CFC-Insolvenzverwalter: "Situation außer Kontrolle geraten"

Mit nur drei Punkten aus den ersten sechs Spielen und dem vorletzten Tabellenplatz blickt der Chemnitzer FC auf einen enttäuschenden Saisonstart zurück. Als wäre das noch nicht genug, herrscht hinter den Kulissen seit Wochen Unruhe. Im Zentrum der Anfeindungen: Insolvenzverwalter Klaus Siemon. In einem Interview mit der "Bild" äußert sich der 60-Jährige nun dazu – und übt deutliche Kritik.

"Ich werde kämpfen"

Von der Euphorie nach der direkten Rückkehr in die 3. Liga ist beim Chemnitzer FC schon lange nichts mehr zu spüren. Zu schlecht ist die Stimmung im Umfeld des Vereins, der sich nach wie vor in einem Insolvenzverfahren befindet. Macht- und Grabenkämpfe hinter den Kulissen, etwa im Rahmen der letztlich gescheiterten Wahl zum Aufsichtsrat, stehen schon seit einiger Zeit an der Tagesordnung. Zwischenzeitlich beantragte Siemon sogar Haft für den Notvorstand.

Doch aufgeben kommt für Siemon nicht in Frage, obwohl er von vielen Fans immer wieder angefeindet wird: "Ich sehe es so, ich bin als Insolvenzverwalter ins Amt berufen und wenn ich es nicht mache, dann würde es ein anderer Kollege machen. Ich kann mich nur wiederholen: Ich werde es zu Ende bringen. Ich werde kämpfen", betont er in der "Bild". Zwar lasse es ihn "nicht kalt", wenn auf einem Fan-Banner ein Foto von ihm in einem Fadenkreuz zu sehen ist, "aber ich habe hier eine Aufgabe zu erledigen", so der 60-Jährige. Gleichzeitig sagt Siemon: "Die Situation in Chemnitz ist aber außer Kontrolle geraten."

Siemon bleibt Stadion fern

Ins Stadion geht der Insolvenzverwalter derzeit nicht: "Nicht nur aus Sicherheitsaspekten heraus, sondern auch, weil ich durch meine Anwesenheit nicht Kristallisierungspunkt für Hass werden will." Angst habe er aber nicht. Vor allem die Ultras in der Südkurve stehen Siemon ablehnend gegenüber und forderten in den vergangenen Wochen immer wieder seinen Rückzug. Könnte es zu einer Sperrung des Blocks kommen? "Wir haben schon darüber nachgedacht", räumt der Jurist ein, zumal der CFC aufgrund der Vorfälle beim Heimspiel gegen Altglienicke, als einem verstorbenen rechtsradikalen Fan gedacht wurde, noch auf Bewährung sei und ein Verfahren vom DFB zu überstehen habe. "Aber ich weiß auch nicht, ob das hilft. Wir hatten ja schon mal eine Block-Sperre. In dem Spiel gab es dann chaotische Szenen in anderen Fan-Blöcken", erinnert Siemon an den Becherwurf gegen Thomas Sobotzik.

Der Geschäftsführer des Chemnitzer FC gilt als Vertrauter Siemons – und steht bei den Fans daher ebenfalls im Kreuzfeuer. Sehr zum Unverständnis von Siemon: "Thomas Sobotzik ist ein Glücksfall für den CFC. Er ist ein absolut anständiger und hochbegabter Sportdirektor. Diese Angriffe gegen ihn machen mich traurig." Sobotzik habe alles getan, "dass wir aus der Regionalliga aufsteigen. Diese Personen, die ihn so angreifen, sollten sich mal vor Augen führen, was sie da überhaupt anrichten", so Siemon. Erst am vergangenen Samstag soll es beim Spiel in München zu Gesängen wie "Thomas Sobotzik, du Judensau" gekommen sein. Der Verein erstattete Anzeige, die Fans werfen Sobotzik wiederum Pauschalisierung vor.

Sechsstelliger Schaden

Generell kritisiert der Insolvenzverwalter Teile der eigenen Anhänger: "In Chemnitz muss die Fanszene dringend mal in sich gehen und analysieren, was da in den letzten 12 Monaten abgelaufen ist. Die Spielräume werden mit jedem Eklat deutlich enger." Dennoch hat Siemon noch ein wenig Hoffnung, "dass alle Beteiligten zur Besinnung kommen. Weil so kann es nicht weitergehen!" Gleichzeitig wünscht sich der 60-Jährige, "dass die Fans, die diese rechte Ideologie nicht teilen, endlich aufstehen und sagen: 'Wir wollen das nicht.'"

Denn wenn sich nichts ändern sollte, "dann habe ich erhebliche Zweifel, dass es den Chemnitzer FC im kommenden Jahr noch gibt." Durch die Unruhen beim CFC sei dem Klub nach Siemons Schätzungen ein Schaden im sechsstelligen Bereich entstanden. "Und diese wirtschaftlichen Schäden können sich noch weiter erhöhen. Einfach, weil hier unglaublich viel Vertrauen verloren gegangen ist. Das kann man auch nicht einfach wieder anknipsen." Bis beim CFC wieder Normalität einkehrt, wird es wohl noch einige Zeit dauern.

   

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