Saisonfazit Lotte: Über den Kampf zum Klassenerhalt

Eine kuriose wie denkwürdige erste Drittliga-Saison der Sportfreunde Lotte wurde schlussendlich auf dem zwölften Platz beendet. Was haben die SFL für Höhen, aber auch Tiefen erlebt! Unter dem Strich steht ein Jahr, an das sich viele Anhänger zurückerinnern werden. Liga3-online blickt im Rahmen eines Saisonfazits auf Stärken und Schwächen, abschließend wagen wir eine Prognose für das nächste Jahr.

Das lief gut:

Wir haben keine Wahl, als diese Auflistung mit dem DFB-Pokal zu beginnen. Was lieferten die Sportfreunde Lotte dort für Sternstunden, brachten die 3. Liga in alle Welt! Natürlich hatten sie auch das Glück des Tüchtigen, einige namhafte Gegner in schweren Zeiten zu erwischen: Werder Bremen verpatzte unter Viktor Skripnik den Saisonstart, Bayer Leverkusen entwickelte sich unter Roger Schmidt mehr zurück als voran und 1860 München – zu diesem Verein ist auch ohne Umschreibung alles gesagt. Endstation war erst gegen Borussia Dortmund, doch selbst gegen den BVB lieferte Lotte einen vorbildlichen Kampf. So geht ein Außenseiter den Pokal an!
Des Weiteren ist die Hinrunde zu nennen, in der Lotte immerhin 28 Zähler sammelte, auch der Start in die Rückrunde gelang. Erst mit zahlreichen Englischen Wochen verlor Lotte Kraft, bewegte sich zunehmend auf dem Zahnfleisch und streute eine gewaltige Schwächeperiode ein. Zuvor war allerdings für einen Aufsteiger bereits grandios gepunktet worden, sodass der Klassenerhalt nie ernsthaft in Gefahr geriet.

Das lief schlecht:

Nennen wir es lieber unglücklich – schlecht wäre ob der bescheidenen Erwartungen, mit der die SF Lotte in ihr Abenteuer Profifußball gegangen sind, schlichtweg nicht angemessen. Denn bis in den Februar hinein lief doch alles wie am Schnürchen: Lotte spielte phasenweise in der Spitze der 3. Liga mit, nicht wenige hatten die Elf von Trainer Ismail Atalan als Geheimkandidaten für den Durchmarsch auf dem Zettel. Dann aber spielte das Wetter nicht mehr mit, es folgte viel Regen, teilweise sogar Schnee. Zu viel für den Rasen, der seit Jahrzehnten nicht ausgetauscht werden war, diverse Partien wurden abgesagt. Das ärgerte die Konkurrenz, aber natürlich auch Lotte selbst: Jedem war klar, was für ein Pflichtspiel-Marathon im Frühjahr anstehen würde. Diesen verkraftete der knapp besetzte Kader nicht gut, teils mussten angeschlagene Spieler auf die Zähne beißen. Das Resultat war ernüchternd, zwischenzeitlich blieb Lotte sieben Spiele ohne einen Torerfolg. Kaum ein Drittligist hatte im Mai den Urlaub so sehr herbeigesehnt wie die SFL – ein derartiges Terminchaos würden alle Beteiligten künftig gerne vermeiden.

So schlugen sich die Neuzugänge:

Im Sommer hielten die Sportfreunde große Teile ihres Aufstiegskaders zusammen und verstärkten sich mit sieben Transfers nur punktuell – im Winter kamen zwei weitere Spieler hinzu. Zum vielleicht wichtigsten Transfer wurde jemand, der bei diversen anderen Klubs schon abgeschrieben war: Jaroslaw Lindner, der auf den Flügelpositionen für viel Belebung sorgte und seine späte Verpflichtung mit neun Torbeteiligungen rechtfertigte. Linksverteidiger Philipp Steinhart und Stürmer Saliou Sané (ab Winter) überzeugten phasenweise, aber noch nicht restlos. Die Torhüter Yannick Zummack und David Buchholz hatten sich in der Rangordnung klar und deutlich Stammkeeper Benedikt Fernandez unterzuordnen. Tobias Haitz verletzte sich kurz nach seiner Verpflichtung im Januar und kann nicht bewertet werden. Dennis Engel, Patrick Schikowski und Marcel Kaffenberger wussten ihre Chancen nicht zu nutzen und werden den Verein verlassen.

Der beste Spieler: Gerrit Nauber

Kevin Freiberger, André Dej, Gerrit Nauber und Benedikt Fernandez: In jedem Mannschaftsteil nominierte Lotte einen Akteur für den Titel des besten Spielers – die alles in allem konstanteste Leistung lieferte jedoch Abwehrrecke Gerrit Nauber ab, der zudem als Kapitän für Ordnung sorgte. Seine meist tadellosen Defensivauftritte krönte der 25-Jährige mit fünf teils wichtigen Treffern. Bitter für die Sportfreunde: Sein persönlicher Aufstieg zum künftigen Zweitligisten MSV Duisburg ist bereits beschlossene Sache, er wird den SFL bitter fehlen. Die 2. Bundesliga hat sich Nauber selbst dank überzeugender Leistung wiederum einfach nur verdient.

Die Enttäuschung: Nico Granatowski

Nico Granatowski war der große Gewinner der Regionalliga-Aufstiegssaison 2015/16, als er sich zunächst in die Startelf fuchste und in den Relegationsspielen gegen Waldhof Mannheim mit einem eminent wichtigen Treffer zum Lotter Helden wurde. Wer hätte damals gedacht, dass er danach ein Seuchenjahr erwischen würde? Alles begann mit einem Knöchelbruch in der Vorbereitung, der ihn bis in den Oktober hinein außer Gefecht setzte. Erst zum Ende der Hinrunde begann der zweite Anlauf von Granatowski so wirklich, seinen Stempel konnte er den SFL aber nicht mehr aufdrücken. Das traurige Finale: Granatowski verlässt den Verein im Sommer – und wechselt zum SV Meppen. Still, heimlich und leise geht der Aufstiegsheld.

Das Fazit:

Die Sportfreunde Lotte können zufrieden auf ihre erste Saison auf nationaler Ebene zurückblicken – obgleich sie sich nicht überall Freunde gemacht haben. Manche Gegner beschwerten sich über ein ruppiges Spiel, andere vermuteten, dass Lotte aus den eigenen Spielabsagen Vorteile generieren wolle. Über solche Anschuldigungen konnte Trainer Ismail Atalan nur lachen. „Was hat uns das für Vorteile gebracht? Fast alle Spieler waren dank der Englischen Wochen einfach nur platt“, klagte der 37-Jährige nach dem Saisonende. Und doch fuhren fast alle Spieler glücklich in den Urlaub – sie waren viele Drittliga- und einige unvergessene Pokalmomente reicher.

Die Prognose:

Aktuell befinden sich die Sportfreunde Lotte ähnlich weit wie im letzten Jahr: Sie besitzen erst eine Handvoll Spieler unter Vertrag, weitere Unterschriften sollen so bald wie möglich folgen. Auch Ismail Atalan muss noch die Tinte auf das Arbeitspapier setzen – er steht wie kein anderer für den Aufschwung im Tecklenburger Land. Gelingt es Lotte, weitere Leistungsträger zu halten und sich (auch mit den Pokaleinnahmen in Millionenhöhe) punktuell zu verstärken, steht einer ruhigen Saison im Mittelfeld nichts im Wege. Nach oben wie unten erscheint bei der „Wundertüte“ der Liga fast alles möglich.

   

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