Fehlstart! FCM auf der Suche nach dem Ende der Negativspirale
Drei Spieltage ist die neue Saison erst alt, doch beim 1. FC Magdeburg läuft es nicht. Gab es so etwas wie vorsichtige Aufbruchsstimmung, so ist diese nach wenigen Wochen bereits akut gefährdet. Warum schafft es der FCM nicht hinaus aus der schwierigen Grundstimmung? Und was kann er verändern?
Wachsende Unruhe
Das erste 0:2 daheim gegen Halle tat schon weh, das zweite 0:2 gegen Viktoria Köln sorgte dann endgültig für Ernüchterung: Der 1. FC Magdeburg hat den Start in die neue Saison gründlich verpatzt. Zu sagen, dass dies mit Ansage kam, würde den Bemühungen des Klubs sicherlich nicht gerecht werden. Doch gänzlich überraschend tritt die Entwicklung nicht ein. Die Folge ist eine abermals wachsende Unruhe, die sich bislang nicht primär gegen den im Profibereich unerfahrenen Trainer Thomas Hoßmang, sondern vielmehr gegen Geschäftsführer Mario Kallnik richtet. Jüngst kritisierte gar der Wirtschaftsrat öffentlich, dass Kallnik innerhalb des Vereins zu viel Macht besäße und seine Vertragsgestaltung zu hinterfragen sei. Auch wenn Kallnik die Vorwürfe zu entkräften versuchte – ein gutes Zeichen sind solche internen Grabenkämpfe nie. Zumal sie anschließen an Kritik der Fans vor einiger Zeit. Der FCM-Boss ist längst nicht mehr unangetastet und das Umfeld, in dem er arbeitet, immer schwieriger.
Dass sich der Unmut über die gegenwärtige Lage – Magdeburg rangiert mit einem Punkt aus drei Spielen auf dem letzten Platz – nur über Kallnik ergießt, mag so nicht gerechtfertigt sein. Doch die Doppelrolle als Geschäftsführer und Sportlicher Leiter, in der sich der 45-Jährige seit der Trennung von Maik Franz im Sommer bewegt, bringt eben viel Verantwortung mit sich. Magdeburg musste einiges umkrempeln nach dem enttäuschenden 14. Tabellenplatz in der Vorsaison, verpflichtete zahlreiche neue Spieler. Für eine Abrechnung ist es nach so kurzer Zeit zu früh. Doch bestehende sportliche Probleme scheinen weiterhin zu existieren. Wo ist das spielerische Konzept? Magdeburg offenbarte in den ersten Saisonspielen über weite Strecken keines. In der Defensive fehlte der Zugriff, Gegentore ließen den FCM zudem spürbar einknicken. Ein untrügliches Zeichen, wie es um das Selbstvertrauen in einer Mannschaft bestellt ist, die nicht so recht weiß, wohin mit sich und ihren einzelnen Talenten.
Von Verletzungspech und der Causa Beck
Führungsspieler könnten Abhilfe schaffen. Aber wer soll die Rollen einnehmen? Ja: Der FCM hat mit enorm vielen Verletzungen zu kämpfen. Dustin Bomheuer: Kreuzbandriss. Tobias Müller: Rippenbruch. Timo Perthel: Knie-Operation. Umso mehr Verantwortung lastet auf dem mittlerweile 32-jährigen Kapitän Christian Beck. Kaum einer zweifelt an, dass Beck immer noch das Potenzial besitzt, ein überdurchschnittlicher Drittliga-Stürmer zu sein – alles andere verbietet sich mit einem Blick auf seine Torstatistik der vergangenen Jahre. Doch die Liga, und auch das ist nicht neu, hat sich auf den Stoßstürmer gut eingestellt. Das spüren auch die Fans, die in eine Zwickmühle geraten. Becks Vermächtnis in Magdeburg soll schließlich unangetastet bleiben, menschlich ist er ein Musterprofi, seine Tore führten den FCM aus der Viertliga-Mittelfeld bis in die 2. Bundesliga. Dass er sich zunehmend schwerer tut, den ihm auferlegten Status als Lebensversicherung mit Leistung zurückzuzahlen, ist gleichwohl unverkennbar.
All diese kleinen Baustellen, zu denen sich auch bislang wenig überzeugende Neuzugänge hinzugesellen, summieren sich hin zu einer vertrackten Lage. Die Stimmung sinkt am Heinz-Krügel-Platz, Unmut und Frust überwiegen. Dass im Zuge der Corona-Pandemie auch noch das verbindende Element Heimspiel vor vollen Rängen und mit all der Atmosphäre, die den FCM auszeichnet, jetzt fehlt, mag manchen den Rest geben. Wer sich auf Spurensuche gibt, wann diese ewig anmutende Negativspirale ihren Anfang nahm, landet oft bei einem Ereignis, das nun gut zwei Jahre zurückliegt: der Entlassung von Jens Härtel. Dem einige womöglich zu oft und zu intensiv hintertrauern, doch der dem Traditionsklub zweifellos eine Identität, ein Gemeinschaftsgefühl, ein Profil vermittelte. Das alles ist heute nur noch mit Mühe erkennbar. Ein solch strukturelles Problem, ein bildlich gesprochen dunkler Schleier über den Elbestädtern, lässt sich auch nicht mit einem oder zwei Siegen entfernen.
Schwer einschätzbare Neuzugänge
Zumindest für kleine Hoffnungsschimmer gut sind die Transfers, die Magdeburg am letzten Tag der Wechselphase präsentierte: Florian Kath wechselt mehr als drei Jahre nach dem ersten Leihgeschäft erneut vom SC Freiburg übergangsweise an die Elbe. In der Saison 2016/17 war er zwar kein Unterschiedsspieler, mit seinem Tempo aber auf den Flügelpositionen durchaus für Überraschungen gut. Allerdings fehlt ihm seit zwei Jahren Spielpraxis – er trainierte zuletzt zwar mit dem Bundesliga-Kader, kam jedoch zu keinen Einsätzen. Ebenfalls per Leihe kommt Maximilian Franzke vom FC St. Pauli, doch für ihn gilt das Gleiche: Der beim FC Bayern München ausgebildete Rechtsaußen spielte zuletzt wenig und verfügt bislang oberhalb der Regionalliga nur über wenig Erfahrung. Auch sie werden eine positive Atmosphäre benötigen, um sich zurechtfinden zu können. Wie soll Magdeburg diese in absehbarer Zeit garantieren können?
Für einen Ausweg aus dem Dilemma, auf das der FCM unfreiwillig jahrelang hingearbeitet hat, braucht es momentan viel Fantasie. Allerdings genügt ein Blick auf die Tabelle, auf die Leistungen, auf den haarscharf geglückten Ligaverbleib im Vorjahr. Dann müssen alle Magdeburger, von Vorstand über Mannschaft bis zur Anhängerschaft wissen: Die Zeit drängt.