Schneckenrennen im Aufstiegskampf: Wer will hoch?
Geht es in diesem Jahr schon verdächtig früh los mit der "Aufstiegsflatter"? Bis auf den souveränen VfL Osnabrück stolpern die Teams auf den vorderen Plätzen mehr und mehr herum, zeigen kaum noch souveräne Leistungen. Deshalb dürfen selbst Mannschaften mit mittelmäßiger Saisonbilanz plötzlich wieder Hoffnung schöpfen. Ein Überblick.
KSC besiegt selbst die Kellerkinder nicht mehr
Mit einem Punkt im Gepäck kehrte der Karlsruher SC von seiner durchaus unangenehmen Auswärtsmission bei den Sportfreunden Lotte zurück. Wie sich am Sonntag herausstellen sollte, genügte das sogar, um den zweiten Platz mit drei Zählern Vorsprung zu verteidigen. Alles im Lot beim KSC? Die Fans sahen das gewaltig anders und bedachten die Mannschaft von Trainer Alois Schwartz in den sozialen Medien und Foren mit vielen kritischen Kommentaren. "Wir holen einen Punkt? Blanker Hohn! Wir verlieren zwei Punkte", heißt es etwa, oder "Unverschämt, auf diesen Punkt noch stolz zu sein." Oder: "Hilfe, wir könnten aufsteigen. Zeit, um es doch noch zu verkacken." Die haben Probleme, dürfte sich manch anderer Drittligist im Abstiegskampf dabei denken.
Doch die Sorgen der Anhängerschaft kommen nicht nur im Fall des Karlsruher SC sehr wohl begründet daher. Denn von der Herbstserie, als die Mannschaft aus dem Wildpark 18 Tore in sechs Partien schoss und sechs Siege aneinanderreihte, ist der Mitfavorit auf den Aufstieg weit entfernt – mittlerweile tut er sich sogar schwer, auch nur ein einziges Mal ins gegnerische Tor zu treffen. Vor dem 0:0 in Lotte ging Karlsruhe fünfmal in Folge mit 0:1 in Rückstand, nur eines der Spiele wurde danach noch gewonnen. Es ist ein Rückschritt auf das Niveau des Saisonstarts – und die Gegner der vergangenen Wochen waren längst keine Aufstiegskandidaten, sondern fast durchweg Kellerkinder, maximal Mittelfeldteams. Aber warum belegt der KSC noch einen Aufstiegsplatz? Weil fast alle anderen Anwärter ebenso ihre Probleme haben.
Uerdingen in der Rückrunde noch sieglos
Beim KFC Uerdingen etwa ging zum Jahresbeginn überhaupt gar nichts mehr, zwischenzeitlich reagierte das blanke Chaos. Auch die Bilanz liest sich niederschmetternd: Keines der sechs Rückrundenspiele konnte gewonnen werden, zwei Pünktchen stehen in dieser Zeitperiode zu Buche. Dazu kommen fünf selbst erzielte, aber satte 14 Gegentore und als Folge dessen ein negatives Torverhältnis – eines Aufstiegskandidaten ist das eigentlich nicht würdig. Beim jüngsten 0:0 gegen Preußen Münster zeigten die Krefelder immerhin einige vielversprechende Ansätze, die Ergebniskrise aber setzt sich vor dem direkten Duell mit dem Vierten aus Halle fort. Der Durchmarsch aus der fünften Liga in die 2. Bundesliga ist unwahrscheinlicher geworden, wenngleich Präsident Mikhail Ponomarev weiterhin davon überzeugt ist.
Apropos Halle: Der Hallesche FC zog sich bis zuletzt gut aus der Affäre, er nimmt überhaupt eher die Außenseiterrolle im Rennen um die vordersten drei Plätze ein. Die 0:2-Pleite in Osnabrück bedeutete die erste Niederlage als auch die ersten Gegentore der Rückrunde, allerdings hat der HFC auch erst drei Tore in jenen sechs Spielen der zweiten Saisonhälfte geschossen – eine dürftige Bilanz.
Die SpVgg Unterhaching, die mit nur einer Saisonniederlage aus der Winterpause kam, meldet ihre Ambitionen zuletzt gerade gar komplett ab: Auf zwei Spielabsagen folgten drei Niederlagen am Stück, Haching hat noch nicht einen Punkt im Jahr 2019 geholt. Und könnte, so verrückt ist die Konstellation, mit zwei Siegen aus seinen Nachholspielen doch wieder zum dritten Rang aufschließen! Den belegt der SV Wehen Wiesbaden, der sich die Schwächen der anderen zuletzt in Form von fünf Siegen in Folge zu Nutze gemacht hatte, jetzt aber selbst mit der 0:2-Heimpleite gegen Würzburg Federn ließ.
VfL-Aufstieg rückt näher
Größter Profiteur der geschlossen schwächelnden Konkurrenz ist der Ligaprimus selbst. Der VfL Osnabrück thront 13 Spieltage vor dem Saisonende mit bereits neun Punkten Vorsprung vor dem dritten Platz an der Spitze, nach dem 2:0 über Verfolger Hallescher FC ist die mehr als reelle Aufstiegschance, die mittlerweile zum wahrscheinlichen Szenario geworden ist, nicht mehr wegzudiskutieren. Kaum zu glauben, aber wahr: In jenem Jahr, das in der 3. Liga als stärkstes aller Zeiten tituliert worden war, schafft es der Vorjahres-Siebzehnte – damals haarscharf dem Abstieg entronnen – aller Voraussicht nach, sämtlichen großen Namen und noch größeren Ansprüchen der Konkurrenz zu trotzen und nach dann acht Jahren den Weg zurück in die Zweitklassigkeit zu finden. Sollte sich die Formschwäche der übrigen Klubs fortsetzen, rückt der Aufstieg für die Lila-Weißen jedenfalls von Woche zu Woche näher.
Aber auch die Verfolger der Verfolger dürfen Hoffnung schöpfen. Für Würzburg, Münster, Rostock, Lautern, 1860 München und auch den SV Meppen, wenn dieser seine Mega-Form beibehält, ist mit einer Siegesserie noch der Kontakt zu den Spitzenplätzen möglich. Allerdings überzeugte aus diesem Kollektiv zuletzt neben dem SVM allenfalls noch Würzburg mit gewisser Konstanz, zuletzt dem überraschen Sieg beim SV Wehen Wiesbaden. Von dem FWK sollte jeder aus der Vergangenheit gelernt haben, ihn nicht abzuschreiben: 2016 gelang ihm in der Rückserie der Sprung vom Platz 9 auf Platz 3 – und schließlich der Aufstieg in die 2. Bundesliga.