Stadien, Finanzen, Fans: DFB beschließt Maßnahmen-Paket

Vor einem Jahr eingesetzt, hatte die Task Force "Wirtschaftliche Stabilität 3. Liga" Ende September ihren Abschlussbericht vorgelegt und Empfehlungen formuliert. Daraus hat das DFB-Präsidium am Freitag nun ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen. Unter anderem wird bereits ab der kommenden Saison die Mindestkapazität für Stadien reduziert. 

Mindestens 5.000 statt 10.000 Plätze

Bislang galt: Ein Stadion muss mindestens 10.001 Plätze aufweisen, um als Spielort in der 3. Liga zugelassen zu sein. Ab der Saison 2022/23 wird die Mindestkapazität nun auf 5.001 Zuschauer reduziert, "um Klubs an kleineren Standorten beziehungsweise mit einem geringeren Fanpotenzial eine sinnvolle Reduzierung der Infrastrukturkosten sowie eine nachhaltigere Nutzung, beispielsweise bei einem Wiederabstieg in die Regionalliga, zu ermöglichen", heißt es im Beschlusstext. Konkret heißt das: Der SC Verl, der seine Heimspiele derzeit in Lotte austrägt, kann ab der kommenden Saison – bei entsprechenden Umbaumaßnahmen, die nun eingeleitet werden sollen – wieder in der heimischen Sportclub-Arena (5.153 Plätze) spielen – sofern die Ostwestfalen den Klassenerhalt schaffen.

Mit der Reduzierung der Mindestkapazität haben Task Force, Ausschuss 3. Liga und DFB-Präsidium den größten Kritikpunkt der vergangenen Jahre an den bisherigen Zulassungsvoraussetzungen aufgegriffen. Unverändert bleiben derweil die Mindestanzahl an Sitzplätzen (2.000) und das vorgeschriebene Ticketkontingent für Gästefans: Auch bei einer Kapazität von weniger als 10.000 Zuschauern müssen mindestens 1.000 Karten für die Auswärtsfans zur Verfügung stehen. Die Festlegung auf 5.000 Plätze folgt derweil gesetzlichen Vorgaben für Veranstaltungen. Dass die Regelung nicht mit sofortiger Wirkung eintritt, hängt damit zusammen, dass das Zulassungsverfahren immer für eine komplette Saison gilt.

Eigenkapitalauflage deutlich verschärft

Um die Klubs zu mehr wirtschaftlicher Verantwortung zu bewegen, werden derweil die Vorgaben zur Eigenkapitalauflage deutlich verschärft. Ab der Saison 2023/24 hat ein negatives Eigenkapital die Auflage zur Folge, dass sich das Eigenkapital jährlich um fünf Prozent verbessern muss. Bei Zweitliga-Absteigern darf es sich nicht weiter verschlechtern. Klubs mit positivem Eigenkapital müssen dieses erhalten. Verstößt ein Klub gegen die Auflage, "kann abhängig von der Höhe direkt ein Punktabzug von bis zu drei Zählern verhängt werden". Bisher war dies frühestens im dritten Jahr möglich, vorher waren ausschließlich Geldstrafen vorgesehen. Der Grund für die verschärfte Maßnahme: "In der Vergangenheit bekamen die betroffenen Klubs erst dann die Kurve, wenn harte Sanktionen drohten", so Manuel Hartmann, DFB-Abteilungsleiter Spielbetrieb Ligen und Wettbewerbe. Zum Vergleich: Zum Stichtag 31. Dezember 2019 wiesen sieben von 19 Klubs (ohne Bayern II) ein negatives Eigenkapital aus.

Ebenfalls zur Saison 2023/24 wird das Financial Fairplay modifiziert, firmiert dann unter den Begriffen "Planqualität" und "korrigiertes Saisonergebnis" und wird als Auflage in das Zulassungsverfahren integriert. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich nicht mehr um ein reines Belohnungssystem, künftig haben Verstöße Sanktionen zur Folge. Die als Folge einer nicht eingehaltenen Auflage fälligen Geldstrafen fließen dann in den Belobigungstopf für die anderen Klubs.

Der Topf umfasst ab 23/24 einen Grundstock von einer Million Euro – und damit 450.000 Euro mehr als bislang. Die Garantiesumme speist sich nach DFB-Angaben aus der Vermarktung der Relegationsspiele zwischen 3. Liga und 2. Bundesliga. Die möglichen Strafzahlungen gegen Klubs, welche die Auflage nicht einhalten, werden dem Topf ebenfalls zugeführt. "Damit greifen zukünftig einerseits spürbare Konsequenzen bei Nichteinhaltung der wirtschaftlichen Vorgaben zur Erzielung eines positiven Saisonergebnisses, gleichzeitig wird der finanzielle Anreiz zum positiven wirtschaftlichen Handeln für die Drittligisten deutlich verstärkt."

Professionalisierung der Infrastruktur

Darüber hinaus umfasst das beschlossene Maßnahmenpaket eine weitere Professionalisierung im infrastrukturellen Bereich. Konkret erhöhen sich die Anforderungen an das Flutlicht (1.000 statt 800 Lux), zudem sind Kamerapositionen künftig präziser geregelt.

Ähnliches gilt für die Pflichtvorgabe zur Rasenheizung. Hier bleibt es zwar bei der Möglichkeit für Aufsteiger, eine Ausnahmeregelung für das erste Jahr der Drittliga-Zugehörigkeit zu erhalten. Voraussetzung ist in diesem Fall allerdings ein drittligataugliches Ausweichstadion mit Rasenheizung oder Überdachung des Spielfeldbereiches. Wenn weder Rasenheizung noch ein entsprechendes Ausweichstadion nachgewiesen werden können, würde der betreffende Klub im Falle einer Zulassung 25 Prozent weniger Erlöse aus der zentralen TV-Vermarktung für die entsprechende Saison erhalten. Diese Regelung greift bereits zur kommenden Spielzeit. Eine Reduzierung in Höhe von 25 Prozent der TV-Gelder erfolgt auch, falls Klubs beim Flutlicht im Hinblick auf die geforderte Lux-Zahl im ersten Jahr nach dem Aufstieg eine Ausnahmegenehmigung in Anspruch nehmen.

Reduziert werden dafür die Mindestkapazitäten für Pressekonferenzraum (40 auf 25 Plätze) und Mixed Zone (30 auf 20 Plätze). Empfohlen wird darüber hinaus, dass mindestens ein Prozent der Plätze im Stadion barrierefrei sind und Positionen für Sehbehinderte vorgesehen sind. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine feste Verpflichtung.

Eingleisige Struktur bestätigt

Zwingend vorgeschrieben ist ab der kommenden Spielzeit für die 20 Klubs dagegen mindestens dreimal pro Saison einen offenen und offiziellen Fandialog durchzuführen. Ebenfalls verbindlich für jeden Klub ist zudem die Benennung eines hauptamtlichen Fanbeauftragten.

Noch nicht endgültig beraten wurde über eine von der Task Fork angeregte Aufstockung des Nachwuchsfördertopfes, der momentan 2,95 Millionen Euro umfasst. Dieses Thema soll ab Frühjahr 2022 nach dem DFB-Bundestag (11. März) vertieft werden. Vorgesehen ist, im Rahmen des Projekts Zukunft innerhalb einer Arbeitsgruppe die grundsätzliche Rolle der 3. Liga im Kontext der Spitzennachwuchsförderung zu erörtern. Zudem wurde beschlossen, die U23-Regel qualitativ zu überprüfen.

Die eingleisige Struktur der 3. Liga wurde unterdessen "eindeutig befürwortet", wie der DFB wissen ließ. "Die Task Force sieht für die dritte Spielklassenebene keine Alternative im aktuell bestehenden Ligensystem, die eine belegbare Verbesserung der wirtschaftlichen Stabilität der 3. Liga zur Folge hätte."

Frymuth "sehr zufrieden"

DFB-Vizepräsident Peter Frymuth sprach von einem "ersten Schritt" und zeigte sich mit dem Arbeitsprozess und den Ergebnissen der Task Force "sehr zufrieden". Die Gruppe habe "dank ihrer Zusammensetzung und des Engagements aller Beteiligten die Liga ganzheitlich und intensiv beleuchtet". Es sei zum Teil kontrovers, aber immer konstruktiv gewesen."

Für Tom Eilers, Vorsitzender des Ausschusses 3. Liga, war es derweil wichtig, "dass die Struktur der 3. Liga in Zukunft nicht wieder in Frage gestellt wird". Dies sei "alternativlos". Ziel sei es gewesen, Vermarktungspotenziale zu stärken, mögliche Kosteneinsparungen zu identifizieren und eine verbesserte wirtschaftliche Stabilisierung zu erreichen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir damit eine weitere Professionalisierung der 3. Liga ermöglichen und eine Grundlage geschaffen haben, auf der sich die Liga weiterentwickelt." Oliver Manthey, Vertreter der Fanorganisation "Unsere Kurve" in der Task Force und Mitglied im Fangremium des MSV Duisburg, fordert derweil eine verbands- und ligenübergreifende Task Force, "die zeitgemäße Lösungen für strukturelle Probleme im Fußball erarbeitet".

Die Task Force "Wirtschaftliche Stabilität 3. Liga" ist damit abgeschlossen. "Themenfelder, die über das Wirken der Task Force hinaus reichen, sind identifiziert und sollen in Arbeitsgruppen weiterbehandelt werden. Dazu zählen unter anderem eine mögliche Modifizierung der Qualifikationskriterien in der 3. Liga für den DFB-Pokal sowie die Behandlung von zweiten Mannschaften", ließ der Verband wissen.

Die Empfehlungen der Task Force:

Empfehlungen_TaskForce

 

Das ist die Task Force:

  • DFB-Vertreter: Dr. Friedrich Curtius (Generalsekretär), Dr. Stephan Osnabrügge (Schatzmeister), Peter Frymuth (DFB-Vizepräsident Spielbetrieb und Fußballentwicklung), Dr. Holger Blask (Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der DFB GmbH), Oliver Bierhoff (Direktor Nationalmannschaften und Akademie)
  • Vertreter der Regional- und Landesverbände: Dr. Rainer Koch (1. DFB-Vizepräsident)
  • DFL-Vertreter: Peter Peters (1. Stellvertretender Präsidiumssprecher), Steffen Schneekloth (KSV Holstein Kiel)
  • Klub-Vertreter: Dr. Markus Merk (1. FC Kaiserslautern), Manfred Schwabl (SpVgg Unterhaching), Christian Seiffert (1. FC Saarbrücken), Frank Strüver (KFC Uerdingen)
  • Regionalliga-Vertreter: Markus Uhlig (Rot-Weiss Essen)
  • Fan-Vertreter: Oliver Manthey (MSV Duisburg, Unsere Kurve), Stephanie Dilba (TSV 1860 München, Netzwerk Frauen im Fußball)
  • Spieler-Vertreter: Erik Domaschke (SV Meppen), Sören Bertram (VfL Osnabrück)
  • Externer Experte: Steffen Busch (ehemaliger Leiter strategisches Marketing der DFL)
  • Vertreter der Politik: Dr. Markus Kerber (Staatssekretär im Bundesministerium des Innern)
  • Vertreter der TV-Partner: Henning Stiegenroth (Telekom Deutschland)
  • Ausschuss-Vertreter: Tom Eilers (SV Darmstadt 98)
  • Ständige Gäste: Heike Ulrich, Manuel Hartmann (DFB-Abteilungsleiter Spielbetrieb), Jens Futterknecht (DFB-Teamleiter Zulassungsverfahren)

   
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