Kommentar: Entlassung von Alexander Schmidt ist richtig

Nun also doch. Jahn Regensburg hat Alexander Schmidt mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Bisher stand die sportliche Führung um Christian Keller immer hinter dem Trainer, doch die blamable Vorstellung beim 1:4 in Chemnitz hat in der Oberpfalz für Ernüchterung gesorgt. Die Beurlaubung Schmidts dürfte die richtige Entscheidung gewesen sein, um den Jahn noch zum Klassenerhalt zu führen. Zuletzt scheint Schmidt seine Mannschaft nicht mehr erreicht zu haben. Bis ein neuer Coach gefunden ist, übernimmt der bisherige U23-Trainer, Ilija Dzepina.

Ernüchternde Bilanz

Die nackten Zahlen sind ernüchternd. Ein Sieg aus den letzten elf Spielen. Der schlechteste Sturm (17 Tore), die schlechteste Abwehr (34 Gegentore). Nur zwölf Punkte aus 17 Spielen insgesamt. Da die Konkurrenz am vergangenen Spieltag fleißig punktete, steht der SSV nun schon mit drei Zählern Rückstand auf den vorletzten Platz und fünf auf das "rettende Ufer" mehr als mit dem Rücken zur Wand. Die Neuzugänge in der Defensive um Palionis und Sinkiewicz sollten das Team eigentlich stabilisieren, was anfangs auch ganz gut aussah. Nachdem Großaspach 2:0 bezwungen werden konnte und auch für die Gegentore in Mainz und gegen Halle individuelle Fehler herhalten mussten. Doch die Leistung beim Chemnitzer FC war wie ein Spiegelbild älterer Verhaltensmuster, mit vier Gegentoren waren die Rothosen noch gut bedient. Offensivmann Aias Aosman gegenüber der "Mittelbayerischen Zeitung": "Wir haben sogar noch Glück gehabt, dass wir nicht 1:7 oder 1:8 verloren haben. Ich weiß nicht, wie man sich so präsentieren kann.“

Keller: "Alexander Schmidt ist ein guter Trainer!"

Wenn eine verstärkte Jahn-Defensive gegen bis dahin maue CFC-Offensive so alt aussieht, kann es nicht mehr nur an der Unerfahrenheit der Mannschaft liegen. Das hat auch Jahns Sportchef Christian Keller erkannt: "Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass Alexander Schmidt ein guter Trainer ist und für eine erfolgreiche Zukunft von Jahn Regensburg auf Dauer der richtige Mann gewesen wäre. Aber leider ist es im Fußball manchmal mal so, dass die eigentlich vorhandene Qualität und die Ergebnisse auf dem Platz auseinander gehen. So auch bei uns." Keller hatte Schmidt stets gelobt, seine Trainingsarbeit sei gut, seine Spielvor- und Nachbereitung ebenso. Attribute, die er in Vorgänger Thomas Stratos (jetzt BFC Dynamo) nicht sah. Doch die Jahnelf konnte das selten auf den Platz bringen – und das ist es, was im Fußball zählt. "Manchmal ist es so, dass das was vom Sender ausgeht, nicht immer beim Empfänger ankommt", erklärte Keller. Alexander Schmidt hat seine Mannschaft also offensichtlich nicht mehr erreicht.

Vier Punkte gegen direkte Konkurrenten zu wenig

"Uns ist diese Entscheidung sehr schwer gefallen. Auch charakterlich ist Alexander Schmidt ein top Mann und hätte zum Jahn gepasst", so Keller weiter. Dass das im Training einstudierte aber zuletzt immer weniger auf dem Platz zu sehen war, war schlussendlich das ausschlaggebende Moment. "Wir haben mit einer deutlich verstärken Mannschaft gegen direkte Konkurrenten nur vier Punkte geholt – das ist zu wenig. Aber es ist nicht nur das. Es ist vor allem auch die Art und Weise, wie diese Niederlagen teilweise zustande kamen. Wir haben gegen Großaspach am Ende nur glücklich gewonnen, unsere Leistung in Mainz war desolat. Nach einer ordentlichen Halbzeit gegen Halle, die uns Mut gemacht hat, haben wir dann in Chemnitz nichts mehr sehen können, was uns die Wende gebracht hätte."

Beurlaubung ist die richtige Entscheidung

Die Entscheidung, Schmidt zu beurlauben dürfte, sich als die richtige erweisen. Fachlich top, charakterlich korrekt und erstklassige Trainingsarbeit, das ist eben nur die eine Seite. Was beim Fußball zählt, sind Ergebnisse. Und die blieben unter Schmidt aus. Jetzt muss ein neuer Trainer her, und der wird ab sofort gesucht. Bis Anfang/Mitte nächster Woche soll er gefunden sein. Dabei sind Christian Keller die altbekannten Attribute wichtig, die er auch schon bei der Verpflichtung Schmidts vor einem halben Jahr voraussetzte. Bis dahin werden die Ex-Jahnspieler Ilija Dzepina (Trainer der Jahn-U23) und Mersad Selimbegovic (Co-Trainer) das Trainerteam um Marcus Jahn, Harry Gfreiter und Oliver Karl unterstützen und das Training leiten. Was nach der Verpflichtung eines neuen Chefcoaches mit dem bisherigen Trainerteam passiert, "wurde noch nicht final entschieden."

Neuer Trainer belastet Jahn finanziell nicht

Dzepina wird auch beim geplanten Testspiel am Freitag bei Zweitligist Aue an der Linie stehen. Allerdings wird Keller keinen Schnellschuss starten: "Wenn der richtige Trainer bis dahin nicht gefunden ist, wird auch keiner verpflichtet." Das bedeutet, der 52-Jährige könnte unter Umständen auch beim nächsten Heimspiel gegen Arminia Bielefeld die Verantwortung tragen. Ilija Dzepina als Dauerlösung schloss Keller nicht aus. Im Pressegespräch am Montagmittag betonte der Sportchef, dass die Verpflichtung eines neuen, externen Trainers den Verein finanziell nicht belasten würde. "Wir sind in der Lage das aus dem laufenden Geschäftsbetrieb zu zahlen, auch einen eventuellen neuen Spieler im Offensivbereich." Hier hält Keller weiterhin seine Augen offen. "Dass wir dort Probleme haben, ist bekannt. Unsere geplante Stütze Romas Dressler kommt einfach nicht auf die Füße, wir sind im Übrigen auch nicht mit der Art und Weise zufrieden, wie er versucht auf die Füße zu kommen. Aber dass es den Stürmer mit eingebauter Torgarantie zu dieser Zeit nicht gibt, dürfte klar sein."

Wer wird Trainer?

Die Frage nach dem Trainer dürfen sich die Fans nun schon zum fünften Mal in zweieinhalb Jahren stellen. Christian Keller hat ein klares Anforderungsprofil, in das zuvor auch Schmidt passte. Dass die Mannschaft das Potential hat, die Klasse zu halten, davon ist man in Regensburg weitestgehend überzeugt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Mal die Ergebnisse stimmen und das Potential auch abgerufen werden kann. Dafür den richtigen Mann zu finden, wird eine große Herausforderung für Keller. Bisher hat der 35-Jährige noch mit keinem Trainer gesprochen. "Ich bekomme zwar schon seit Wochen Initiativbewerbungen, aber die habe ich noch nicht angesehen. Das ist nicht respektvoll, solch einen Trainer brauchen wir hier auch nicht. Einer der, wenn der eigentliche Coach noch fest im Sattel sitzt, an dessen Stuhl sägt und sich als der bessere sieht, ist nicht der richtige Mann für Regensburg. Ich habe, bevor wir diese Entscheidung am Sonntag getroffen haben, auch mit noch keinem potentiellen Kandidaten gesprochen." Gespräche wird der Sportchef aber nun zur Genüge führen. Und wer weiß, vielleicht gibt es keinen passenden, externen Trainer und am Ende bleibt Ilija Dzepina Coach? Hier müssten zwar Formalitäten geklärt werden müssten, da der 52-Jährige lediglich im Besitz der A-Lizenz ist, nicht aber des Fußballlehrers. Aber es hätte was von 2008, als mit Markus Weinzierl eine interne Lösung für den entlassenen Thomas Kristl gefunden wurde. Dieser Schritt dürfte den meisten Jahnfans nun ebenfalls gefallen.

Foto: Regensburg1889.de

 

   
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