SV Darmstadt 98: Das Märchen geht weiter

Wenn man die Fans des SV Darmstadt 98 auf Arminia Bielefeld anspricht, ist der 19. Mai 2014 sofort das Gesprächsthema. Schließlich besiegten die Lilien an jedem Abend die Arminia, damals noch Zweitligist, in einem vollkommen verrückten Relegationsspiel mit 4:2 nach Verlängerung und stiegen somit auf spektakuläre Weise in die 2. Bundesliga auf. Erstmals nach 21 Jahren rollt seit Juli im alt-ehrwürdigen Böllenfalltor-Stadion wieder der Bundesliga-Ball. Schon kurz nach dem Aufstieg wurden die Darmstädter von sämtlichen Experten als Abstiegskandidat Nummer eins betitelt. Doch was in den Wochen und Monaten nach der Rückkehr in das Bundesliga-Unterhaus geschah, hätten selbst die größten Lilien-Fans nicht für möglich gehalten.
Klassenerhalt bereits elf Spieltage vor Saisonende perfekt
Mit einem Last-Minute-Sieg gegen Eintracht Braunschweig (1:0) machte Darmstadt 98 am vergangenen Freitag elf Spieltage (!) vor Saisonende den anvisierten Klassenerhalt perfekt. Mit nunmehr 41 Punkten stehen die Hessen aber nicht im Tabellenmittelfeld, sondern grüßen vom zweiten Tabellenplatz. Nicht ein Mal stand der vermeintliche Absteiger Nummer eins in der bisherigen Spielzeit auf den letzten drei Plätzen. Im Gegenteil: Nur ein Mal, und zwar nach dem 2. Spieltag, gehörte die Elf von Trainer Dirk Schuster nicht zu den sechs besten Teams der 2. Bundesliga. Am 7. Spieltag grüßte der SV98 nach dem 4:0-Derbysieg gegen den FSV Frankfurt sogar von der Tabellenspitze. Seit dem 13. Spieltag standen die Darmstädter nur drei Mal nicht auf einem Aufstiegsplatz. Insgesamt musste sich der SVD nur in zwei von 23 Partien geschlagen geben. All diese Zahlen belegen: Der SV Darmstadt 98 ist das Überraschungsteam der bisherigen Zweitliga-Saison. Im Gegensatz zu anderen Teams verzichten die Lilien in der Sommerpause auf einen großen Umbruch und vertrauten weitestgehend dem Aufstiegsteam. Eine Entscheidung, die sich längst bezahlt gemacht hat: "Wir haben hier eine sensationelle Truppe", schwärmt Romain Brégerie, einer von zehn Sommer-Neuzugängen.
Durchmarsch in die Bundesliga kein Thema
Garant für den Erfolg ist ohne Zweifel Trainer Dirk Schuster. Der 47-Jährige, der mit Darmstadt in der vorletzten Drittliga-Saison sportlich eigentlich abgestiegen war und nur aufgrund der Insolvenz von Offenbach doch in der 3. Liga blieb, führte die Lilien innerhalb weniger Monate vom Abstiegskandidaten in der dritten zum Aufstiegsanwärter in der zweiten Liga. Doch von einem möglichen Durchmarsch in die Bundesliga will Schuster (natürlich) nichts wissen: "Bevor Sie mich jetzt fragen, was sich jetzt ändert, sage ich Ihnen, dass sich nichts ändern wird. Wir werden weiter von Spiel zu Spiel denken und versuchen die etablierten Teams zu ärgern“, so der 47-Jährige auf der Pressekonferenz nach dem Sieg gegen Braunschweig.
Spiel für Spiel genießen
Knüpfen die Lilien an die Form der letzten Wochen an und bauen die Serie von 14 ungeschlagenen Partien weiter aus, könnte die große Sensation am Ende vielleicht sogar doch gelingen. Bis dahin tun die Lilien aber gut daran, sich in Understatement zu üben. Ein Aufsteiger hat es auch gar nicht nötig, große Worte zu schwingen. Denn wenn man es so wie der TSV 1860 München doch tut, und vor der Saison nicht nur den Aufstieg, sondern gar die Meisterschaft als Ziel ausgibt, befindet man sich schneller im Abstiegskampf, als man denkt. Doch mit dem Abstieg wird Darmstadt in dieser Saison nichts mehr zu tun haben. Jetzt heißt es: Spiel für Spiel genießen und zumindest heimlich von der Bundesliga träumen.