"Lassen die Kirche im Dorf": Der SC Verl hat einen Lauf
Der 3:1-Auswärtssieg bei der SpVgg Bayreuth hat den SC Verl geradewegs in die obere Tabellenhälfte katapultiert. Dort stand der Sportclub zuletzt vor genau 400 Tagen, weswegen die Freude bei Cheftrainer Michél Kniat groß war. Zumal das Spiel in Bayreuth lange nicht so aussah, als würden die Ostwestfalen etwas Zählbares mitnehmen.
Kniat denkt nur an Klassenerhalt
Warum war der SC Verl am Sonntag zwei Tore besser als die SpVgg Bayreuth? Das war die Nachfrage am Mikrofon von "MagentaSport", bei der Michél Kniat mit den Schultern zuckte. "Um ehrlich zu sein, weiß ich das auch nicht", gestand der 36-Jährige ein. Kurz zuvor nahm Kapitän Mael Corboz das Megafon vor dem Gästeblock in die Hand, um mit den mitgereisten Verlern den vierten Sieg in den letzten sieben Spielen zu feiern. Noch dazu ist der Sportclub seit fünf Spielen ungeschlagen. Kniat blieb bescheiden: "Das war ein Spiel, das wir Unentschieden absolvieren oder sogar verlieren können. Wenn man so ein Kackspiel zieht, dann ist das umso wichtiger und erfreulicher."
Denn mit dem neuerlichen Erfolg ist der SC Verl exakt nach 400 Tagen auf einen einstelligen Tabellenplatz zurückgekehrt – zuletzt standen die Ostwestfalen nach dem 8. Spieltag der Saison 2021/22 dort. Damals gab es ebenfalls einen 3:1-Auswärtssieg in Zwickau. Für Kniat blieb der Tabellenplatz trotz großer Freude sekundär. "Wichtig ist, dass wir auf einem Platz sind, der reicht, um in der Liga zu bleiben", so der Coach. "Es ist einfach wichtig, dass wir nächstes Jahr wieder diese geile 3. Liga bestreiten können. Klar wollen wir so hoch wie möglich kommen, aber wir lassen immer die Kirche im Dorf." Nicht zu vergessen ist, dass der SCV für viele Beobachter der Spielklasse oftmals der erste Abstiegskandidat sind. Doch Verl hält einmal mehr dagegen.
"Bei mir ist einiges erlaubt, wenn…"
Mittlerweile spielen die Ostwestfalen nämlich ihr drittes Drittliga-Jahr – und haben sich mit der kleinen Erfolgsserie einen Puffer von vier Punkten zur Abstiegszone erspielt. Dabei gab es in den ersten fünf Spielen gerade einmal einen Punkt. Im Gegensatz zur Aufstiegssaison vor zwei Jahren, als Verl das Überraschungsteam der Liga stellte und in der Hinrunde zwischenzeitlich sogar von der Tabellenspitze grüßte, hat der Sportclub nun eine Entwicklung von ganz unten durchgemacht. Die Anerkennung gebührt Kniat, der wieder einmal eine enorme Fluktuation im Kader (20 Zugänge/25 Abgänge) koordiniert.
Womit fängt der 36-Jährige seine Mannschaft ein? Antworten auf diese Frage gab es vermutlich auf der langen Busfahrt nach Hause. "Bei mir ist einiges erlaubt, wenn wir gute Leistungen bringen", versprach Kniat mit einem Grinsen und deutete an, dass er angesichts des aktuellen Laufs auch für einen trainingsfreien Tag zu haben wäre. Gleichwohl mit dem Gedanken, dass die Rückfahrt auch anders hätte laufen können. "Wenn Bayreuth ein bisschen mehr Glück gehabt hätte, dann sieht es schlechter für uns hier aus", so Kniat in aller Bescheidenheit.