Aufsteiger machen Furore: Wie die Neulinge die Liga aufmischen

Drei Zu-Null-Siege und nur eine Niederlage: Bis auf den VfB Lübeck haben alle Aufsteiger an diesem Wochenende beeindruckt und sind nach dem Auftakt in die Drittliga-Saison noch ungeschlagen. Wovon profitieren der SC Verl, der 1. FC Saarbrücken und Türkgücü München und wie lange kann der anfängliche Erfolg anhalten?

Wir hatten es zuletzt bereits einmal erwähnt: In Energie Cottbus und dem Chemnitzer FC sind in den vergangenen fünf Jahren nur zwei Aufsteiger sofort wieder abgestiegen – alle anderen konnten sich für mindestens eine weitere Saison, meist sogar noch viel länger in der 3. Liga etablieren. Auch die diesjährigen Liganeulinge halten die Schlagzahl sofort hoch, drei von ihnen belegen in der sicherlich immer noch wenig aussagekräftigen Tabelle derzeit einen Rang im oberen Drittel. Das ist trotz allem ein respektabler Start! Ebenso auffällig: Ob Verl, Saarbrücken oder Türkgücü – keiner hat bei seinem Sieg viel anbrennen lassen. Im Gegenteil, setzten doch alle gegen vermeintliche Favoriten ein Ausrufezeichen.

SC Verl: Noch kein Gegentor

In der ostwestfälischen Kleinstadt wurde die Drittliga-Premiere zum Fest: Mit 3:0 fegte der Sportclub den amtierenden Drittliga-Meister FC Bayern München II aus dem eigenen Stadion, und alles an diesem Satz ist eine genauere Betrachtung wert. Denn was legten die Verler Verantwortlichen für einen Wert darauf, während der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden eingeschränkten Stadionkapazität vielleicht doch in der eigentlich zu kleinen, 5.000 Zuschauer fassenden Sportclub-Arena spielen zu dürfen. Das Ergebnis: Knapp 1.000 Menschen waren dabei, was ungefähr dem Besucherschnitt des Vorjahres entspricht.

Und sahen, wie Verls Offensive ihre Regionalliga-Form bestätigte. Bester Spieler: Routinier Zlatko Janjic, der ein Tor vorlegte und zwei selbst erzielte. Seine Tore 68 und 69 in der langen Drittliga-Karriere – der in der ligainternen Rekordtorjägerliste auf Platz 2 rangierende Marcel Ziemer (74 Treffer) rückt immer näher und kann sich nicht mehr wehren. "Wir wollten die Bayern gar nicht ins Spiel kommen lassen", sagte Trainer Guerino Capretti nach Abpfiff. Das gelang – und wie. Kombiniert mit dem ebenso bemerkenswerten Auftakt-0:0 beim Aufstiegskandidaten SV Wehen Wiesbaden ist der Start für die Verler, die viele als klaren Abstiegsanwärter klassifiziert hatten, mehr als gelungen. Zumal der SCV noch kein Gegentor kassierte. Schon in der letzten Regionalliga-Saison stellten die Ostwestfalen mit nur 14 Gegentoren in 22 Spielen die beste Abwehr.

1. FC Saarbrücken: Gelungene Stadion-Rückkehr

Vier Punkte aus zwei Spielen: Das kommt beim 1. FC Saarbrücken insbesondere für Trainer Lukas Kwasniok einer kleinen Erlösung gleich. Im Vorjahr funktionierte für ihn bei Carl Zeiss Jena überhaupt nichts – einen Punkt sammelte er nur aus den ersten zehn Spielen, dann zog der Verein die branchenüblichen Konsequenzen. Ein solcher Fehlstart ist mit Aufsteiger Saarbrücken auch, weil dieser schlicht stärker besetzt ist, jetzt schon nicht mehr möglich. Das 2:0 über Rostock, und das ist eine wirklich gute Nachricht für die Saarländer, resultierte allen voran aus einer hochkonzentrierten Defensivleistung. Und das kann sich der FCS auf die Fahnen schreiben: Wer Pascal Breier, Korbinian Vollmann und Bentley Baxter Bahn verteidigt, der muss sich vor kaum einem anderen Drittligisten mehr verstecken.

Nach dem 1:1-Remis an der Lübecker Lohmühle – der VfB ist übrigens der einzige Aufsteiger, der nach seiner 0:1-Niederlage in Unterhaching noch sieglos dasteht – kam auch der Rückkehr in den heimischen Ludwigspark wichtige Bedeutung zu. Zwar durften nur 900 Zuschauer dabei sein, doch selbst diese geringe Zahl zeigte bereits den Unterschied des nun reinen Fußballstadions zum vorherigen, überdimensionierten Rund: Künftig wird eine andere Stimmung bei Saarbrücker Heimspielen herrschen – und davon wird die Kwasniok-Elf nur profitieren.

Türkgücü München: Schon fünf Tore

Und auch ein dritter Aufsteiger schickte einen nominellen Favoriten unsanft auf die Bretter: Mit 3:0 fegte Türkgücü München über den 1. FC Kaiserslautern, der nun vorerst die rote Laterne übernommen hat. Zu sagen, Türkgücü hätte die defensiven Abstimmungsprobleme beim FCK schonungslos offengelegt, passt dabei nur teilweise. Denn wer schonungslos agiert, lässt keine Großchancen aus – und das war bei Türkgücü genau wie beim 2:2-Remis gegen den FC Bayern II am Auftaktspieltag sogar noch der Fall. Nun weiß fast jeder, dass bei Türkgücü einiges an Geld in die Hand genommen wurde, um den Kader aufzupeppen. Doch vor allem die Investition in den Sturm, derzeit bestehend aus Tom Boere und Petar Sliskovic, scheint sich auszuzahlen. Mit fünf Toren nach zwei Spielen stellt der Aufsteiger derzeit die beste Defensive.

Nominell steht beim dritten Münchner Drittliga-Verein vielleicht sogar schon leicht überdurchschnittliche individuelle Qualität auf dem Feld. Doch angesichts der Tatsache, dass das Team von Trainer Alexander Schmidt mit 20 (!) Spielern verstärkt worden ist, harmonierte es am Sonntag richtig gut. Dass das keine Selbstverständlichkeit ist, zeigen andere Beispiele einer solch außergewöhnlichen Transferpolitik aus der Vergangenheit. Eintagsfliege oder Dauerzustand? Die nächsten Wochen werden es zeigen

   

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