Saisonprognose #3: Viktoria, Haching, Lautern, Mannheim
Wir schreiben Anfang September – so spät dran waren wir noch nie. Höchste Zeit für den Saisonstart! 20 Vereine haben die Vorbereitung fast hinter sich, alle sind durch die Corona-Pandemie eingeschränkt. Manche mehr, andere weniger. Wer ist Favorit auf den Aufstieg, wer muss aufpassen? In fünf Serienteilen blicken wir ausführlich auf die Klubs. Im dritten Abschnitt stellen wir euch die Mittelfeldmannschaften des Vorjahres vor.
Auf Platz 12 kam der Aufsteiger in seiner ersten Drittliga-Saison ins Ziel, jetzt hat er offenbar Großes vor. Es kommt nicht von ungefähr, dass gleich sieben Trainer in unserer jährlichen Umfrage Viktoria Köln als Aufstiegsfavoriten nennen. Was ist die Ursache, wie gut sind die Chancen der Rheinländer? Wir schauen drauf.
Wie lief die Vorsaison? Die Erwartungen dürften vollumfänglich erfüllt worden sein. Denn Spiele mit Viktoria-Beteiligung waren fast immer spektakulär: 136 Tore fielen in 38 Partien, auf so viele kam sonst nur der FC Bayern München II. Die ganze Wahrheit war ein wenig anders: In der "Expected-Goals-Tabelle" etwa, in der jede Torchance mit dem historischen Wert multipliziert wird, dass aus der entsprechenden Schussposition auch ein Tor entstand, lag Viktoria nach der Saison 2019/20 auf Rang 18. Statt der 65 erzielten Treffer hätte Viktoria aus seinen Torchancen im historischen Durchschnitt nur etwa 45 Tore erzielt. Das zeugt von einigen Traumtoren, aber auch einer enormen Chanceneffizienz – die will man am Rhein gerne beibehalten.
Was ist neu, was bleibt bestehen? Die Transfers der Kölner ließen aufhorchen. Jüngst etwa kam Timmy Thiele aus Kaiserslautern für eine Ablösesumme im sechsstelligen Bereich. Davor angelte sich Viktoria den langjährigen Bundesliga-Profi Marcel Risse vom großen Stadtrivalen, in Sebastian Mielitz und Maximilian Rossmann Profis aus den höchsten Ligen Dänemarks und den Niederlanden. Jeremias Lorch, Rene Klingenburg und Lucas Cueto runden die gute Transferpolitik ab, die auch darin begründet ist, dass Viktoria von der Corona-Pandemie allein durch die geringen Zuschauerzahlen und treue Sponsoren weniger betroffen ist als andere Klubs. Weh taten allenfalls die Abgänge von Jonas Carls (Schalke 04, Leihende) und Eigengewächs Hamza Saghiri (Mannheim), die aber bereits kompensiert worden sind.
Welches Potenzial hat der Verein? Viktoria Köln hat vollumfänglich das Potenzial zum Geheimfavoriten. Denn sie haben nebst guten Spielern und einer brandgefährlichen, höchst erfahrenen Offensive um Albert Bunjaku und Mike Wunderlich auch in Pavel Dotchev einen Kenner der 3. Liga an der Seitenlinie.
Prognose: Platz 3 bis 7
Wieder verlief die Rückrunde schwach, wieder wurde aus dem Verfolger Unterhaching eine Mannschaft im grauen Mittelfeld. Dem eigenen sportlichen Ehrgeiz widersprechen diese Platzierungen zunehmend, der börsennotierte Klub aus Bayern forciert die Rückkehr in die zweite Liga. Mit Arie van Lent soll ein neuer Trainer den Durchbruch bringen.
Wie lief die Vorsaison? Schon 2018/19 verspielte die Spielvereinigung ihre exzellente Ausgangsposition mit einer grauenhaften Rückserie. Ein Jahr darauf wurde der Hinrunden-Vierte erneut durchgereicht, holte in der zweiten Saisonhälfte dreizehn Punkte weniger und verabschiedete sich nach der Wiederaufnahme des Spielgeschehens im Juni schnell aus dem Aufstiegsgeschehen. Präsident Manfred Schwabl strebt nach mehr Erfolg und hat dafür mit dem langjährigen Trainer Claus Schromm ein neues Konzept erarbeitet: Schromm ist seit Sommer sportlicher Leiter, Ex-Gladbach-Stürmer Arie van Lent übernimmt den Trainerposten. Für ihn es nach den Stationen in Ahlen (2010/11) und Kickers Offenbach (2011 bis 2013) der dritte Klub auf nationaler Ebene.
Was ist neu, was bleibt bestehen? Große Namen hat die SpVgg bislang noch nicht verpflichtet, bis auf Innenverteidiger Alexander Winkler (geht zu Kaiserslautern) allerdings auch noch keinen Leistungsträger verloren. Kurzum: Eingespielter als Unterhaching dürfte zum Saisonstart kaum ein anderer Drittligist sein. Gegenwärtig verfügt man zudem über einen der größten Kader der Liga. Allerdings wissen die Oberbayern durch die Kooperation mit Regionalligist TSV Rosenheim eine Lösung im Hinterkopf, Spieler ohne realistische Kaderchancen rasch verleihen zu können. Eine Hiobsbotschaft ereilte Haching allerdings kürzlich durch den Kreuzbandriss von Kapitän Josef Welzmüller.
Welches Potenzial hat der Verein? Unterhaching würde gerne mal wieder zweitklassig spielen. Bislang deutet sich aber nicht an, dass der große Wurf in der kommenden Saison gelingen kann.
Prognose: Platz 8 bis 13
Ins dritte Jahr 3. Liga geht der FCK. Immer im Wissen, dass er dort überhaupt nicht hingehört. Nach turbulenten Monaten im sportlichen wie außersportlichen Bereich verschafft ausgerechnet die Insolvenz, die während der Corona-Krise ohne Punktabzug bleibt, nun Hoffnung. Mit Blick auf eine baldige Sanierung könnte es doch auch sportlich bergauf gehen. Oder?
Wie lief die Vorsaison? Am Ende stand solides Mittelmaß und Platz 10, in der Endabrechnung sah die Spielzeit folglich fast etwas langweilig aus – weit weg von Gut und Böse. Nun: Es gab auch ganz andere Episoden. In unliebsamer Erinnerung blieb etwa die vernichtende 1:6-Niederlage in Meppen vor fast genau einem Jahr, die damals Sascha Hildmann den Job kostete. Auch Nachfolger Boris Schommers war rasch angezählt, als viele fatale Defensivpatzer im Herbst zu Niederlagen führten. Der Pokalerfolg über Nürnberg, das Erreichen das Achtelfinals brachte neuen Schwung und eine Siegesserie. Doch auch Anfang 2020 rutschten die Roten Teufel kurzzeitig in die Krise, ehe das Saisonende halbwegs versöhnlich war. Was für ein wilder Ritt!
Was ist neu, was bleibt bestehen? Der Aderlass war in der Pfalz ein gewaltiger. In Florian Pick, Christian Kühlwetter und Lennart Grill haben die drei besten Spieler den Verein verlassen – immerhin darf sich Lautern über insgesamt mindestens drei Millionen Euro Ablöse freuen. Dazu gingen weitere Spieler wie Timmy Thiele oder Gino Fechner. In Marvin Pourie, Adam Hlousek und Tim Rieder präsentierte man auf dem Betzenberg allerdings auch schon einige schlagkräftige Nachfolger. Insgesamt erscheint der Kader quantitativ trotz vieler Nachwuchsspieler fast noch überbesetzt.
Welches Potenzial hat der Verein? Im erweiterten Favoritenkreis wird der FCK zwar immer wieder genannt. Tatsächlich aber müssen alle Neuverpflichtungen – auch die, die vielleicht bis Anfang Oktober noch kommen – erst beweisen, dass sie den Stellenwert der Abgänge einnehmen können. Gelingt das, und schlagen auch die weiteren anvisierten Neuzugänge für die Offensive ein, könnten die Roten Teufel aber durchaus ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden.
Prognose: Platz 3 bis 10
Aufstiegseuphorie adé: Beim SVW blicken die Fans durchaus etwas besorgt in Richtung zweiter Saison in der 3. Liga. Zuletzt reichte das Geld nicht, um Leistungsträger weiter an sich zu binden. Ist es überhaupt realistisch, dass Waldhof im kommenden Jahr wieder um die vorderen Plätze mitspielen kann?
Wie lief die Vorsaison? Zwischenzeitlich sprengte Mannheim alle Erwartungen, ging als Zweiter in die Corona-Pause. Und versuchte vieles, um die Saison nicht zu Ende spielen zu müssen und so womöglich vorzeitig aufzusteigen. Der Plan ging nicht auf, Waldhof stattdessen aber im Endspurt die Puste aus und rutschte noch auf den neunten Rang ab. Dennoch durfte sich der Aufsteiger über ein hervorragendes erstes Jahr in dieser Spielklasse freuen – wenn nicht der eng gesteckte Etat bereits seine Schatten vorausgeworfen hätte.
Was ist neu, was bleibt bestehen? Valmir Sulejmani, Maurice Deville, Gianluca Korte, Michael Schultz, Kevin Conrad: Fünf Säulen des eigenen Spiels haben die Buwe ziehen lassen müssen. In Verteidiger Jesper Verlaat, Mittelfeldspieler Hamza Saghiri von Köln und Ex-BVB-II-Kapitän Joseph Boyamba kamen drei, denen man solche Rollen ebenfalls auf Anhieb zutrauen kann. Viele andere Neue müssen ihre Tauglichkeit erst unter Beweis stellen, vier von ihnen kommen von den beiden Absteigern aus Chemnitz und Großaspach. Das ist eben die Regalhöhe, in der sich Waldhof derzeit bedienen kann.
Welches Potenzial hat der Verein? Noch ist der Kader nicht einmal komplett. Klar scheint aber: Waldhof Mannheim hat an Qualität verloren. Für den Klassenerhalt sollte es dennoch reichen.
Prognose: Platz 10 bis 14
Weitere Teile:
Saisonprognose #1: Verl, Türkgücü, Lübeck, Saarbrücken
Saisonprognose #2: Zwickau, Halle, Magdeburg, Uerdingen