Saisonfazit Erfurt: Mit einem blauen Auge davongekommen

Mit 44 Punkten und einem Torverhältnis von 44:58 (-14) belegte der Verein aus der Thüringer Landeshauptstadt nach 38 Spieltagen den 13. Tabellenplatz und spielte somit die schlechteste Saison seiner fünfjährigen Drittligageschichte. Im Folgenden schaut sich liga3-online.de die Saison von Rot-Weiß Erfurt genauer an.

Das lief gut

 Defensivleistung in der Rückrunde

Nach einer Saison, wie sie die Anhänger von RWE sahen, fällt es schwer gute Aspekte hervorzuheben. Eine Mannschaftsleistung, welche letztendlich ausschlaggebend für den Klassenerhalt war, ist die Defensive, die sich in der Rückrunde deutlich stabilisierte. Standen nach der Hinrunde noch 34 Gegentreffer zu Buche (schlechteste Defensive zu diesem Zeitpunkt), kassierten die Männer von Trainer Alois Schwartz ab dem 20. Spieltag nur 24. Lediglich bei den Partien in Dortmund und zuhause gegen Darmstadt, in denen man jeweils vier Gegentreffer hinnehmen musste, erinnerte das Defensivauftreten der Mannschaft wieder an die Zeiten der Saison, in der das Abstiegsgespenst in Erfurt sehr präsent war. 

Die Moral

Auch die Moral der Spieler um Kapitän Nils Pfingsten-Reddig soll erwähnt werden. Nach Rückstand erkämpfte das Team noch neun Zähler, darunter auch ein 2:1-Heimsieg nach 0:1 gegen den damaligen Tabellenführer VfL Osnabrück. Allgemein fiel auf, dass man sich, je weiter die Saison voranschritt, nicht mehr so "abschießen" ließ, wie es noch in der Hinrunde der Fall war. Nur zwei Begegnungen wurden mit mehr als einem Tor Unterschied verloren, während es in der ersten Halbserie noch sieben Duelle waren.

Auswärtsbilanz

Für eine Mannschaft, die erst zwei Spieltage vor Schluss die Klasse sichern konnte, war die Auswärtsbilanz sehr beachtlich. Von 19 Gastspielen verließen die Schützlinge von Schwartz nur neun als Verlierer und konnten deren fünf gewinnen. Vor allem zum Ende der Saison entdeckten die Spieler die Lust an Auswärtsspielen und verloren nur eines der letzten fünf. Gepaart mit gleichzeitigen Heimsiegen gegen Aachen und Unterhaching legte man somit den Grundstein für den letztendlichen Klassenerhalt.

Das lief nicht gut

Die Offensivleistung

44 Tore in 38 Spielen bedeuten Platz elf in dieser Statistik. Klingt soweit nicht dramatisch. Doch der Blick auf die Entstehung dieser Treffer zeigt, dass 20 Tore nach ruhenden Bällen (Elfmeter, Ecken, Freistöße) fielen und die Erfurter in der Vorwärtsbewegung zu berechenbar und harmlos waren. Auch die Stürmer Tunjic (fünf Treffer in 36 Spielen) und Aykut Öztürk (drei Tore in 29 Spielen) ließen vor dem Tor die notwendige Kaltschnäuzigkeit vermissen und blieben hinter ihren Erwartungen zurück.

Heimauftritte

Ungewohnt oft verließen die Zuschauer, von denen das Erfurter Steigerwaldstadion erneut weniger zu vermelden hatte als im Vorjahr, das weite Rund nach Heimspielen der Blumenstädter. Nur sechs Siege aus 19 Spielen sind zu wenig und bedeuten in der Heimtabelle Rang 17 mit 24 Punkten. Auffällig war, dass die Erfurter große Probleme hatten, das Spiel zu machen. Vor allem gegen vermeintlich "leichte" Gegner musste man oft die Punkte teilen oder ging als Verlierer vom Platz.

Bester Spieler

In einer nicht sonderlich auffälligen Mannschaft konnte Kapitän Nils Pfingsten-Reddig hervorstechen. Gerade in der Rückrunde wurde dem Betrachter klar, weshalb er die Binde trägt. Er leistete in der Defensive viel Arbeit und ordnete das Spiel des Teams. Außerdem war er "Mister Zuverlässig" wenn es darum ging, Bälle vom Elfmeterpunkt aus zu verwandeln. Bei 10 Versuchen ging er neun Mal als Sieger aus dem Duell gegen den Torhüter der gegnerischen Mannschaft. Zumeist waren es wichtige, spielentscheidende Szenen, in denen er einen kühlen Kopf bewahrte. Auch seine Künste beim Freistoß kamen den Rot-Weißen am Ende der Saison zugute, als er gegen die Stuttgarter Kickers, den Chemnitzer FC und Alemannia Aachen direkt verwandelte und seine Männer auf die Siegerstraße brachte.

Schwächster Spieler

Den einen schwächsten Spieler der Erfurter zu bestimmen ist nicht möglich. Gemessen an seinen Fähigkeiten und den an ihn gestellten Forderungen verlief die Saison von  Dominick Drexler eher enttäuschend. Zwischen Spieltag acht und 22 erzielte er vier Tore und bereitete acht vor. Ein starker Wert. Doch danach kam vom 23-Jährigen nicht mehr viel. Verletzungen und Trainingsrückstände brachten Schwartz dazu, ihn allmählich aus der Startformation zu nehmen. Nach der Winterpause kam Drexler auf nur 383 Spielminuten und fand nicht mehr in seinen Spielrhythmus. Zu oft verdribbelte er sich in den gegnerischen Reihen und hatte nicht mehr den Stellenwert auf dem Platz, wie noch vor einiger Zeit.

Saisonhighlight

Als Highlight kann neben dem 5:0-Kantersieg am achten Spieltag gegen Borussia Dortmund II und dem 2:1-Heimerfolg gegen den VfL Osnabrück sicherlich die Serie von sechs ungeschlagenen Spielen am Stück angesehen werden. Nach 12 Zählern aus diesen Partien, gekrönt vom "Last-Minute"-Sieg gegen den Halleschen FC in der 22. Runde, konnte man etwas beruhigter in die Winterpause gehen und die Welt sah in Erfurt ein wenig besser aus, als dies noch zu Beginn der Saison der Fall war.

Saisontiefpunkt

Den Tiefpunkt der Spielzeit 2012/2013 stellt ganz klar der Beginn der Saison dar. Mit nur einem mageren Punkt aus sechs Partien lag man auf dem letzten Platz der Tabelle und hatte ein Torverhältnis von 1:13. Nach den beiden fünften Plätzen der Vorjahre war dies für die Erfurter-Fan-Seele ein Schock. Vor allem die Art und Weise der Niederlagen schmerzten die Klub-Verantwortlichen und so trennte man sich nach einer 0:2-Heimniederlage gegen den späteren Aufsteiger Arminia Bielefeld von Trainer Stefan Emmerling.

 Transfers

Vor Saisonbeginn setzte man vermehrt auf die eigene Jugend und holte mit Möhwald, Klewin, Göbel, Baumgarten und Ahrens gleich fünf Nachwuchsspieler aus der U19 in den Profikader. Gezielt wurde der Kader mit Möckel (Dresden), Czichos (Wolfsburg II), Öztürk (Sandhausen), Tunjic (Unterhaching) und Strangl (Greuther Fürth II) verstärkt. Ein kleines Highlight stellte sicherlich die Verpflichtung von Mario Fillinger (FSV Frankfurt) dar, der mit einer Empfehlung von 12 Bundesliga- und zwei Champions-League-Spielen an den Steigerwald kam. Seine von Verletzungen geprägte Karriere setzte sich leider auch in Erfurt fort, sodass er insgesamt auf nur 286 Minuten in Liga drei kommt.

Der notorisch klamme Verein verpflichtete im Winter mit dem Dänen Morten Nielsen einen Spieler, der die zu harmlose Offensive der Rot-Weißen beleben sollte. Er konnte die in ihn gesteckten Hoffnungen allerdings nur teilweise erfüllen. In acht Einsätzen erzielte er einen Treffer und konnte ein weiteres Tor vorbereiten. Mit Manuel Salz holte der Klub darüber hinaus noch einen weiteren Ersatztorwart. Dafür verließen den Verein in der Wintertransferperiode mit Igor Jovanovic, Mahmut Temür, Bernd Rauw und Keeper Marcus Rickert gleich vier Akteure, deren Abgang nicht ins Gewicht fiel. Mit Klewin hat man einen jungen Torhüter in den eigenen Reihen der Stammtorhüter Sponsel souverän vertreten kann.

Die Trainer

Wie bereits angesprochen musste Stefan Emmerling früh in der Saison seinen Posten räumen. Ihm folgte Interimstrainer Christian Preußer, ehe Alois Schwartz das Ruder in Erfurt übernahm. Ihm bot sich eine verunsicherte Mannschaft, die tief im Abstiegskampf steckte, diesen aber nicht annahm. Doch Schwartz gelang es, aus den Spielern im Trainingslager im Oktober des vergangenen Jahres wieder eine Einheit zu formen. Anschließend fing sich das Team und schien begriffen zu haben, in welch einer prekären Situation sich der Verein befand. Doch die Freude an dem 46-Jährigen währte nicht lange. Seine Wege führen ab der kommenden Saison zu Zweitligaabsteiger SV Sandhausen.   

 Fazit

Nach der bestenfalls durchwachsenen Spielzeit stellt sich die Frage nach "echten Kerlen" im Kader der Mannschaft. Zu oft wurde der letzte Wille und die Hingabe für den Verein und die Fans vermisst. Gekrönt wurde die verkorkste Saison durch die peinliche  Niederlage im Landespokal-Finale gegen einen Sechstligisten. Somit steht man erneut nicht im DFB-Pokal und braucht Geld, welches dem Verein nicht zur Verfügung steht.

Ausblick

Wie jedes Jahr muss sich die Führungsetage von vielen Spielern und auch Leistungsträgern verabschieden. Mit Drexler und Morabit verlassen zwei Spieler den Verein Richtung zweite Bundesliga. Mit Oumari, Kopilas, Ströhl und Salz verlassen vier Akteure den Verein, deren Verträge nicht verlängert wurden. Nur Jens Möckel besitzt einen Kontrakt bis 2016. Nun gilt es, um ihn herum eine funktionierende Defensive aufzustellen. Lediglich die Zukunft von Verteidiger Phil Ofosu-Ayeh ist noch offen. Ob sein 2013 auslaufender Vertrag verlängert wird ist ungewiss. Der Rest, der im Kader befindlichen Spieler, hat einen Vertrag bis nächsten Sommer oder im Falle von Möhwald, Baumgarten, Engelhardt und Klewin einen bis 2015. Kapitän Pfingsten-Reddig hat Angebote anderer Vereine vorliegen, soll seinen Vertrag bis nächsten Sommer aber erfüllen. Doch aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Vereins scheint es nicht abwegig, dass man ihn für eine angemessene Ablösesumme verkauft.

Es ist anzunehmen, dass der FC Rot-Weiß Erfurt auch in der kommenden Saison einzig und allein gegen den Abstieg spielen wird, sollten die Neuzugänge nicht sofort einschlagen und die Qualität des Kaders deutlich erhöhen.

FOTO: Cello Klettermaxe / fototifosi.de

   
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