Schockstarre! Energie Cottbus steigt erstmals in die 4. Liga ab
Das war es. Der FC Energie Cottbus ist erstmals in seiner 50-jährigen Geschichte in die 4. Liga abgestiegen. Am letzten Spieltag der Saison unterlag die Elf von Trainer Pele Wollitz im Entscheidungsspiel gegen den FSV Mainz 05 II mit 2:3 (0:0). Brutaler kann der Fußball nicht sein, schlimmer konnte es die 13.800 Zuschauer nicht treffen. Noch fünf Minuten vor dem Abpfiff hatte alles auf den Klassenerhalt hingedeutet, jetzt stehen die Lausitzer vor einem Scherbenhaufen.
Im entscheidenden Moment versagen die Nerven
Es hatte doch eigentlich alles gepasst an diesem Samstagnachmittag: Schon Stunden vor Anpfiff waren die Fans geschlossen durch die Stadt marschiert und hatten gezeigt, wie sehr sie hinter dem Verein und ihrer Mannschaft stehen. In der Vorwoche hatten zahlreiche Fans und Unternehmen ihre Verbundenheit mit Energie Cottbus zum Ausdruck gebracht. Doch im entscheidenden Moment, da versagten dem FCE die Nerven: Der in jedem Fall zum Ligaverbleib berechtigende Sieg wurde nicht erreicht – und der Worst Case trat ein, indem die Konkurrenz aus Wiesbaden (3:1 über den VfB Stuttgart II) und Werder Bremen II (2:1 in Aalen) tatsächlich ihre Hausaufgaben erledigte. Ganz genau so, wie es Wollitz bereits vor dem eigenen Spiel prognostiziert hatte. Aber was war geschehen?
Zehn Minuten ist Energie gerettet – dann schlägt Mainz zu
Energie Cottbus startete nervös, es war keine besonders anschauliche Begegnung im Stadion der Freundschaft – zumindest in den ersten 45 Minuten. Einige Male musste Schlussmann Daniel Lück sogar bei vielversprechenden Angriffen der Mainzer eingreifen und Cottbus vor dem fatalen Rückstand bewahren, den Wollitz unbedingt vermeiden wollte. Kurz nach dem Seitenwechsel geschah es dann aber: Julian Derstroff (49.) nutzte die Verwirrung in der FCE-Defensive und schob ein – ein Schock im Rund. War es das bereits? Nein! Ausgerechnet ein fragwürdiger Elfmeter, wieder hatte Energie Cottbus wie bereits in Erfurt von der Gunst des Unparteiischen profitiert, brachte Cottbus zurück auf den Weg. Richard Sukuta-Pasu verwandelte (57.). Die Anspannung stieg und explodierte nach 79 Zeigerumdrehungen: Wieder war es Sukuta-Pasu, der sich unter Bedrängnis durchsetzte und die Führung erzielte (79.)! Das Stadion der Freundschaft explodierte. Bis zur 89. Minute.
"Die Fans waren heute außergewöhnlich“
Dann stürzte Fabian Kalig die Lausitzer ins Tal der Tränen (89.). Ein letztes Aufbäumen zerstörte Marcel Costly (90. +1), der die letzten Siegchancen im Keim erstickte. Selten war ein Abstiegsfinale in der 3. Liga so dramatisch verlaufen, selten hatte ein Team so spät noch seine Ausgangsposition verspielt. Besonders bitter: Erstmals in der Drittliga-Geschichte reichen 42 Punkte nicht zum Klassenerhalt. "Wir haben den Kampf gegen den Abstieg nicht heute verloren“, rang Wollitz nach Abpfiff um Worte und stellte fest: "Die Unterstützung unserer fantastischen Fans war außergewöhnlich, das haben mir sogar Spieler von Mainz bestätigt.“ Gerade diesen sprach er ein großes Lob aus, die vielleicht im Gegensatz zu anderen Teams der Liga heute die stärkste Leistung an den Tag legten und sich sportlich fair verkauften – zum Leidwesen des FC Energie. "Zu entschuldigen ist der Abstieg aber durch keine Umstände“, gab der konsternierte Wollitz ehrlich zu, der nach Abpfiff sogar den Weg zu den Anhängern eingeschlagen hatte. Nach einigen Beschimpfungen machte er sich jedoch schnell auf den Weg in die Kabine.
Wollitz schöpft Mut im sportlichen Niedergang
So viel über Wollitz immer geredet wird, eins kann ihm niemand absprechen: Er ist ein Trainer mit Rückgrat. "Ich nehme gerne die Verantwortung für diesen Abstieg auf mich“, verkündete Wollitz und hob den Kopf im Moment des Untergangs wieder nach oben: "Ab morgen müssen wir aufstehen! Ab morgen müssen wir sagen: Jetzt erst recht! Die Fans haben es vorgemacht, nur so kann es für Energie Cottbus weitergehen.“ Zwar stünden bittere Wochen und Monate bevor, doch nun müsse Kraft geschöpft werden, um gestärkt aus dieser größten Vereinskrise seit Jahrzehnten, vielleicht sogar seit der Gründung hervorzugehen. Vielleicht wäre es das richtige Signal von Energie Cottbus, mit dem 50-jährigen Fußballtrainer in die Regionalliga zu gehen und ihm die Möglichkeit zu gewähren, Cottbus mit seinem Geist und seiner positiven Einstellung in die 3. Liga zurückzuführen. Dass dieser Weg alles andere als leicht wird, ist offensichtlich.