachspielzeit selbst einen Treffer vom Punkt zu kassieren. Viel Hoffnung gibt es derzeit nicht – aber die Probleme werden immer deutlicher. Der MSV ist in seiner Struktur festgefahren und niemand traut sich, diese einzureißen. Ein Kommentar.
Abstiegskampf seit 14 Monaten
Bis zum 32. Spieltag der Saison 2019/20 grüßte der MSV Duisburg von der Tabellenspitze. Schon zu diesem Zeitpunkt schien bei den Zebras aber etwas nicht in Ordnung zu sein – und kurz darauf verspielte der Traditionsklub von der Wedau tatsächlich den sichergeglaubten Aufstieg. Seitdem scheiterten Torsten Lieberknecht, Gino Lettieri und Pavel Dotchev daran, die Duisburger wieder aufzubauen. Auch Hagen Schmidt reiht sich augenscheinlich schon nach kurzer Amtszeit in die Riege derer ein, die den MSV nicht unter Kontrolle bekommen. Der Drittliga-Abstiegskampf ist bittere Realität – und das seit 14 Monaten.
Die Verantwortlichen der Zebras wirken handlungsohnmächtig, gelten deshalb bei vielen MSV-Fans bereits als Totengräber. Präsident Ingo Wald, aber insbesondere Sportdirektor Ivica Grlic, kommen aus der Kritik kaum noch heraus. Die Frage, die sich alle im Duisburger Umfeld stellen: Was soll noch passieren? Fakt ist, dass kein Außenstehender die Arbeitsqualität der Verantwortlichen wirklich im Detail beurteilen kann. Fakt ist aber auch, dass es mit dieser Arbeit seit Monaten nur noch bergab geht. Das hinterlässt unweigerlich den Gedanken, dass der MSV einen grundsätzlichen Neuanfang in seinen Strukturen braucht – und zwar nicht erst in der Regionalliga.
Teamspirit? Fehlanzeige!
Dass der Absturz nämlich nicht allein die Schuld des Cheftrainers sein kann, haben mehrere Versuche in den letzten Monaten bewiesen. Auch Corona darf kein Grund sein, denn das traf nicht nur den MSV hart – die wohlgemerkt trotzdem Spieler vom vermeintlichen Kaliber eines Marvin Bakalorz oder Rolf Feltscher holten. Zuletzt nahm Grlic die Mannschaft deshalb in die Pflicht, wenngleich die Zielsetzung eines einstelligen Tabellenplatzes aktuell immer wieder auf den Sportdirektor zurückfällt. Aber im Grunde hat er auch nicht Unrecht – zumindest was den Teil angeht, dass die Mannschaft den MSV im Stich lässt.
Moritz Stoppelkamp gilt als beschlagener Fußballer, doch seine Führungsqualitäten lassen zu wünschen übrig. In Freiburg ignorierte der Kapitän weitestgehend die Trainerbank bei seiner Auswechslung. Nicht wenige Kritiker sehen in dem gebürtigen Duisburger inzwischen ein Teil des Problems, das in der Kabine zu herrschen scheint. Aziz Bouhaddouz ärgerte sich zuletzt fürchterlich über "die gleiche Scheiße", die jede Woche beim MSV passiere. Erfahrene Spieler wie Bakalorz, Feltscher oder auch Leroy Kwadwo – der zuvor zwei Aufstiege hintereinander schaffte – wirken schon nach kurzer Zeit an der Wedau lustlos oder patzen gravierend. Teamspirit? Fehlanzeige!
Verstärkungen dringend benötigt
Und das ist möglicherweise ein Problem, das sich nicht erst seit Kurzem durch den Kader zieht. Schon Lukas Daschner oder Leroy Mickels brachen in der Rückrunde 19/20 unerklärlich ein, im Folgejahr wurde aus dem gedachten Abwehrchef Dominik Schmidt der große Sündenbock in Duisburg. Gerade einige "Wunschspieler" erfüllten kaum die Erwartungen, obwohl sie sich andernorts schon beweisen konnten. Auffällig ist daher, dass immer wieder auch die erfahrenen Spieler nach kurzer Zeit in Duisburg abbauen – und dadurch auch die Jungen nicht führen, sondern in die Verantwortung zwingen. Reihenweise Patzer sind bislang die Folge daraus.
Klar ist, dass Duisburg den Kader im Winter einmal mehr aufräumen muss. Fraglich bleibt, ob der MSV wirklich nur ein Qualitätsproblem hat und die Defizite durch Nachbesserungen, vorzugsweise in der Defensive, aufarbeiten kann. Ist es das Team selbst, das krankt, dann sind die Prognosen düster. Ohne eine strukturelle Veränderung in allen Bereichen – von Kader bis Hintergrund – wirkt die Lage daher mehr als nur festgefahren. Aber bislang hat sich beim MSV noch niemand getraut, grundsätzlich etwas daran zu ändern.