Kommentar: Das Anfang-Aus bei Dynamo kommt zu spät

Es kam dann doch schneller als erwartet, das Ende von Anfang bei Dynamo Dresden am Samstagnachmittag. Nur zweieinhalb Stunden nach Abpfiff der Partie gegen Viktoria Köln zog die Geschäftsführung die Reißleine, was nach den Auftritten der letzten Wochen nur folgerichtig war. Insgesamt wurde jedoch zu spät gehandelt. Ein Kommentar.

Aufstieg nicht mehr in eigener Hand

Gleich mehrfach war sie in den letzten Wochen da, die Chance, mit einem Trainerwechsel nochmal für einen Impuls im Endspurt sorgen zu können. Etwa nach der Niederlage in Münster am 30. März, nach der Pleite gegen den 1. FC Saarbrücken am 7. April oder dem enttäuschenden 1:1 bei Schlusslicht Freiburg II am vergangenen Sonntag. Die Verantwortlichen um Geschäftsführer David Fischer hielten jedoch an Anfang fest – und handelten erst, als Dynamo den Aufstieg durch die Niederlage gegen Viktoria Köln nun nicht mehr in der eigenen Hand hat. Schon am Sonntagnachmittag könnte Münster vorbeiziehen, der 1. FC Saarbrücken im Nachholspiel gegen Rot-Weiss Essen am kommenden Mittwoch ebenfalls. Heißt: Selbst wenn das neue Trainertrio Heiko Scholz, Willi Weiße und Ulf Kirsten für den erhofften Impuls sorgen sollte, könnten vier Siege im Endspurt zu wenig für Rang 3 sein.

Ohnehin scheint die Zeit nun viel zu knapp, um die Blockade im Kopf der Spieler lösen zu können. Wie groß die Verunsicherung ist, zeigte sich am Samstag nach dem ersten Gegentreffer. Nachdem schon vorher wenig zusammengelaufen war, klappte nun fast gar nichts mehr. Die Frage ist: Was können Kirsten und Co. innerhalb weniger Tage erreichen? Die Mannschaft war auf das von Markus Anfang präferierte Spielsystem zugeschnitten und hatte dieses in der Hinrunde perfekt verinnerlicht. Taktik und Spielweise nun binnen kurzer Zeit komplett umzuwerfen, dürfte kaum möglich sein.

Unnötig weit aus dem Fenster gelehnt

Dass erst jetzt, vier Spieltage vor Saisonende, gehandelt wurde, obwohl die Talfahrt schon seit der Winterpause anhält und sich die Probleme seit Wochen wie ein roter Faden durch das Spiel der SGD ziehen, dürfte vor allem an der im März voreilig durch den Aufsichtsrat ausgesprochenen liga-unabhängigen Job-Garantie für Anfang gelegen haben. Dass einem Trainer auf diese Weise das Vertrauen ausgesprochen und der Rücken gestärkt wird, ist zwar nicht ungewöhnlich. Allerdings hat sich der Aufsichtsrat mit dieser weitreichenden Job-Garantie, die sogar bei Nicht-Aufstieg gelten sollte, unnötig weit aus dem Fenster gelegt.

Das offensichtliche Ansinnen, Anfang nach der überraschenden Trennung von Sportchef Ralf Becker aus der Schusslinie zu nehmen, erwies sich als Bumerang, der den Aufsichtsrat nun Glaubwürdigkeit kostet. Zumal sich die Geschäftsführung um Fischer offenbar über die Job-Garantie hinweggesetzt hat. Jedenfalls ist in der Pressemitteilung zur Anfang-Entlassung keine Rede davon, dass das Kontrollgremium an der Entscheidung beteiligt war. Ohnehin ist es eigentlich die Aufgabe eines Sportchefs, über den Trainer zu entschieden. Doch diesen gibt es bei Dynamo seit Anfang März nicht mehr. Einen Nachfolger präsentierten die Verantwortlichen nicht, wodurch ein Vakuum entstand, das auch dazu beigetragen haben dürfte, dass erst jetzt gehandelt wurde. Sollte der Aufstieg nun verpasst werden, hat auch der Aufsichtsrat, dem es an sportlicher Kompetenz fehlt, seinen Anteil dazu geleistet. Denn einen Sportchef freizustellen, ohne einen Nachfolger in der Hinterhand zu haben, war schlicht fahrlässig – und brachte Dynamo in eine komplizierte Gemengelage, die in einem weiteren Drittliga-Jahr münden könnte.

 

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