Trotz "erheblicher" Einbußen: Hansa "aktuell" für Geisterspiele

Im schriftlichen Interview mit liga3-online.de erklärt Hansa-Boss Robert Marien, warum sich die Kogge – zumindest derzeit – für Geisterspiele ausspricht und warum ein Saisonabbruch momentan noch keine Option sein kann.

"Enorm viele Fragen" für Abbruch zu klären

liga3-online.de: Geisterspiele oder Abbruch: Die Liga ist in dieser Frage gespalten. Für welche Lösung spricht sich der F.C. Hansa aus?

Robert Marien: Aktuell Geisterspiele. Auch wenn diese eine erhebliche finanzielle Belastung bedeuten und wir vor allem ohne das Wichtigste im Fußball auskommen müssen: den Fans! Ein Abbruch kann aus unserer Sicht aktuell schon deshalb keine Lösung sein, weil damit lediglich Probleme verschoben und neue aufgemacht werden.

Es sind enorm viele Fragen ungeklärt, wie zum Beispiel: Wie geht man mit möglichen Regressansprüchen und Schadensersatzklagen von Fernseh- und den Werbepartnern um? Wie löst man das Problem, dass ein Abbruch in der Satzung nicht geregelt ist? Wie geht man mit den offenen Landespokalspielen und der entsprechenden Qualifikation für den DFB-Pokal um? In fast allen Richtungen bestehen rechtlich und verbandsseitig offene Flanken.

Hinzu kommt, das niemand weiß, wann eine neue Spielzeit anfangen soll. Einen Abbruch zu fordern, ohne Antworten auf viele dieser offenen und essentiellen Fragen zu liefern, ist aus unserer Sicht äußerst gefährlich. Daher kann ein Abbruch nur dann Thema sein, wenn alle offenen Punkte einheitlich und rechtsverbindlich geklärt sind.

Wären Geisterspiele bis zum Saisonende finanziell überhaupt verkraftbar? Aufgrund der ausbleibenden Zuschauereinnahmen würde ein hoher Verlust drohen.

Geisterspiele sind sicherlich für keinen Verein ohne weiteres stemmbar. Auch wir werden den ganzen "Werkzeugkoffer" unternehmerischer Möglichkeiten einsetzen müssen, um die Verluste auffangen oder zumindest eindämmen zu können. Allein durch unseren großen Zuschauerdurchschnitt (13.700, d. Red.) werden uns durch Geisterspiele erhebliche Einnahmen fehlen. Hinzu kommt, dass wir Eigentümer des Stadions und des NLZ-Geländes sind. Entlastung durch Reduzierungen von Mietzahlungen sind für uns also nicht möglich. Trotz allem sind Geisterspiele scheinbar aktuell noch die beste der schlechtesten Optionen.

Was droht Hansa bei einem Abbruch? 

Bei einem Abbruch würde uns nach unseren Berechnungen aktuell ein größerer finanzieller Schaden drohen, als bei einer Fortsetzung der Saison mit Geisterspielen – da Regressansprüche aus vielen Richtungen geklärt werden müssten. Zudem sind wir wie bereits erwähnt Eigentümer des Ostseestadions und des NLZ-Geländes. Uns wird es also nicht wie vielleicht anderen Vereinen möglich sein, Mietzahlungen einzustellen. Das Aussetzen oder der Erlass von Mietzahlungen für Stadionpachten wäre am Ende auch nichts anderes, als das finanzielle Risiko auf den Steuerzahler abzuwälzen.  

 

"Insolvenz mit Vertrauensverlust verbunden"

Nach einem DFB-Beschluss von Freitag kann die Saison über den 30. Juni hinaus verlängert werden. Ein realistisches Szenario?

Das kann durchaus ein Szenario sein, wenn entsprechend die Gleichtaktung von oben nach unten sichergestellt wird. Es ist sicherlich weitaus vernünftiger, eine Saison für einen zeitlich überschaubaren Rahmen zu verlängern, als sie unkontrolliert abzubrechen.

Bei einer Insolvenz in dieser Saison droht kein Punktabzug. Ist die Planinsolvenz eine Option für Hansa, um sich von den Schulden zu befreien und damit ohne Altlasten in die Zukunft gehen zu können?

Ohne Frage befinden wir uns durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen in einer absoluten Ausnahmesituation, die alle Bereiche der Wirtschaft unter Umständen auch zu bestimmten Maßnahmen zwingen wird. Dennoch sollte man aufpassen, das böse Wort mit "i" nicht inflationär in den Mund zu nehmen und gar öffentlich damit zu liebäugeln. Eine Insolvenz ist auch mit einem Vertrauensverlust für die Zukunft verbunden – ganz abgesehen von der Gefahr möglicher Fliehkräfte, die gegebenenfalls nicht so einfach zu kontrollieren sein werden.

   
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