Lotte und Osnabrück: So verschieden und doch vereint
Die Startphase der 3. Liga bringt aktuell zwei völlig verschiedene Erfolgsgeschichten hervor, die aber in gewisser Art und Weise doch sehr nah beieinanderliegen: Die Sportfreunde Lotte und der VfL Osnabrück mischen aktuell die Liga auf. Beim einen Klub überrascht es zumindest nicht völlig – beim anderen dafür umso mehr …
Von Spieler- und Trainerwechseln an der A 30
Es ist schon eine verrückte und auch langjährige Geschichte, die hinter den Beziehungen zwischen dem VfL Osnabrück und den Sportfreunden Lotte steckt. Obgleich die beiden Orte nur wenige Kilometer trennen, hatte sich nämlich zu keiner Zeit eine Art Rivalität herausgebildet: Stets ging ein großer Respekt des traditionsreichen VfL aus der Großstadt an den tapfer kämpfenden Dorfverein aus dem Umland und umgekehrt, nicht selten besuchen schließlich sogar Osnabrücker Anhänger nach Möglichkeit die Heimspiele der Elf vom Autobahnkreuz. Die Ausgangslage war und ist aber immer klar gewesen: Die „Großen“ aus Osnabrück stehen den „Kleinen“ aus Lotte gegenüber, phasenweise bedienten sich die Lila-Weißen sogar an dem Spielermaterial der SFL. Heute noch stehen mit Tobias Willers und Michael Hohnstedt zwei Akteure im VfL-Kader, die einst über Lotte und den nachbarschaftlichen Wechsel nach Osnabrück erst den Sprung in den Profifußball schafften.
Blick auf die Tabelle: Hauchzarter Vorsprung von Lotte
Streit der Vereine ist dagegen unüblich: Einmal gab es einen Zwist um den Trainerwechsel von Maik Walpurgis, der von einer „mündlichen Zusicherung“ Gebrauch machte, als er wie seine Spieler Hohnstedt und Willers nach Osnabrück wechseln wollte und diesen Wechsel auch durchsetzte. Heute aber pflegen die Klubs wieder ein rundum friedliches Miteinander – und stürmen damit aktuell sogar die Liga. Lotte als Spitzenreiter besitzt gerade einmal ein Tor mehr auf dem Konto als Osnabrück, die Führung des Underdogs ist hauchzart. Gerne nehmen die Lotter vorübergehend den Kampf mit den Niedersachsen auf, es macht schließlich Spaß, die Großen zu ärgern! Jeder Spieler und auch Trainer Ismail Atalan stellt aber auf Nachfrage sogleich klar: „Für uns geht es nur um Punkte für den Klassenerhalt.“ Falsche Ziele, Träumereien? Die gibt es am Autobahnkreuz nicht.
Vereine eint die Bescheidenheit
Und so verschieden die Strukturen im langjährigen Profiklub VfL Osnabrück und im aufstrebenden Lotte sein mögen, so ähnlich sind sie dann wiederum in der Herangehensweise. Auch VfL-Coach Joe Enochs ist eher ein Mann für das Understatement – auch wenn natürlich vor der großen Fanbasis an der Bremer Brücke nicht mit „Punkten für den Klassenerhalt“ ankommen kann. Der US-Amerikaner allerdings wird erst von Aufstiegsgedanken sprechen, wenn diese tabellarisch wirklich konkret werden sollten: Vor dem 30. Spieltag wäre das mit Sicherheit nicht der Fall. Findet die 3. Liga allerdings weder gegen das aggressive Mannschaftspressing von Lotte noch gegen das Allround-Paket VfL ein Mittel, so stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass beide Teams langfristig eine gute Rolle spielen können und sich gegenseitig darüber freuen. Nicht unwahrscheinlich, dass sich die Anhänger auch am kommenden Spieltag (Lotte gastiert beim Halleschen FC und der VfL Osnabrück beim Chemnitzer FC) insgeheim ein Stück weit gegenseitig die Daumen drücken – auch wenn sich letztendlich jeder Klub selbst am Nächsten steht.