Kommentar: Die deutsche Titelflaute

4055. So viele Tage sind seit dem 23. Mai 2001 vergangen: Dem Tag, an dem der FC Bayern München die Champions League gewann. Und damit dem Tag, an dem letztmals ein Team aus Deutschland einen internationalen Titel gewinnen konnte. Die Liste der potentiellen Gelegenheiten, einen internationalen Triumph zu wiederholen, hat seitdem eine unheimliche Länge angenommen: Dortmund im UEFA-Cup Finale 2002, Leverkusen im Champions League-Finale 2002, Werder Bremen im UEFA-Cup Finale 2009, Bayern München im Champions League-Finale 2010 und 2012 und Deutschland in den Final- bzw. Halbfinalspielen 2002, 2006, 2008, 2010 und schließlich 2012. Neun verlorene Halbfinal- und sieben verlorene Finalspiele seit Beginn der Saison 2001/2002.

Der letzte deutsche Spieler, der einen Titel auf internationalem Parkett erreichte, war Didi Hamann im Liverpool im denkwürdigen Champions League-Finale 2005 gegen Milan; der letzte Trainer Otto Rehhagel mit den Griechen 2004. Die Titelflaute des deutschen Fußballs überdauert mittlerweile mehr als ein Jahrzehnt, und wird, wie wir seit gestern wissen, auch bei der Euro 2012 keine Belohnung für den Aufwind der vergangen Jahre finden.

 

Keine Garantie

 Lässt sich so einfach sagen, deutschen Mannschaften fehle das sogenannte „Sieger-Gen“? Gibt es wirklich die eine, pauschale Erklärung, warum es einfach nicht gelingen will, Titelauflistungen deutsche Briefköpfe mit Jahreszahlen größer als 2001 auszustatten? Ziemlich sicher: Nein, das würde jegliche Differenzierung vermissen lassen. Genauso wenig führen allerdings Durchhalteparolen á la „irgendwann sind wir auch dran“ zum Erfolg. Oder wie Philipp Lahm richtig feststelle: „Wir haben auch diesmal sehr hart gearbeitet. Und so werden wir auch weitermachen. Aber das ist keine Garantie dafür, dass wir jemals einen internationalen Titel holen werden.“

 

Die selbsterfüllende Prophezeiung?

Wenn sich die deutsche Titelflaute auch mit einem Potpourri aus Glück & Unglück, Kleinigkeiten, Detailfragen, fehlender Erfahrung und was-auch-immer-sonst-noch mehr oder weniger begründen ließe, besteht nun doch die Gefahr, dass sich das Scheitern kurz vorm ersehnten Ziel mittelfristig zur sich selbsterfüllenden Prophezeiung verwandelt. Dem Misslingen der Aufgabe aufgrund physischer Belastung, ausgelöst durch das Bewusstsein der eigenen Geschichte – man frage nach bei den Engländern und ihrer Unfähigkeit, im Elfmeterschießen zu gewinnen. Wobei dennoch gerade das englische Beispiel zeigt, dass es um die Zukunft des deutschen Fußballs nicht allzu schlecht stehen muss: Schließlich ging der FC Chelsea im Elfmeterschießen des jüngsten Champions League-Finales als Sieger hervor. Gegen eine der deutschen Mannschaft, die das Bewältigen des letzten Jahrzehnts noch erreichen müssen.

   

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