Reportage: Warum die 3. Liga vor einer ungewissen Zukunft steht

Die erst im Jahr 2008 neu ins Leben gerufene 3. Liga bewirkt in diesen Tagen kontroverse Diskussionen in der bundesweiten Fußballwelt. Engelbert Kupka, ehemaliger Präsident der SpVgg Unterhaching, macht in einem Interview mit dem Sport-Nachrichtensender "Sky Sport News HD" ein Mal mehr die aktuelle Problematik deutlich: "Die 3. Liga ist eine Profiliga, wird aber wie eine Amateurliga behandelt. Das ist in der Zukunft nicht mehr hinnehmbar und finanzierbar. Man sollte sich beim DFB überlegen, was man tun kann, um dieses Kind, das man in die Welt gesetzt hat, auch mit den nötigen Unterhaltszahlungen zu versorgen." Weitergehend stellt er klare Forderungen auf: "Wir brauchen eine Grundfinanzierung. Wenn ein Verein die vom DFB geforderte Finanzierung für die Erhaltung der Lizenz nicht zustande bringt, wird er noch zu Strafzahlungen verurteilt. Das ist, als wenn man einem Unterernährten mit Essensentzug bestraft." liga3-online.de erklärt, warum die 3. Liga vor einer ungewissen Zukunft steht.

„Die Dritte Liga wird ausbeutet"

„Die Dritte Liga wird ausbeutet. Sie wurde vom DFB einst als Premium-Kind geboren, da mache ich den Vorwurf, dass man danach die lebenswichtigen Unterhaltskosten verweigert. Man kümmert sich nicht um dieses Kind! Ich habe oft das Gefühl, wir sind fast lästig“, fand der 73-Jährige bereits im Sommer harte Worte in Richtung DFB. Vor allem beim lieben Thema Geld ist der Macher des Münchener Vorortvereins regelrecht erzürnt, denn die Einnahmen und Ausgaben stehen in einem ungünstigen Missverhältnis zueinander, so einer der wichtigsten Kritikpunkte. Um dieses Problem effizient zu beseitigen, drückt er gegenüber dem “Merkur” seinen Wunsch aus, „dass jeder Verein in der Dritten Liga statt wie bisher 700.000 Euro 1,4 Millionen pro Saison bekommt. Das Geld könnte man aus dem DFB-Pokal holen. Schauen Sie: 36 Profivereine bekommen aufgrund ihrer eigenen Vermarktung pro Saison 600 Millionen, wir 20 Drittligisten aber nur 14 Millionen durch die Vermarktung des DFB. Wir haben 600.000 Euro Pflichtausgaben – bei 700.000 Euro Einnahmen. So treibe ich die Dritte Liga in die Hände von Investoren.“

Intensive Gedanken um mögliches Finanzierungsmodell

An diesen Aussagen erkennt man schnell, dass sich Kupka wirklich intensiv Gedanken um ein mögliches Finanzierungsmodell gemacht hat. Ihm liegt diese Spielklasse besonders am Herzen, denn er möchte nicht nur engstirnig an die Vereinsinteressen der Hachinger denken. Vielmehr haben ihn die massiven Finanzprobleme seines „Herzensvereins“ dazu bewogen, mit dieser Intensität die vorhandenen Missstände anzuprangern, gleichzeitig aber auch Lösungsvorschläge für die gesamte Liga anzubieten. Deshalb kann man auch seine drastischen Worte verstehen, die er hinsichtlich der offensichtlichen Finanzprobleme der Drittliga-Vereine angewandt hat. So fordert er auch eine eigene Vermarktung dieser Spielklasse, denn die Vereine sind „mittendrin im Desaster. Es wird vieles kaschiert, manche verkaufen etwa ihre Rasenheizungen, das muss man sich mal vorstellen. In der Politik gibt’s wenigstens Hartz 4, hier nichts. Die Dritte Liga liegt auf der Intensivstation”, sagte Kupka, der die Missstände schon des Öfteren benannt hatte…“

„3.Liga setzt international Maßstäbe“

Aufmerksam hat man von Seiten des DFB diesen Hilfeschrei aus München verfolgt. Der größte Sportfachverband der Welt hat seinerseits sich ebenfalls sehr intensiv mit diesen Kritikpunkten befasst und hält dagegen, kann die Vorwürfe des ehemaligen CSU-Politikers überhaupt nicht verstehen, wenn etwa DFB-Direktor Ulf Schott gegenüber der Nachrichtenagentur “dpa” erklärt: „Unsere 3. Liga setzt im internationalen Vergleich Maßstäbe, das gilt auch für die Ausschüttung von TV-Geldern.“ Der Fachmann für das neue Premiumprodukt des DFB wird konkret: „Das ist eine Einzelmeinung, die sich ganz leicht widerlegen lässt und die einen völlig falschen Eindruck vermittelt. Unser Zulassungsverfahren zeigt eine stabile wirtschaftliche Lage. Die 3. Liga ist seit ihrer Einführung mit rund doppelt so hohem TV-Geld ausgestattet worden wie die alte Regionalliga. Die originären Kosten der Liga, etwa Schiedsrichter- und Reisekosten, machen hierbei nur einen geringen Anteil aus. Der Großteil der Ausgaben wird in Spielergehälter investiert.“ Damit nimmt er einen direkten Bezug zu der Kritik von Kupka, der die ungleichmäßige Verteilung der Fernsehgelder als einen Kritikpunkt genannt hat.

„Dauerhaftes Überleben in 3.Liga unmöglich“

In diesen Tagen scheint es auf einen Kampf zwischen dem DFB und den Drittliga-Vereinen hinauszulaufen, die ein Bündnis zu bilden scheinen, um eine sichtbare Verbesserung herbeizuführen. So denkt etwa mit Wolfgang Gräf der Geschäftsführer des SV Wehen Wiesbaden ähnlich wie Kupka, wenn er den Haching-Boss unterstützt: „Ich kann seinen Unmut sehr gut nachvollziehen, denn wirtschaftlich ist das Überleben in der 3. Liga auf Dauer unmöglich.“ Auch seine Forderung ist eindringlich, wenn er sagt: „Es muss schnell etwas passieren, sonst steuern wir in der 3. Liga auf ein finanzielles Horrorszenario zu.“ In den vergangenen Jahren hat der SV Babelsberg 03 nur ganz knapp die Insolvenz abwenden können. Deshalb spielen auch seine Emotionen eine gewichtige Rolle, wie der Babelsberger Brüggemann gegenüber der “dpa” zu erklären versucht: „Vom wirtschaftlichen Aspekt ist die 3. Liga eine Geldverbrennungsliga, weil die Vereine professionelle Strukturen und Bedingungen schaffen sollen und erfüllen müssen, aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht voll ausschöpfen können.“

Sportlich gleichwertig mit der 2.Bundesliga

Marcus Uhlig, der als Geschäftsführer von Arminia Bielefeld tätig ist, ist nahezu prädestiniert dafür, einen Vergleich zwischen der 2.Bundesliga und der 3. Liga zu ziehen. Immerhin ist der ehemalige Bundesligist aus Bielefeld erst im Jahr 2011 aus dem angeblich so „gelobten Land“ der Zweiten Bundesliga entstiegen. Deshalb haben Uhligs Worte eine gewisse Bedeutung, wenn er sagt: „Sportlich ist die Dritte Liga sicherlich nicht viel schlechter als die Zweite Liga. Und auch die Anforderungen des Umfeldes, des Verbandes, der Sponsoren sind quasi die gleichen. Die Kosten sind zudem in der 3. Liga nicht gravierend anders als in der 2. Liga. Auf der anderen Seite beträgt der Ertrag aus TV-Vermarktung nur etwa 1/6 im Vergleich zur 2. Liga“, so die Erklärung des 41-Jährigen gegenüber der “dpa”.

Zu viel Stolz und verletzte Eitelkeiten

Jede Partei bringt plausibel ihre stichhaltigen Argumente. Man muss beide Seiten verstehen können. Vielleicht sollte Kompromissbereitschaft demonstriert werden, da bekanntlich das perfekte Zusammenspiel zwischen Einnahmen und Ausgaben ein Balanceakt ist, der den einen oder anderen Verein auch zum Stürzen bringen kann. Verletzter Stolz und persönliche Eitelkeiten bringen die beiden auseinanderdividierten Parteien bisher zu keinem praktikablen Konsens. Schlott nennt das Thema Planungssicherheit, welche durch das Verhandlungsgeschick der DFB-Verantwortlichen nun existiert. Nicht unfrei von Stolz erklärt der umtriebige DFB-Mann: „Die derzeit erzielten 12,8 Millionen Euro – die übrigens für die nächsten vier Jahre garantiert sind – sind ein sehr, sehr guter Abschluss, wenn man den Marktwert der 3. Liga realistisch betrachtet. Der DFB hat bei den Verhandlungen die Möglichkeiten im Rahmen des TV-Marktes bestmöglich ausgeschöpft und im Interesse der Vereine diesen erfolgreichen Abschluss realisiert.“

Steigerung der Einnahmen

Die vielfach durch die Vereine geäußerte Kritik wurde vom DFB absolut ernst genommen und hinsichtlich der Inhalte und Optimierung genauestens überprüft. So gibt der Verband auf der eigenen Homepage einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Bereiche. In der abgelaufenen Saison haben die Drittligisten durchschnittlich 5,7 Millionen Euro erwirtschaften können, während in der zweigleisigen Regionalliga in der Spielzeit 2007/08 4,1 Millionen pro Verein herausgesprungen sind. Durch die zahlreichen Traditionsvereine kann in Zukunft mit einer beträchtlichen Steigerung der Umsätze gerechnet werden. Neun Vereine konnten mit einem positiven Ergebnis nach der Vorsaison abschließen. Dies ist eine bemerkenswerte Steigerung gegenüber zu den Vorjahren. Es hängt sehr stark vom Finanzgeschick der jeweiligen Vereine ab, wie die Bilanz letztlich aussieht.

Beliebter als andere Ballsportarten

Während im finanziellen Bereich die Meinungen auseinandergehen, ist die Thematik „bundesweite Bekanntheit“ absolut positiv zu bewerten, da die 3.Liga hinsichtlich Faszination und Bekanntheit deutlich vor der Handball-, Eishockey- und Basketball-Bundesliga rangiert. Zusammen mit dem DFB-Partner ARD waren für dieses höchsterfreuliche Ergebnis auch die insgesamt 33 Sender zuständig, die Spiele aus der 3.Liga übertragen haben. Die Gesamt-Reichweite bei 2329 Sendungen liegt bei 483 Millionen Zuschauern.

FOTOS: Flohre Fotografie

   
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