Thomas Geyer im Interview: "Bei uns könnte jeder spielen!“
Thomas Geyer, Abwehrspieler des VfR Aalen, spricht im Interview mit liga3-online.de über den besonderen Zusammenhalt beim VfR, warum er in Wiesbaden aussortiert wurde und wie Trainer Peter Vollmann tickt.
Hallo Herr Geyer! Wir erwischen Sie kurz vor dem Mittwochstraining mit dem VfR Aalen, mit dem Sie bisher eine zufriedenstellende Saison absolvieren. In der Abwehrzentrale sind Sie gesetzt – wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?
Es läuft bisher alles super. Ich spiele regelmäßig, kann meine Leistungen auf den Platz bringen und habe erst vier Minuten gefehlt. Das war gegen Chemnitz, als der Trainer noch einen großen Mann auf den Platz bringen wollte, der vorne für Unruhe sorgen kann. Also beschwere ich mich nicht, ich bin sehr zufrieden.
Sie sprechen indirekt Ihre für einen Innenverteidiger eher geringe Körpergröße von 1,79 Metern an. Das ist kein Gardemaß auf dieser Position.
Eigentlich stört mich die Körpergröße wenig, schließlich weiß ich damit genug anzufangen. Das versuche ich zumindest, Woche für Woche auf dem Rasen zu zeigen. Auch sind mittlerweile längst nicht mehr nur große Kopfballungeheuer gefragt, sondern auch schnelle Verteidiger, deren Qualitäten auch in der Ballbehandlung liegen.
Im Sommer wurde ich allerdings in Wiesbaden aussortiert, weil Trainer Torsten Fröhling genau den Abwehrtypen gesucht hatte, den ich nicht darstellen kann. Er setzt auf große Spieler, hat andere Vorstellungen vom idealtypischen Verteidiger. So etwas kann man selbst dann natürlich nicht beeinflussen.
Kommen wir zum VfR Aalen. Obwohl die letzten vier Spiele nicht gewonnen wurden, befindet sich der Verein auf einem respektablen siebten Tabellenplatz, habt erst zwei Niederlagen kassiert. Warum ist der VfR so unangenehm zu bespielen?
Unser Plus ist die enge Gemeinschaft, die hinter uns steckt. Daraus resultiert eine homogene und geschlossene Mannschaft, die durch dick und dünn geht. Beispiele wie Darmstadt 98 oder die Würzburger Kickers zeigen uns, dass nicht immer die besseren fußballerischen Möglichkeiten über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Zusammenhalt kann ebenso gegen jeden Gegner siegen. Dadurch sind wir richtig unbequem zu bespielen, und das weiß jeder, der nach Aalen fährt.
Nun haben Sie mit Darmstadt und Würzburg zwei ehemalige Aufsteiger aus der 3. Liga als Exempel genannt. Das ist nun aber nicht das Ziel von Aalen, oder?
Wir schauen von Spiel zu Spiel und wissen sehr wohl um die schweren Voraussetzungen, unter denen wir bestehen wollen und müssen. Im bisherigen Saisonverlauf haben wir das gut gelöst und wichtige Punkte für den Klassenerhalt gesammelt. Das bleibt, wie vom Trainer vorgegeben, unser erstes Ziel.
Wäre in den letzten Wochen mehr möglich gewesen? Zuletzt wurden mehrere gute Leistungen nicht mit Erfolgen belohnt.
Unsere Punkteausbeute war sicherlich nicht optimal. Wir haben zwar gegen zwei Spitzenmannschaften (VfL Osnabrück und MSV Duisburg, Anm. d. Red.) gespielt und keine Begegnung verloren, hätten statt zwei aber ebenso gut sechs Punkte erreichen können. Vor allem das Duisburg-Spiel…da wäre viel mehr möglich gewesen!
Erklären Sie uns das genauer.
Nun, wir sind nach Duisburg gefahren und hatten uns natürlich einiges ausgerechnet, zumindest aber einen Punkt. Zuletzt hatte der MSV schließlich etwas geschwächelt. Nach dem Spielverlauf aber fühlte es sich wie eine Niederlage an. Vor allem, weil wir in der letzten Minute durch Mika Ojala noch eine große Möglichkeit hatten, als er alleine auf das Tor zulief. Da ging auch bei mir hinten in der Verteidigung der Puls hoch – letztendlich kann man es aber nicht beeinflussen, ob er ihn reinmacht. Leider hat es ausgerechnet in der Situation nicht geklappt.
Das 2:2 bedeutete bereits das neunte Unentschieden in 16 Spielen. Die sehen zwar in der Statistik ganz nett aus, geben aber nur wenige Zähler…
Die Punkte sind einerseits wichtig, denn jedes Unentschieden zählt. Das habe ich mit Wehen Wiesbaden im letzten Jahr festgestellt, als plötzlich sogar jedes Tor wichtig wurde. Aber natürlich: Wenn du trotz nur zwei Niederlagen punktgleich mit einem Team stehst, das schon sechsmal verloren hat, dann kommt ein Gefühl auf, dass doch mehr möglich gewesen wäre.
Sie sprechen den Last-Minute-Klassenerhalt mit dem SV Wehen Wiesbaden an, haben den entscheidenden Treffer von Alf Mintzel von der Bank aus miterlebt. Wie denken Sie heute an diesen Moment zurück?
Was für ein spannendes Saisonfinale! Mit dem Tor durchströmte jeden Spieler pure Freude und kurz darauf wollten alle nur noch drauf auf den Haufen, der Alf Mintzel unter sich begrub. Aber mit einigen Monaten Abstand wird mir klar: So etwas bräuchte ich nicht unbedingt nochmals. Schonend für das Herz ist das nicht…(schmunzelt)
Wie erklären Sie sich, dass der VfR Aalen bisher auswärts mehr Punkte als daheim geholt hat? Das ist in der 3. Liga höchst ungewöhnlich.
Möglicherweise ist der Grund, dass wir derart unbequem zu bespielen sind. Mannschaften wollen gegen uns grundsätzlich in Heimspielen offensiv spielen. Wir aber wollen kompakt stehen und den Gegner mit schnellen Außenspielen überfallen. Dieses einfache Mittel versuchen wir zu perfektionieren.
Die Umstände, unter denen der VfR Aalen agiert, sind bekanntermaßen nicht leicht. Der Etat ist gering, sodass nur ein kleiner Kader unterhalten werden kann. In der Startelf stehen daher regelmäßig die gleichen Leute. Kann das einen Nachteil darstellen?
Das sehe ich nicht unbedingt so. Es ist schließlich wichtig, eine feste Achse im Team zu haben, die eingespielt ist. Wir können uns auf dem Platz aufeinander verlassen, haben uns aufeinander abgestimmt. Und das möchte ich auch klarstellen: Die Spieler, die immer wieder hereinkommen, bringen ebenso ihre Leistung. Wir sind zwar ein kleiner Kader, in dem aber jeder spielen könnte.
Wie groß ist die Gefahr vor Sperren oder Verletzungen angesichts der geringen Anzahl verfügbarer Feldspieler?
Wir wissen, dass wir ziemlich fit sein und im Training aufpassen müssen, um von Verletzungen verschont zu bleiben. Ebenso verhält es sich mit Sperren nach Gelben oder Roten Karten – auch dort müssen wir aufpassen, dass nicht etwa mehrere Spieler gleichzeitig ausfallen. Das gehört zum Job dazu, bei uns in besonderem Maße.
Welche Rolle nimmt Trainer Peter Vollmann ein, was für ein Typ ist er an der Seitenlinie?
Das ist nicht leicht mit wenigen Worten zu beschreiben. Wenn ihm etwas nicht passt, dann wird er schon einmal lauter – und das ist gut so, weil wir einen jungen Kader besitzen und bestimmte Töne gut anschlagen. In manchen Situationen muss er nun einmal dazwischenhauen. Gleichzeitig aber behandelt er alle fair, bereitet uns gut vor. Unter dem Strich haben wir immer Freude am Training, bringen gleichzeitig die nötige Konzentration auf. Es passt einfach.
Und auf welchem Rang befindet sich der VfR Aalen in der Winterpause?
Puh, das ist schwer zu sagen! Die Liga ist unglaublich ausgeglichen. Mit drei Siegen können wir um die Spitze mitspielen, bei drei Niederlagen müssten wir schon in Richtung Abstiegskampf gucken. Ideal wären neun Punkte – dafür sind wir Fußballer geworden. Und um möglichst viele Zähler zu sammeln, dürfen wir zuallererst den kommenden Gegner nicht unterschätzen.
Das ist Mainz 05 II, der Tabellenletzte…
…und das sagt überhaupt nichts aus. Mainz hat zuletzt den FSV Frankfurt geschlagen. Wir sind gewarnt.