Kommentar: Hansa wirft Saison-Motto über Bord

Unter dem Slogan "Gemeinsam nach oben" wollte der F.C. Hansa Rostock in dieser Saison um den Aufstieg mitspielen, doch mit den Freistellungen von Trainer Pavel Dotchev und Sportvorstand Markus Thiele hat die Kogge dieses Motto bereits nach der Hälfte der Saison über Bord geworfen – und versinkt derzeit im Chaos. Ein Kommentar. 

Erdbeben erschüttert Saison-Motto

Nun also doch: Nachdem zu Wochenbeginn noch ein Abschied mit Saisonende im Raum stand, zog der F.C. Hansa Rostock am Donnerstag die Reißleine. Pavel Dotchev hatte erst am Mittwoch sein Sommer-Aus im Alleingang bestätigt – nun geht er doch schon im Januar. Sportvorstand Markus Thiele, der ironischerweise vor wenigen Tagen noch den Trainer über dessen Sommer-Abgang per Telefon informierte, muss ebenfalls seinen Hut nehmen. Vorstandsvorsitzender Robert Marien hatte sich zwar jüngst "verstimmt" über das Vorpreschen Dotchevs hinsichtlich der Bekanntgabe der Trennung gezeigt – mit einem Erdbeben dieser Größenordnung war allerdings nicht zu rechnen.

Die doppelte Trennung bedeutet nicht nur, dass Hansa Rostock vorerst ohne sportliche Leitung dasteht. Sie führt auch das aktuelle Saison-Motto der Kogge, "Gemeinsam nach oben", ad absurdum. Dabei geht es nicht einmal mehr um den "nach oben" Teil – den hatte Marien im Gespräch mit der "Ostsee-Zeitung" bei einem Rückstand von zehn Punkten bereits als "utopisch" abgestempelt. Nein, auch beim "gemeinsam" schwingt mittlerweile ein bitterer Nachgeschmack mit.

Denn das Motto sollte vom Grundsatz her nicht nur für eine Bindung zwischen Fans und Mannschaft stehen. Das Duo Thiele/Dotchev war ebenfalls Teil des "Gemeinsamen" – und fällt nun dem "nach oben" zum Opfer. Die offensive Formulierung der Aufstiegsambitionen als Saisonziel sollte die Euphorie ankurbeln. Angesichts der derzeitigen Situation wirkt das Motto allerdings unglücklich – der Aufstieg lässt sich letztlich nicht voraussetzen, und schon gar nicht erzwingen.

Eine weitere Baustelle

Das wird vor allem in der Rückrunde, aber auch in der kommenden Spielzeit gelten. Die Ruhe der letzten anderthalb Jahre wird durch den Wegbruch der erhofften Kontinuität auf eine harte Probe gestellt: Auf der Facebook-Seite von liga3-online.de äußern viele Hansa-Fans ihren Unmut über das aktuelle Beben im Verein. Das liegt nicht nur an den Sympathien der Fans, die Dotchev auch bei Kritikern der sportlichen Seite hatte. Auch auf der Wettberwerbsebene hatte der Trainer Argumente, selbst angesichts der mäßigen Ergebnisse in der Hinrunde. Kein Hansa-Trainer der letzten zehn Jahre erreichte wettbewerbsübergreifend einen ähnlich starken Punkteschnitt wie Pavel Dotchev mit 1,67 Punkten pro Spiel: Auf Platz 2 folgt Peter Vollmann, der zwischen 2010 und 2011 einen Schnitt von 1,56 Punkten aufwies. Dotchevs Nachfolger wird der 13. Trainer seit 2009 sein – Kontinuität sieht anders aus.

Die Frage ist, ob Hansa Rostock sich mit diesem nun doch umgehenden Abgang einen Gefallen getan hat. Da Thiele nun auch geht, werden auf den ersten Blick weder die Suche nach einem Nachfolger an der Seitenlinie, noch die Verhandlungen mit Spielern erleichtert. Im Gegenteil: Mit der Suche nach einem neuen Sportvorstand kommt nur eine weitere Baustelle dazu. Viele Fans hatten sich, als Dotchevs Abschied zum Sommer bekannt wurde, entweder einen Verbleib in der nächsten Saison oder einen sofortigen, sauberen Schnitt gewünscht. Der Schnitt kommt nun zwar sofort, kann angesichts der Umstände allerdings kaum noch als "sauber" gelten.

   
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