Koczor im Interview: "Verlassen uns nicht auf die Heimserie"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Raphael Koczor, Stammkeeper des FC Carl Zeiss Jena, über das 2:2 gegen Münster, das anstehende Spiel gegen Magdeburg, die Heimserie, seine Kartenbilanz und über die Insolvenz von Erzrivale Erfurt.
[box type="info" size="large"]"Sieg gegen den FCM wäre ein großer Schritt"[/box]
liga3-online.de: Hallo Herr Koczor. Mit ein paar Tagen Abstand: Hat die Mannschaft beim 2:2 in Münster einen Punkt gewonnen oder zwei verloren?
Raphael Koczor: Man muss das aus zwei Blickwinkeln betrachten. Wir hätten auch das 3:0 machen können, haben einen Konter nicht sauber ausgespielt. Dann bekommen wir aus dem Nichts das 1:2, dann hat Münster alles nach vorne geworfen. Und mit richtig viel Pech verlieren wir das Spiel sogar noch. Letztlich haben zwei direkte Konkurrenten gegeneinander gespielt und wir haben einen Punkt geholt. Nachdem auswärts wochenlang nichts ging, haben wir jetzt zwei Punkte in Folge geholt, insgesamt vier Spiele in Serie nicht verloren. Wir können also nicht sagen, dass wir unzufrieden sind.
Was fehlt noch, um so ein Spiel nach 2:0-Führung zu gewinnen?
Wir hatten am Ende eine sehr junge Truppe auf dem Platz. Da fehlt es stellenweise schon an Erfahrung. Münster hat gedrückt, uns hat dann die Entlastung in der Offensive gefehlt, wir hatten keine klaren Bälle hinten heraus. Zudem haben wir Münster zu viele Standardsituationen geschenkt – da sind die sehr stark. Wir waren also selber Schuld, dass wir nicht gewonnen haben.
Jetzt geht es daheim gegen Magdeburg. Jena ist seit 13 Heimspielen ungeschlagen, mit Magdeburg kommt der Tabellenzweite. Wer ist Favorit?
Von der Tabellenkonstellation her ist Magdeburg der Favorit. Aber wir sollten uns trotzdem nicht hinten rein drücken lassen und mauern. Wir sollten umsetzen, was wir auch zuletzt gemacht haben. Wir haben zu Hause schon Spitzenmannschaften geschlagen. Und wenn du ein gutes Spiel machst, und vielleicht unglücklich und knapp verlierst, reißt dir auch keiner den Kopf ab.
Was für einen Gegner erwarten Sie?
Magdeburg spielt nicht wie Wiesbaden oder Paderborn. Sie werden sich nicht von hinten rauskombinieren, sondern die langen Bälle wählen. Sie haben viele große Spieler, mit Christian Beck einen sehr kopfballstarken Stürmer, das wollen sie ausnutzen. Wir müssen versuchen, sie in den Kopfballduellen zu stören, müssen uns voll reinhauen – das erwarten die Zuschauer auch in einem Derby.
Besteht die Gefahr, dass sich der FCC irgendwann zu sehr auf die Heimserie verlässt?
So schätze ich den Charakter des Teams nicht ein. Wir freuen uns auf die Heimspiele, schon alleine weil es da gut läuft. Aber das Glück kann dir auch mal davonlaufen und du verlierst zwei Spiele. Wir verlassen uns nicht auf die Serie, wissen, was wir leisten müssen.
Wäre ein Sieg eine Vorentscheidung im Rennen um den Klassenerhalt?
Erst einmal hätte ich natürlich gerne die drei Punkte. Aber es sind noch genug Spiele für uns und die Konkurrenz zu absolvieren. Die Teams hinter uns werden ja auch nicht all ihre Spiele verlieren. Es ist also nicht so, dass wir durch wären. Ein Sieg gegen den FCM wäre natürlich ein großer Schritt.
[box type="info" size="large"]"Das wünsche ich keinem"[/box]
Wird Magdeburg – unabhängig vom Ergebnis am Samstag – aufsteigen?
Wir haben ja vor ein paar Monaten dort gespielt: Es waren 20.000 Zuschauer, eine tolle Stimmung und Magdeburg ist ein Verein, der es verdient hat, in der 2. Liga zu spielen. Sie waren in ihren ersten beiden Jahren nach dem Aufstieg schon richtig gut dabei. Ich kenne auch Marius Sowislo ganz gut. Er ist nicht mehr der Jüngste – ich würde es ihm wünschen, dass er seine Karriere in der 2. Liga beendet. (Anm. d. Red.: Am Freitag hat Sowislo sein Karriereende zum Saisonende erklärt)
Sie absolvieren Ihre erste Saison als Stammtorwart in der 3. Liga. Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?
Es gibt immer Baustellen, an denen du arbeiten kannst. Aber wenn wir unser Ziel erreichen und bei unserer jetzigen Gegentor-Quote bleiben, können alle zufrieden sein. Jeder würde lügen, wenn er sagt, er hätte gerne immer einen 4:3-Sieg und macht dabei drei Torwartfehler. Ich möchte zu Null spielen, unsere jetzige Lage ist sehr zufriedenstellend.
Sie haben mittlerweile vier gelbe Karten gesammelt. Müssen Sie sich während der Spiele selber zur Ruhe ermahnen?
Ich denke oft daran. Es gibt auch Rudelbildungen, bei denen ich mich zusammenreißen muss. Es ist als Torwart nicht rühmlich, fünf gelbe Karten gesammelt zu haben. Ich will nicht deshalb ein Spiel verpassen. Der Konkurrenzkampf bei uns ist groß. Am Ende gewinnt das Team mit meinem Vertreter 3:0 und der Trainer hat keinen Grund, etwas zu ändern – dazu will ich es nicht kommen lassen.
Werfen wir kurz noch einen Blick auf Rot-Weiß Erfurt. Der Klub hat Insolvenz angemeldet, wird in die Regionalliga absteigen. Trotz aller Rivalität: Haben Sie Mitleid?
Ich habe das 2013 mit Ahlen auch durchgemacht. Das wünsche ich keinem. Du hast vielleicht einen langfristigen Vertrag, es hängt ja auch deine Familie mit daran. Die Rivalität ist ja bekannt, aber ich wünsche es keinem, aus finanzieller Sicht endgültig absteigen zu müssen. Ich kenne auch Luka Odak und Kusi Kwame ganz gut, das sind herzensgute Jungs.