Türkgücü München vor dem Aus? Fragen und Antworten

Kurz vor dem Jahreswechsel ist die Zukunft von Türkgücü München nach dem Ausstieg von Investor Hasan Kivran mehr als ungewiss. Dem ambitionierten Aufsteiger droht das Aus. liga3-online.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie es weitergeht

Was sind die Gründe für den Ausstieg von Hasan Kivran?

Bisher schweigt der 54-Jährige zu den Gründen für seinen Ausstieg. Geschäftsführer Max Kothny ließ zu Wochenbeginn durchblicken, dass auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle gespielt haben. Denn aufgrund fehlender Zuschauer seien weniger Einnahmen generiert worden, zudem erhielt Türkgücü von den staatlichen Corona-Hilfen nur einen geringen Betrag, da die niedrigen Zuschauerzahlen der vergangenen Regionalliga-Saison zugrunde gelegt wurden.

Wie geht es nun weiter?

In einer Stellungnahme erklärte der Klub am Dienstag: "Um den Fortbestand des Vereins zu sichern, gilt es nun einen oder mehrere Investoren zu finden, die Kivrans Anteile (89 Prozent, d. Red.) übernehmen möchten." Denn aufgrund des rapiden Aufstiegs (vor drei Jahren spielte Türkgücü noch in der sechstklassigen Landesliga) sei es dem Klub zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, "ohne einen Geldgeber komplett auf eigenen Beinen zu stehen".

Welche Szenarien sind denkbar?

Grundsätzlich stehen drei Szenarien im Raum: 1) Ein neuer Großinvestor kommt, 2) ein kleinerer Investor übernimmt oder 3) es wird kein neuer Geldgeber gefunden und das Projekt droht zu scheitern.

Was passiert, wenn Türkgücü einen neuen Investor findet?

Dann dürfte der Klub vorerst gerettet sein und könnte an seinen ehrgeizigen Zielen (Zweitliga-Aufstieg bis 2023 und Nummer 2 in München) festhalten. Nicht ausgeschlossen, dass Türkgücü in dieser Transferperiode noch mal nachlegen wird, um den Aufstieg vielleicht schon in dieser Saison in Angriff nehmen zu können.

Was passiert, wenn kein neuer Geldgeber gefunden wird?

Findet Türkgücü keinen neuen Investor, droht dem Klub das Aus. "Wir brauchen einen Interessenten, der Liquidität in den Verein bringt, damit wir die Saison zu Ende spielen können", äußerte sich Geschäftsführer Max Kothny in der "Abendzeitung". Heißt: Ohne neuen Geldgeber könnten schon in wenigen Wochen die Lichter ausgehen. Bis zum 21. Januar muss Türkgücü beim DFB seine Liquidität für den Rest der Spielzeit nachweisen. Gelingt das nicht, droht eine Insolvenz.

 

Worst-Case: Einstellung des Spielbetriebs

Welche Folge hätte eine Insolvenz für Türkgücü?

Sollte Türkgücü einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen, würde dies in dieser Saison zunächst mit einem Abzug von drei Punkten einhergehen. Normalerweise werden neun Punkte abgezogen, doch aufgrund der Corona-Krise gelten derzeit andere Regelungen. In der vergangenen Saison etwa gab es keinen Punktabzug, wovon der 1. FC Kaiserslautern profitierte.

Könnte Türkgücü den Spielbetrieb im Falle einer Insolvenz fortführen?

Das ist mehr als fraglich! Weil sich der Klub nach eigenen Angaben ohne externen Geldgeber nicht finanzieren kann, erscheint es unklar, wie Türkgücü etwa die Spielergehälter bis Saisonende zahlen könnte. Denn günstig dürfte der 35 Spieler umfassende Kader nicht sein. Entsprechend erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass Türkgücü den Spielbetrieb ohne neuen Investor einstellen muss.

Welche Folgen hätte eine Einstellung des Spielbetriebs?

Muss Türkgücü den Spielbetrieb noch vor den letzten fünf Spieltagen einstellen (was es in der Historie der 3. Liga noch nie gegeben hat), würden alle bisherigen Partien des Klubs annulliert und aus der Wertung genommen werden. Türkgücü würde mit null Punkten ans Ende der Tabelle gesetzt werden und stünde als erster Absteiger in die Regionalliga fest. Die aktuelle Tabelle würde sich entsprechend verändern, vor allem Rostock, Halle, Uerdingen und Magdeburg wären die großen Verlierer. Da sie jeweils gegen Türkgücü gewinnen konnten, würden sie allesamt drei Punkte verlieren. Der 1. FC Magdeburg würde dann fünf statt drei Punkte hinter dem rettenden Ufer liegen. Gleichzeitig würde es nur noch drei sportliche Absteiger geben.

Wie würde es für Türkgücü nach Einstellung des Spielbetriebs weitergehen?

Die Spieler wären nach Einstellung des Spielbetriebs vereinslos und könnten den Klub sofort verlassen. Zu einem neuen Verein könnten sie aber nur wechseln, wenn die Abmeldung vom Spielbetrieb bis zum Ende der Transferperiode am 1. Februar erfolgt. Danach könnten die Spieler nicht mehr wechseln und wären erst zur neuen Saison für einen neuen Verein spielberechtigt. Denn bekanntlich können nach dem Ende der Winter-Transferperiode keine vereinslosen Spieler mehr verpflichtet werden. Durchaus möglich also, dass einige Akteure den Klub nun vorzeitig verlassen werden, um im Worst-Case nicht ohne Verein dazustehen. Türkgücü könnte im beschriebenen Szenario für die Regionalliga planen. Nicht ausgeschlossen aber, dass es sogar zurück in die Bayernliga oder die Landesliga gehen könnte. Denn welche Zukunft der Verein ohne Geldgeber hat, ist ungewiss – zumal er weder über ein Trainingsgelände, noch über ein eigenes Stadion verfügt.

Welche Parallelen und Unterschiede gibt es zum KFC Uerdingen?

Auch der KFC Uerdingen verliert mit Mikhail Ponomarev seinen Investor – allerdings nicht von einem auf den anderen Tag. Bevor er abtritt, will Ponomarev für einen geregelten Übergang sorgen und seine Anteile an einen anderen Investor verkaufen. Das könnte bereits in den nächsten Wochen, möglicherweise aber auch erst am Saisonende erfolgen. So oder so wird der KFC die laufende Saison aber sehr wahrscheinlich zu Ende spielen können – sollte Ponomarev nicht plötzlich doch sofort abtreten. Wie es anschließend weitergeht, hängt davon ab, wie viel Geld der neue Investor in den Verein investieren wird.

Ist es denkbar, dass Kivran doch weitermacht?

Gänzlich ausgeschlossen werden kann dieses Szenario nicht, die Wahrscheinlichkeit ist allerdings eher gering. Denn Kivran müsste frisches Geld investieren. Da er den Klub aber verlassen will, scheint dies aus der Sicht des 54-Jährigen wenig zielführend zu sein. Schließlich würde er einen weiteren Verlust machen. Es sein denn, der Rückzug ist nur eine Nebelkerze, um intern Druck auszuüben.

Wie sieht die finanzielle Situation von Türkgücü aus?

Laut dem "Kicker" kalkuliert der Klub bis zum Saisonende mit einem Verlust von vier Millionen Euro.

   
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