MSV Duisburg: Fan-Crash als Initialzündung?

Vier Spiele liegen noch zwischen dem MSV Duisburg und dem Aufstieg in die 2. Bundesliga. Dass trotz sechs Punkten Vorsprung in einer verrückten Spielzeit noch alles passieren kann, zeigt insbesondere die erste Halbzeit aus der Partie gegen den FSV Frankfurt. Zwar konnten die Zebras das Match noch drehen, aber so richtig zufrieden war am Ende kein Duisburger. Zu angespannt ist das Verhältnis zwischen Fans und Mannschaft derzeit, obwohl sie alle im Prinzip dasselbe wollen – den Erfolg. Ein Kommentar.

Sehnsucht nach Erfolg

Der gewöhnliche Fan des MSV Duisburg ist an und für sich von Natur aus kritisch. Das gilt es gar nicht abzustreiten. Anders ist es gar nicht zu erklären, dass ein Tabellenführer im heimischen Stadion ständig mit den Pfiffen des eigenen Publikums zu kämpfen hat. Das hat selbstverständlich auch seine Gründe, denn aus Jux und Tollerei fangen die Zuschauer nicht mit höhnischen Gesängen gegen ihre Mannschaft an. Um die Komplexität der Kluft zwischen dem Anhang und den Spielern zu verstehen, muss das Zebra von hinten aufgerollt werden – im wahrsten Sinne des Wortes. Seit dem Lizenzentzug vor inzwischen fast vier Spielzeiten geht beim MSV Duisburg tagein, tagaus die Angst um, dass von jetzt auf gleich die klamme Geldbörse des Vereins nichts mehr hergibt. Prominente Beispiele gibt es genug, erst am heutigen Montag gaben zwei aktuelle Drittligaclubs wieder beunruhigende Wasserstandsmeldungen ab – vom insolventen FSV Frankfurt und dem VfR Aalen mal ganz abgesehen. Die finanziellen Aussichten zerren deshalb nicht nur an den Nerven der Verantwortlichen, sondern auch an denen der Spieler, der Fans und vermutlich auch der ganzen Stadt Duisburg. Überlebenswichtig ist daher der Aufstieg in die 2. Bundesliga – was vor zwei Jahren auch schon gelungen war und auch zur heutigen Unzufriedenheit beiträgt. Denn mit diesem Zweitliga-Jahr war man der finanziellen Gesundung des Vereins bereits einen Schritt näher gekommen, hat diesen Umstand aber durch den direkten Wiederabstieg natürlich verloren. Ein Rückschlag, für den große Teile der Fans heute immer noch den Verantwortlichen die Schuld geben. Die Entlassung von Aufstiegstrainer Gino Lettieri sei zu spät gekommen, das falsche Spielermaterial wurde eingekauft, besonders einzelne Positionen wie die von Ex-Torhüter Michael Ratajczak finden in Fan-Kreisen weiterhin ihren kritischen Anklang. Davon gilt es sich jetzt langsam aber sicher zu lösen, denn jedem MSV-Sympathisanten wird klar sein, dass es nur gemeinsam nach vorne geht.

Halbzeit zum Nachdenken

Verfehlungen wurden in der letzten Saison sicherlich getätigt, das ist unstrittig – ansonsten wären die Zebras nicht abgestiegen. Aber das gehört nun einmal zur Vergangenheit und muss abgehakt werden, wenngleich die Kritik nicht falsch oder unberechtigt ist. Vielleicht trifft sie sogar zu 100 Prozent zu. Sagen kann das allerdings niemand mit Gewissheit. Deswegen ist es umso wichtiger, den Blick nach vorne zu richten und der geht im Moment ganz klar Richtung direktem Wiederaufstieg. In den kommenden vier Partien gegen Aalen, Lotte, Köln und Zwickau müsste schon wirklich viel schiefgehen, dass die Zebras einen Sechs-Punkte-Vorsprung restlos verspielen und noch von den Aufstiegsrängen verdrängt werden. Das kleine Wörtchen "unmöglich" muss aus diesem Satz gestrichen werden, denn die erste Halbzeit gegen den FSV Frankfurt hätte vieles zunichte machen können. Nach einer katastrophalen Leistung lagen die Zebras nach 20 Minuten mit 0:2 gegen einen fast abgestiegenen Gegner zurück – kein Wunder, dass die Mannschaft bei dieser Konstellation den Unmut von den Rängen zu spüren bekommt. Das liegt vor allem auch daran, weil die Zebras trotz einer durchgehenden Tabellenführung seit dem neunten Spieltag nicht durchweg überzeugten. Immer wieder spielen in dieser Saison auch die fehlende Konstanz der Konkurrenten mit, sodass der MSV Duisburg am Ende wohl für seinen "Ergebnisfußball" belohnt wird. Wobei auch dieses Wort mit Vorsicht zu genießen ist, denn viele langweilig heruntergespielte 1:0- oder 2:0-Siege gab es auch nicht. Dafür zeigt die Mannschaft in Blau-Weiß – vor allem in der Rückrunde – einen überragenden Charakter und hat gegen den FSV Frankfurt bereits das fünfte Spiel nach Rückstand in einen Sieg gedreht.

Gleiches Ziel, unterschiedliche Linie

Eigentlich könnten doch alle also zufrieden sein, denn was will der treue Fan mehr, als eine leidenschaftliche Mannschaft, die bis zum Ende kämpft und selbst verlorene Spiele noch dreht? Genau, es sollte auch ab und zu mal hübsch aussehen. "Wir haben total versagt. Wir haben es komplett verpennt", lautete das ehrliche Fazit von Kapitän Branimir Bajic gegenüber der "WAZ" zur ersten Halbzeit und spricht damit den unzufriedenen Fans von der Seele. Die wollen nämlich auch mal spielerisch von ihrer Mannschaft überzeugt werden. Weil dies zum wiederholten Male im eigenen Stadion nahezu gar nicht funktioniert hatte, gab es zum Pausenrückstand auch höhnischen Beifall. Für eine Mannschaft, die kurz vor dem Wiederaufstieg steht. Der MSV kämpfte sich in die Partie zurück und drehte sie sogar dank dreier Treffer binnen acht Minuten – und siehe da, auch das Publikum war daran beteiligt, denn schon nach der Rückkehr aufs Feld wurden die Blau-Weißen wieder kräftig nach vorne gepeitscht. Trotzdem verweigerte die Mannschaft nach dem gedrehten Match den Gang in die Fan-Kurve, der Kapitän sprach von fehlender Feierlaune aufgrund der schlechten Leistung ihrerseits. Damit waren dann auch alle bedient, Fans unzufrieden, Spieler unzufrieden, alles doof. Stellt sich nun also die Frage, wie es weitergehen soll. Die Verantwortlichen des MSV Duisburgs haben bereits die Aussprache mit den eigenen Anhängern angekündigt. Ganz klar ist, dass beide Seiten doch dasselbe wollen – den gemeinsamen Erfolg. Vielleicht brauchte es sogar diesen großen Crash, bei dem sich jeder einmal richtig ausschimpfen konnte, um nun gemeinsam die Initiallösung zu finden. Am Ende ist es sowieso klar, dass es schön ist, ein MSV-Fan zu sein – denn wo kann man sich gleichzeitig so wunderbar aufregen und trotzdem erfolgreich sein? Vielleicht ja in Bayern.

   

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