FCM, MSV, FCK: Drei große Klubs vorzeitig gerettet – und nun?
Um sie machten sich Großstädte und ganze Regionen Sorgen: Der 1. FC Magdeburg, der MSV Duisburg und der 1. FC Kaiserslautern kämpften über den größten Teil der Saison hinweg gegen den Abstieg. Dass sich alle vorzeitig gerettet haben, ist ein kleines Wunder. Doch während der 38. Spieltag einem lockeren Auslaufen gleichkommt, müssen Zukunftspläne entwickelt werden.
Drittliga-Abstiegskampf? Dieses Schicksal passt zu keinem der aufgezählten Vereine. Nicht zum 1. FC Kaiserslautern, dem vierfachen Deutschen Meister und doppelten Pokalsieger, nicht zum Europapokal-Pokalsieger von 1974, dreifachen DDR-Meister und siebenfachen DDR-Pokalsieger, dem 1. FC Magdeburg. Und auch nicht zum MSV Duisburg, UEFA-Pokal-Halbfinalist 1979, Vizemeister 1964, vierfacher DFB-Pokalfinalist. In diesem Jahr ging es für alle Genannten, deren Probleme sich nur teilweise überschneiden, haarscharf gut: Schon vor diesem Samstag können die Planungen für das kommende Jahr aufgenommen werden. Wir analysieren die Saisonverläufe des Trios – und blicken darauf, ob die Voraussetzungen für eine bessere Zukunft gegeben sind.
Über zwei Drittel der Saison sah es beim 1. FC Magdeburg ziemlich trostlos aus. Nach dem 25. Spieltag belegte der FCM den vorletzten Rang, auch mit dem bitteren Gefühl, die Rote Laterne mit sich tragen zu müssen, hatten die Ostdeutschen da schon Bekanntschaft gemacht. Der Kader wirkte begrenzt drittliga-tauglich, spielerisch gehörte das Dargebotene zum Schlechtesten der 3. Liga, und auch die Arbeit gegen den Ball war gespickt von Fehlern und unbeholfenen Momenten – das roch stark nach Regionalliga. Erst recht, nachdem der Nachfolger des mit der Situation überforderten Thomas Hoßmangs, Christian Titz, seine ersten drei Spiele allesamt verlor.
Dass er aus dieser Lage 29 (!) Punkte aus den daraus folgenden elf Spielen ergatterte und bis in die obere Tabellenhälfte sprang, ist ihm sowie dem im November gekommenen Sportdirektor Otmar Schork hoch anzurechnen. Ist aber ebenso ein neuerlicher Beweis für die enge Leistungsdichte dieser Spielklasse: Ein Wendepunkt, eine moralische Durchzündung kann im Extremfall – der hier definitiv eingetreten ist – aus einem taumelnden Boxer einen souveränen Champion machen. Dem, zurück in der Fußballsprache, plötzlich die anspruchsvollsten Passfolgen leicht fielen und der so traumhafte Tore erzielte.
Doch dieses Momentum über den langen Sommer hinweg zu konservieren, ist schwierig. Die Qualität in der Mannschaft ist guter Drittliga-Durchschnitt, aber nicht mehr, das wissen die Fans. In Torhüter Morten Behrens (Darmstadt 98) steht der erste Abgang eines Leistungsträgers fest, auch den alles überragenden Wintertransfer Baris Atik zu halten, wird schwierig. Bei aktuell 27 Feldspielern soll der Kader ohnehin reduziert werden, der Etat dabei ähnlich wie in dieser Saison bleiben. Eine ruhigere Spielzeit scheint damit machbar, doch der von manchen erhoffte Angriff auf die Spitze? Zu hohe Erwartungen an sich selbst, das zeigte schon die Vergangenheit, führen beim FCM eher zu negativen Effekten – bescheiden zu bleiben tut gut.
Der Hinrundenletzte aus dem westlichen Ruhrgebiet schaffte die Rettung dank guter Ergebnisse der Konkurrenz am 37. Spieltag, ohne selbst eingreifen zu müssen. Das taten die Profis dann auch nicht, zumindest nicht vollumfänglich: Nach desaströser zweiter Halbzeit gab es ein 1:5 daheim gegen Aufstiegskandidat Ingolstadt – eine Leistung, die viele Fragen aufwarf und zugleich sinnbildlich stand für eine Saison, die beim MSV so manchen mit rätselhafter Miene zurücklässt. Das blaue Auge, mit dem die Meidericher davongekommen sind, es muss mit einem Lerneffekt einhergehen. Denn viel mehr als die nun erreichten 43 Punkte hatte sich Duisburg nicht verdient – doch diese Bilanz reicht eben nicht in jedem Drittliga-Jahr für einen halbwegs souveränen Klassenerhalt.
Geprägt war das chaotische Jahr von den Trainerwechseln: Torsten Lieberknecht musste im November gehen, die Rückkehr von Gino Lettieri stand von Anfang an unter keinem guten Stern, sie brachte manche Fans zusätzlich zur schlimmen sportlichen Lage gegen die Zebras auf. Ende Januar war das Kapitel vorbei, und mit Interimstrainer Uwe Schubert, dem offiziellen Lettieri-Nachfolger Pavel Dotchev sowie tatkräftiger Unterstützung der Fans mit ihren regelmäßigen Hupkonzerten vor der Arena gelang der Kraftakt Aufholjagd. Zuletzt aber gab es nur noch einen Sieg aus sieben Spielen, mehrfach ließ sich der MSV zumindest über längere Spielphasen an die Wand spielen. 65 Gegentore bedeuten die schwächste Defensive der Liga! Wie anfällig die Abwehr ist, zeigte sich auch am Mittwochabend beim Landespokal-Aus in Wuppertal, das nun den Tiefpunkt der Saison bedeutet. Mit 2:6 ließen sich die Zebras abschießen – ein Offenbarungseid und ein Debakel.
Das darf einem Klub mit den Möglichkeiten der Duisburger nicht passieren. Einmal mehr ist bei den Fans jedoch angezählte Manager Ivica Grlic gefordert, aus der nach 15 Corona-Monaten angespannten wirtschaftlichen Lage viel zu machen und allen voran die Hintermannschaft im Sommer zu stärken. Etliche Verträge laufen im Sommer aus, Routinier Moritz Stoppelkamp ist einer der wenigen Leistungsträger mit gültigem Arbeitspapier für die kommende Saison. Die namhafte Offensivreihe, komplettiert von Vincent Vermeij und Aziz Bouhaddouz, sollte nicht auseinandergerissen werden, funktionierte sie doch halbwegs regelmäßig. Die Ansprüche der blau-weißen Anhängerschaft sind indes nicht gering – es muss alsbald wieder in Richtung oberes Drittel gehen. Finanziell kann der MSV trotz Millionen-Unterstützung des US-Sportartikelherstellers Capelli dauerhaft nur schwer in dieser Liga überleben.
Das Szenario Regionalliga schwebte wie ein Gespenst monatelang über dem Betzenberg. Der 1. FC Kaiserslautern wäre nicht daran zugrundegegangen, doch ein weiterer Abstieg hätte diesen Klub in seiner Grundstruktur entkernt – allein die Frage nach einer neuen Spielstätte, weil das Fritz-Walter-Stadion zu teuer würde, zeigte das auf. All jene Gedanken sind erst einmal vom Tisch, weil sich für einige Wochen alle Beteiligten (Spieler, Trainer, Funktionäre) zusammengerissen haben. Interne Streitig- und Befindlichkeiten, die das Geschehen in der Pfalz seit Jahren bestimmen und so oft öffentlich ausgetragen wurden, hatten Pause, alles galt dem Klassenerhalt. Und Trainer Marco Antwerpen lieferte.
Eine starke Phase ab April mit 16 Punkten aus neun Spielen genügte, als der FCK seine verlorengeglaubte Offensivstärke zurückfand, mit ein wenig Spielglück ein ungeheures Plus an Moral zog – mehrere Spiele wurden gedreht – und letztlich auch ein wenig von schwacher Konkurrenz profitierte. Mit 42 bis maximal 45 Punkte geht Lautern aus einer Saison, in der der Klub drei Trainer sowie einen Sportvorstand verschliss, regionale Investoren begrüßte, das Insolvenzverfahren abschloss, weiterhin von steten Unruhen in den Führungsgremien begleitet wurde und sportlich fast immer auf der Schwelle zwischen 3. und 4. Liga balancierte – guter Durchschnitt für Kaiserslautern, möchten böse Zungen behaupten.
Nach Platz 9 im Jahr 2019 und Rang 10 in der Folgesaison wird es nun höchstens der 14. Platz – allein dieser Trend ist ein Warnsignal. Dreimal in Serie hat Lautern mit den eingesetzten Mitteln eine horrende Underperformance erzielt, der einstige Betriebsunfall Drittliga-Abstieg bleibt eine große Baustelle, auf der bislang stets das passende Werkzeug fehlte. Lautern hat schon mehr als 20 Spieler für das nächste Jahr unter Vertrag, gelängen die Verpflichtungen der ausgeliehenen Jean Zimmer und Felix Götze, sähe das Fundament schon sehr ordentlich aus. Doch seien wir ehrlich: Das sah es in den vergangenen Jahren auch. Doch schafft es Lautern, aus Individualität etwas gemeinschaftlich und dauerhaft Erfolgreiches zu machen? Anders, das zeigten die vergangenen Jahre mehr als deutlich, wird es beiden Roten Teufeln – egal, unter welchem Trainer und mit welchem Investor – nicht funktionieren. Doch der Druck ist groß: Allein aus finanziellen Gründen muss der FCK so schnell wie möglich in die 2. Bundesliga.