Ken Leemans: „Ich möchte endlich wieder Fußball spielen!“

Seine Verletzung sorgte am drittletzten Spieltag der Saison 2012/2013 für Fassungslosigkeit beim F.C. Hansa Rostock. Ein schlimmer Schien- und Wadenbeinbruch stoppte den Leistungsträger Ken Leemans und setzte den 30-Jährigen für Monate außer Gefecht. Nach sechsmonatiger Leidenszeit will der Belgier nun wieder angreifen. Vor zwei Wochen stand er erstmals wieder auf dem Trainingsplatz und will bestmöglich noch in diesem Jahr wieder für die Kogge auflaufen. Im Interview mit liga3-online.de berichtet Ken Leemans über Zukunftsängste und über seinen sehnlichsten Wunsch, endlich wieder Fußball spielen zu können.

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liga3-online.de: Sie haben im Alter von fünf Jahren mit dem Fußballspielen begonnen. War es damals sofort klar, dass Ihre Position im Mittelfeld zu finden ist?

Ken Leemans: Ich spielte von klein auf in der Abwehr. Irgendwann gab es akute Not im defensiven Mittelfeld. Dort habe ich mich ganz achtbar geschlagen und dabei blieb es dann auch.

Gab es damals noch andere Interessen oder Sportarten? 

Meine Mutter sagte, ich bin mit einem Ball am Fuß geboren worden. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass mich je ernsthaft andere Sportarten interessiert haben. Ich wollte immer Fußballspieler werden.

Unter Marc Fascher entwickelten Sie sich zum Leistungsträger in der Saison 2012/2013. Am drittletzten Spieltag folgte dann die schwere Verletzung gegen die Kickers aus Offenbach: der Bruch des rechten Schien- und Wadenbeins. Mitten im Abstiegskampf war die Saison für Sie somit beendet. War das bitter?

Das war für mich die größte Enttäuschung in meiner Karriere. Sportlich, da wir lange gegen den Abstieg kämpfen mussten. Persönlich, da ich mich so schwer verletzte.

Was denkt man in den Tagen nach der Verletzung? Spürt man eine Leere?

Es stellte sich die grundsätzliche Frage, ob ich überhaupt je wieder Leistungssport betreiben kann. An den eigentlichen Moment erinnere ich mich nicht und solange ich noch Fußball spiele, möchte ich die Szene auch nicht sehen wollen. Ich habe Angst, dass ich im Zweikampf an diese Situation denke und mich dann zurückhalte.

Ihre Stärken liegen auch ganz klar im Zweikampf. Kann man nach so einer Verletzung noch so aggressiv agieren wie damals oder ist man vorbelastet? Spielt der Kopf auch eine Rolle?

Ich habe noch nicht versucht, dies im Zweikampf herauszufinden. So weit bin ich noch nicht. Momentan beschäftige ich mich mit dem individuellen Training. Aber sollte sich diese Situation wieder ergeben, würde ich es wieder tun – vielleicht etwas überlegter ohne eine Verletzung zu riskieren. So ist einfach mein Spiel. Ich lebe vom Zweikampf.

Es folgte die lange Zeit der Reha.

Ja, die Fortschritte waren sehr gut, wenngleich es auch Rückschläge gab. Diese waren sehr enttäuschend. Seit etwa drei Woch en bin ich nun in der konditionellen Vorbereitung und trainiere auch erstmals wieder mit dem Ball. Ich möchte endlich wieder mit der Mannschaft trainieren.

Wie sah Ihr Tagesablauf mit der Verletzung aus?

Im Juni und Juli war ich in Holland und hatte dort kontinuierlich von morgens bis nachmittags meine Reha-Maßnahmen. Seit August bin ich wieder in Rostock und habe hier täglich meine individuellen Anwendungen und Übungen. Am schwierigsten war es mit dem Laufen. Drei Monate bin ich nicht mehr gelaufen und auf einmal sollte ich es wieder tun. Einerseits sah es sehr komisch aus, andererseits  tat es höllisch weh. Dies waren die Rückschläge, wo ich mir erstmals ernsthafte Gedanken machte. Aber meine Ärzte und Physiotherapeuten bestärkten mich und versicherten mir, dass auch dies zum normalen Heilungsprozess dazugehöre. Ich habe mich dann da durchgebissen und es lohnte sich.

Wie haben Sie die Spiele Ihres Teams während der Reha verfolgt?

Entweder im TV oder im Internet. Wir sind ja sehr gut in die neue Saison gestartet. Leider folgte dann eine Negativserie. Aber ich denke, das Team ist dadurch stärker zurückgekommen und gewachsen. Die vergangenen Spiele beweisen es.

Wie sehr leiden Sie mit dem Team, wenn Sie nicht eingreifen können?

Es ist das Schlimmste, im heimischen Stadion auf der Tribüne zum Zuschauen verbannt bin. Meine Hände schwitzen und am liebsten würde ich dann zu den Jungs hinunterlaufen und ihnen von meinen Erfahrungen erzählen. Einfach nur helfen. Auch deshalb möchte ich so schnell wie möglich fit werden – ich möchte wieder ein Teil der Mannschaft sein.

Mit Milorad Pekovic und Leonhard Haas haben sich zwei Spieler im defensiven Mittelfeld festgesetzt. Tommy Gruppe übt auch mächtig Druck aus. Wie sehen Sie Ihre Chancen auf einen Stammplatz im kommenden Jahr?

Ich möchte wieder 100% gesund und belastbar werden. Dies ist mein erstes Ziel. Dann schauen wir weiter. Die Mannschaft macht momentan einen guten Job. Das freut mich, denn wir sind ein Team, keine Einzelspieler. Wenn ich wieder völlig fit bin, dann kann mich der Trainer auch auf mehreren Positionen einsetzen.

Könnten Sie sich auch vorstellen auf der Position der Innen- oder Außenverteidigung zu spielen?

Ja natürlich. Wir haben einen kleinen Kader. Gerade bei Sperren oder Verletzungen wird irgendwann jeder Spieler seine Chance bekommen.

Wo steht der F.C. Hansa Rostock am Ende der Saison?

Wenn wir weiter so konstant spielen, dann kann noch vieles möglich sein. Die Abstände zwischen den einzelnen Teams sind bislang noch sehr gering. In der Rückrunde spielen wir gegen viele starke Teams vor unseren heimischen Fans. Das ist von Vorteil.

Wo spielt Ken Leemans in der kommenden Saison?

Ich bin ein treuer Spieler; keiner der den Verein jährlich wechselt. Mein Vertrag läuft bis Sommer 2014. Ich möchte solange wie möglich Fußball spielen. Und wenn Hansa bei mir anklopft, dann bin ich gerne bereit darüber zu reden. Das Umfeld und die Trainingsbedingungen in Rostock sind einfach optimal. Die Fans sind großartig. Das gibt es in Holland nicht.

In Belgien haben Sie das Fußballspielen erlernt, in Holland haben Sie lange gespielt und seit anderthalb Jahren befinden Sie sich in Rostock. Alle drei Fußballnationen haben sich für die WM 2014 in Brasilien qualifiziert. Für wen schlägt Ihr Herz?

(lacht) Das ist eine Steilvorlage, die ich nur einköpfen muss: Belgien!

Wer ist Ihr Favorit?

Brasilien.

Werden Sie in Brasilien auch live dabei sein?

Nein, ich werde die Spiele im TV verfolgen. Wobei das sicher auch für Konfliktpotential sorgen wird. Meine Frau stammt aus Holland. Ich wünsche mir, dass Belgien und Holland in eine Gruppe kommen. (lacht)

Wo feiern Sie Weihnachten?

Heiligabend sind wir bei meinen Eltern in Brüssel, über die Feiertage geht es dann nach Holland. Und dann folgt Silvester! Ich möchte 2013 so schnell wie möglich abhaken und vergessen. 2014 wird mein Jahr!

Drei spontane Fragen zum Schluss:

defensives Mittelfeld oder Innenverteidigung?

defensives Mittelfeld

Ostsee oder Nordsee?

Ostsee! Das Wasser ist klar und sauber und Warnemünde hat einen wunderschönen Strand.

Belgische Trüffel oder Warnemünder Hering?

Belgische Trüffel! (lacht) Ich habe gestern noch welche für Johan Plat (Teamkollege / Anm. d. Red.) besorgt.

Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin optimale und schnelle Genesung!

 

 

FOTO: Sebastian Ahrens / rostock-fotos.de 

   

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