Kallnik im Interview: "Euphorie nimmt immer noch weiter zu"

Mario Kallnik, Manager und Sportvorstand beim 1. FC Magdeburg spricht im Interview mit liga3-online.de über die außergewöhnliche Kulisse bei den Heimspielen, erklärt, warum die Euphorie um den Verein immer noch weiter zunimmt und führt aus, wie seine Ankündigung vor der Saison, Punkte bei Gewalt, ausgelöst durch die eigenen Fans, abschenken zu wollen, gemeint war. Zudem erläutert er die Kader- und Zukunftsplanungen des FCM.

[box type="info"]Hintergrund: Der 41-Jährige ist bereits seit 2001 im Verein: Zunächst als Spieler, seit 2012 als sportlicher Leiter und Sportvorstand. 2002, als der FCM in die Oberliga zwangsabsteigen musste, verließen alle Spieler den Verein. Nur Mario Kallnik blieb – bis heute. Ab Januar 2016 wird er zudem hauptamtlich als Geschäftsführer der Magdeburger tätig sein.[/box]

liga3-online.de: Hallo, Herr Kallnik! Ihr Job dürfte im Moment ein recht angenehmer sein, denn mit dem 1. FC Magdeburg belegen Sie aktuell den fünften Rang und haben aus 16 Spielen bereits 24 Punkte eingefahren. Der Saisonbeginn hätte kaum besser verlaufen können, oder?

Mario Kallnik: Wir sind momentan nicht unzufrieden, aber wissen natürlich gleichzeitig, wie eng diese Liga ist und wie schnell man abrutschen kann. Wir sind positiv angespannt und freuen uns auf die nächsten Begegnungen.

Über neue Saisonziele wird also nicht gesprochen?

Das Ziel bleibt, den Klassenerhalt zu sichern. Dazu brauchen wir 43 Punkte und davon sind wir noch weit weg.

Insbesondere die Heimspiele Ihrer Mannschaft stellen Woche für Woche besondere Highlights dar, denn die Fankultur in Magdeburg ist ausgeprägter denn je. Wie haben Sie das letzte Spiel gegen Münster erlebt?

Ich bin seit 15 Jahren in Magdeburg aktiv. Aber diese einzigartige Stimmung war das Beste, was wir hier bisher erleben durften. Über die Landesgrenzen hinaus wurden die Leute auf den FCM aufmerksam.

Wie ist die Begeisterung zu erklären und warum gelingt es ausgerechnet in Magdeburg, dass das ganze Stadion mitmacht?

Das ist ein langer Weg, der anfängt bei Dingen, die gemeinsam angepackt werden. Wir besprechen viel mit der aktiven Fanszene, die diesen Verein momentan wirklich nach vorne trägt. Wir können außerdem sagen: Wer hier ins Stadion kommt, ist einzig und allein ein Fan des FCM – egal wie verschieden man außerhalb der Fankultur ist. Selbst die VIP-Tribüne geht hier voll mit – das sieht man sonst in anderen Stadien nicht.

Dabei sah es beim 1. FCM zu tristen Regionalligazeiten noch ganz anders aus, als teilweise vor gut 3.000 Zuschauern gespielt wurde. Wie erklären Sie sich diesen enormen Zuschauerschub?

Die ganze Region hat den Aufstieg gebraucht. Überraschend ist: Normalerweise müsste die Euphorie irgendwann abebben, doch hier nimmt sie stetig zu. Dies stellt uns natürlich vor die Aufgabe, weiterhin für den sportlichen Erfolg zu sorgen, damit die Euphorie noch weiter steigt.

Inwiefern sind dann solche Vorfälle wie in Rostock oder auch gegen Wiesbaden Gift für das Image des Vereins? Konnten Sie bereits Täter ermitteln?

Da muss zwischen Pyrotechnik und Gewalt unterschieden werden, auch wenn beides zu verurteilen ist. Natürlich schadet Pyrotechnik dem Verein, daher appellieren wir stets daran, sich an die Regeln zu halten. Aber: Pyrotechnik schadet der Stimmung nicht, Gewalt schon.

Vor der Saison machte Ihre Ankündigung, bei Gewalt, ausgelöst durch die eigenen Fans im eigenen Stadion, möglicherweise die Punkte abschenken zu wollen.

Richtig, zu dieser Aussage bekenne ich mich weiterhin. Wenn dies im eigenen Stadion, für das wir komplett die Zuständigkeit besitzen, geschieht und eindeutig von Anhängern des FCM ausgeht, müssen wir darüber nachdenken. Damit nehmen wir uns dann auch als Verein in die Verantwortung.

Das heißt also, bei Gewalt in auswärtigen Stadien, ausgelöst auch durch FCM-Fans, trifft diese Regelung nicht zu.

Ja, denn woanders können wir diese Dinge nicht steuern. Wenn in Rostock der Gästeblock direkt neben der Heimkurve liegt, ist das natürlich einfach ein erhöhtes Risiko – aber das liegt nicht in unserer Verantwortung.

Die Fans sammeln derzeit Geld für die zu erwartende Strafe des DFB. Der richtige Weg aus Ihrer Sicht?

Das ist einerseits natürlich ein Zeichen, dass die Fans dem Verein nicht schaden wollen. Dennoch ist die Aktion an sich zu verurteilen, denn pyrotechnische Gegenstände sind nicht ohne Grund verboten und können für schwere Verbrennungen sorgen.

Blickt man zurück auf die aktuelle sportliche Situation und den jüngsten Heimsieg gegen Münster, hängt der Erfolg in Magdeburg ganz besonders von einer Person ab: Christian Beck, der Torjäger vom Dienst. Er knüpft an seine überragenden Leistungen der Regionalliga-Saison nahtlos an, doch sein Vertrag läuft am Ende der Spielzeit aus. Haben Sie mit dem Spieler schon erste Gespräche geführt?

Im Moment sind wir ziemlich optimistisch, dass Christian Beck bei uns verbleibt. So beinhaltet sein Vertrag eine Option auf Verlängerung bei Nichtabstieg um ein weiteres Jahr – da befinden wir uns auf einem guten Weg.

Wie sieht es bei Trainer Jens Härtel aus? Werden wir ihn über die Saison hinaus in Magdeburg sehen?

Auch er besitzt diese Option und wird beim Klassenerhalt eine Vertragsverlängerung erhalten.

Doch nicht nur er, sondern die ganze Mannschaft hat in der bisherigen Hinrunde überragende Leistungen gezeigt. Dadurch konnten unter anderem hohe Zuschauereinnahmen verbucht werden. Fließen diese ein Stück weit auch in die Verstärkung des Kaders in der Winterpause? Ihr Kader ist schließlich besonders in der Breite durch anhaltendes Verletzungspech meist nur dünn besetzt.

Finanziell stehen wir im Moment solide dar, das ist richtig. Aber Notkäufe werden wir nicht machen, zumal die Marktsituation im Winter bekanntermaßen schwierig ist. Falls sich eine echte Verstärkung anbietet, würden wir darüber jedoch sicher nachdenken. Es kann aber auch sein, dass wir keine neuen Spieler verpflichten.

Wird darüber nachgedacht, in der Winterpause einige Spieler – möglicherweise auf Leihbasis – abzugeben?

Nein, in diese Richtung gibt es bisher keine Überlegungen.

Wie schwer wiegt vor allem das anhaltende Verletzungspech von Lars Fuchs?

Er ist ein wichtiger Spieler, wie jeder andere im Kader. Ob Jan Löhmannsröben, Felix Schiller oder eben Fuchs. Jeder von diesen Spielern ist nur schwer zu ersetzen.

Wie sehen die Zukunftsplanungen beim 1. FC Magdeburg aus? Auf absehbare Zeit will man sich zunächst sicherlich in der 3. Liga etablieren. Doch muss mittelfristig nicht auch die 2. Bundesliga das Ziel sein?

Wir wollen uns stetig weiterentwickeln und stellen dabei kein bestimmtes Ziel in Form einer Liga in Aussicht.

Zum Abschluss noch eine Frage zum Stadion: Vielen Fans ist die große Pufferzone rechts und links neben dem Gästeblock ein Dorn im Auge. Wie sehen die Planungen bezüglich eines Umbaus aus?

Der Eigentümer sind nicht wir, sondern die Stadt respektive die Messe- und Veranstaltungsgesellschaft Magdeburg (MVGM). Im Winter sollte der Umbau eigentlich erfolgen, doch just an diesem Tag wurde bekannt, dass es wohl mindestens bis zum Ende dieser Spielzeit dauern wird, ehe die Pufferzonen verschwinden. Aber man muss ohnehin realistisch sein: Bis auf ein Spiel hätten wir das Stadion bisher ohnehin nicht ausgelastet.

 

 

 

   

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