Kolumne: "Alemannia-Insolvenz wäre nicht notwendig gewesen"

Der ehemalige Bundesliga-Trainer Reinhard Stumpf nimmt in seiner neuen Drittliga-Kolumne für liga3-online.de die dritte Spielklasse genauer unter die Lupe und stellt dabei seine Sicht der Dinge dar. Heute beschäftigt er sich mit Alemannia Aachen.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich nach meinem ersten Lungenriss 1984 nach drei Monaten Verletzungspause  zum ersten Punktspiel in der 2. Liga nach Aachen reiste, eine Stadt und ein Verein mit so viel Tradition und Flair. Als ich das alte Tivoli Stadion betrat und die gelb schwarze Kulisse sah, wusste ich, warum und weshalb dieser Klub etwas besonderes ist, und seit dieser Zeit habe ich immer mit einem Auge nach Aachen geschielt.

Mit dem neuen Stadion, seit 2009 für ca. 50 Millionen Euro erbaut, eine prachtvolle Zukunft in Aussicht, kam die Ernüchterung auf leisen Sohlen. Der Abstieg aus der 2. Liga und die daraus entstandene Insolvenz wären sicherlich nicht notwendig gewesen, wenn alle ihre Hausaufgaben erledigt hätten.

Schneller Aufstieg als wichtigstes Ziel

Fragen über Fragen, warum und wieso? Wahrscheinlich können nur Insider beantworten was genau bis Dato passiert ist. Es ist schwer die Schuldigen zu finden, die diesen Klub in den Abgrund geführt haben. Trotzdem stelle ich mir die Frage, weshalb ein Verein, der aus der Zweitklassigkeit  mit 4,5 Millionen Euro Verbindlichkeiten absteigt, eine Drittligasaison planen kann, welche den Klub finanziell und sportlich wieder in die 2. Liga führen soll, um mit Fernsehgelder, Werbeeinnahmen und den erforderlichen Zuschauern dem Schuldenberg entgegen zu treten. Die 3. Liga ist wichtig als Unterbau für die beiden Bundesligen, aber es ist schwer für alle Teams in der 3. Division finanziell zu überleben, die meisten wollen und müssen schnellstmöglich aufsteigen.

liga3-online.de Kolumnist-Reinhard Stumpf

 Die falschen Personen sind im Amt!

Warum hole ich mir nach dem Abstieg einen unerfahrenen Manager, dem man einen unerfahrenen Trainer zur Seite stellt? Das Duo hatte einen Aderlass von 23 Spieler nach dem Abstieg zu verzeichnen, es wurden 19 neue Spieler verpflichtet, die das vermeintliche Ziel Aufstieg erreichen sollten. Nach zwei wenig erfolgreichen Monate haben die Verantwortlichen den ersten Schuldigen im unerfahrenen Trainer (der sein bestes gegeben hat und gehen musste) gefunden. Die Verantwortlichen, die solche Entscheidungen treffen, sind noch im Amt. Warum? Haben die Herren sich keine Gedanken gemacht über die richtige Besetzung des Amtes der sportlichen Führung? Der darauf folgende Trainerwechsel brachte nicht den erhofften sportlichen Umschwung, es wurden noch weniger Punkte eingefahren als mit dem alten Trainer! War es geplant? Oder wollte man nur Zeit gewinnen? Was war oder ist der Grund für solch einen Aktionismus? Nicht vorhandene Professionalität? Alemannia Aachen, eine Stadt und eine Region! Ein Dreigestirn, das zusammen gehört! Wirklich schade, dass ein Klub der soviel an Historie und Sympathie mitbringt, so einen Weg gehen muss. Ich wünsche mir, dass die Alemannia bald wieder dort ist wo sie hingehört: Im bezahlten Fußball.

 

Sportlich Grüße

Reinhard Stumpf

 

FOTO: Lennart Ebersbach

 

   

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