Hollerbach im Interview: "Gegen uns spielt keiner gerne!"

Würzburg-Trainer Bernd Hollerbach spricht im Interview mit liga3-online.de über die bisher sensationelle Saison, das Erfolgsrezept der Kickers, den Knackpunkt der Saison und über die Zukunft des FWK. 

[box type="info"]Hintergrund: Hollerbach ist gebürtige Würzburger, war bereits als Spieler für die Franken aktiv und steht seit Juli 2014 an der Seitenlinie. Über die Aufstiegsrelegation führte er die Würzburger Kickers vor einem Jahr in die 3. Liga. Nun steht er mit seinem Heimatverein vor dem Durchmarsch in die 2. Bundesliga.[/box]

Hallo Herr Hollerbach. Sie haben als Aufsteiger sensationell den Sprung auf Platz drei geschafft. Plötzlich klopfen die Kickers ans Tor zur 2. Liga. Jetzt müssen Sie ja eigentlich nur noch die Tür durchschreiten…

Bernd Hollerbach: Trotz unserer starken Entwicklung in den letzten zwei Jahren sind wir in den anstehenden Relegationsspielen der klare Außenseiter. Da reicht ein Blick auf die Etats. Bei uns verschluckt davon am meisten unser Stadion. Aber ganz egal, wer letztlich der Gegner sein wird: Wir wollen wie immer so unangenehm wie möglich sein und unser Bestes geben. Wir haben oft gezeigt, dass wir schwer zu schlagen sind. Gegen uns spielt keiner gerne!

Eine herausragende Jahresleistung und Platz drei wird zunächst einmal „nur“ mit zwei Relegationsspielen belohnt und nicht mit einem direkten Aufstieg. Finden Sie das fair?

Die Relegation  finde ich im Grundsatz klasse. Allerdings wäre es fairer, würde das Los entscheiden, wer zuerst auswärts oder daheim antreten muss. Dann hätten wir wirklich gleiche Bedingungen für alle Beteiligten. Aber daran können wir nichts ändern. Für uns als Verein ist es Wahnsinn, dass wir die Relegation erreicht haben. Es werden in jedem Fall zwei Festtage für die Würzburger Kickers. Wir freuen uns darauf!

Zur Winterpause stand Ihr Team im Tabellenmittelfeld, mit nur fünf Punkten Vorsprung auf die Abstiegsränge. Wie ist die enorme Entwicklung innerhalb der Saison zu erklären?

Wir mussten einige Male auch Lehrgeld zahlen, dazu kamen einige Entscheidungen, die mehr als diskussionswürdig waren. Außerdem musste sich die Mannschaft erst finden. Natürlich hat es uns genervt, dass in der Hinrunde insgesamt zu wenige Punkte herumkamen. Dennoch haben wir immer weiter an uns gearbeitet und aus unseren Fehlern gelernt. Wichtig war, dass wir Fehler nur einmal gemacht haben. In der Winterpause konnten wir uns mit Elia Soriano und Emanuel Taffertshofer zudem noch einmal in der Breite verstärken. Dass es in einer Saison Aufs und Abs gibt, ist ganz normal. Wichtig ist nur, dass wir unserer Linie treu geblieben sind und wir weiter fest an uns geglaubt haben. Es spricht für die Mannschaft, dass sie sich aus dem kleinen Loch der ersten Saisonphase herausgearbeitet hat und mit viel Kampf, Einsatz und Moral am Ende tatsächlich Dritter geworden ist.

Die Worte "Aufstieg" und "Relegation" waren am Würzburger Dallenberg bis vergangene Woche dennoch Tabu. Wann haben Sie als Trainer gemerkt, dass da noch was nach oben gehen könnte?

Der Knackpunkt war für mich die Partie in Osnabrück (Anm. d. Red.: 32. Spieltag, 1:1). Hätte der VfL damals gegen uns gewonnen, wäre er bis auf sieben Punkte davongezogen. Trotz des Rückstands und einer überragenden Stimmung im Stadion – alle waren da gegen uns -, hielten meine Spieler dem Druck stand und haben verdient den Punkt mitgenommen. Gerade unsere jungen Spieler zeigten sich unbeeindruckt von der Atmosphäre. Da habe ich für mich gemerkt, dass Platz drei in Reichweite ist.

Wurde das nach Abpfiff in Osnabrück auch die offizielle Marschroute an die Spieler?

Nein, meiner Mannschaft sage ich immer wieder, dass sie sich gut entwickelt und vor keinem Gegner Angst haben muss. Unser Ziel war es, über die gesamten letzten Wochen immer, das nächste Spiel zu gewinnen. Was dabei herauskommt, sieht man immer erst am Ende, vorher brauchen wir darüber auch erst gar nicht zu reden.

Der Glaube und Zusammenhalt Ihrer Mannschaft scheint das große Plus. An welchen Schrauben mussten Sie drehen, um das zu erreichen?

Ich habe meinen Spielern immer gesagt, dass ich ihnen mehr zutraue als sie sich selbst. Viele, die neu zu uns gekommen sind, galten als gescheitert oder waren nur Ersatzspieler bei zweiten Mannschaften. Die Jungs haben es jetzt allen gezeigt – das freut mich sehr für sie!

Ungewöhnlich ist auch, dass immer wieder Spieler aus der zweiten Reihe sozusagen aus der Versenkung auftauchen und gute Leistungen bringen. Jüngst war es Marco Haller, der mit seinem Ausgleichstreffer gegen Kiel den dritten Platz perfekt machte. Wie hält man als Trainer einen 25-Mann-Kader bei Laune?

Man sollte den Spielern gegenüber immer ehrlich sein. Ich habe da eine sehr direkte Art. Jeder weiß, woran er ist. Ich spiele immer mit offenen Karten und gebe auch den Spielern, die uns verlassen werden, faire Chancen, sich beispielsweise über die Spiele im Toto-Pokalwettbewerb für neue Vereine in den Vordergrund zu spielen. Die Jungs haben das super gemacht, sie haben bewiesen, dass sie auch in so einer Situation Spiele gewinnen wollen. Im Endeffekt profitiert auch jeder vom Erfolg des Vereins. Alle Spieler, die uns jetzt verlassen, werden gute Vereine finden. Da bin ich sicher.

Gute Spieler werden Sie vermutlich auch für die neue Saison hinzuholen wollen – unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Wie weit sind etwaige Neuverpflichtungen bis dato vorangeschritten?

Richtig Gedanken machen kann ich mir erst dann, wenn klar ist, in welcher Liga wir spielen. Aber wir haben einen guten Kern, der aus Spielern besteht, deren Entwicklung ich längst nicht am Ende sehe. Egal, in welcher Liga, wir werden wie gehabt keine verrückten Sachen anstellen. Aber klar ist auch, dass ich bereits einige Kandidaten im Kopf habe. Am Ende aber wird auch jetzt wieder entscheidend sein, mit welchem Etat ich arbeiten kann.

…und ob der Etat in Sachen Infrastruktur endlich Entlastung durch die Stadt erfährt.

Natürlich würde es sehr Vieles einfacher machen, wenn wir eine größere Unterstützung der Stadt bekämen. Im Vergleich zur Konkurrenz hinken wir da immer noch weit hinterher. Bei den meisten ambitionierten Profi-Klubs ist die jeweilige Stadt fest mit im Boot. Das wünsche ich mir auch für Würzburg. Dann könnten wir auch mit den gleichen Waffen kämpfen.

Die letzten Signale der Stadt Würzburg waren allerdings nicht besonders erfreulich. Denken Sie das wird sich in absehbarer Zeit ändern?

Eigentlich bin ich noch guter Hoffnung. Wir haben geliefert und gezeigt, dass wir aus ganz wenig ganz viel machen können. Aber Spitzenfußball geht nur dann, wenn alle an einem Strang ziehen. Sollte sich das auch in Würzburg und der Region durchsetzen, sieht man, wie weit man kommen kann. Letztlich würde die ganze Region wieder davon profitieren, davon bin ich fest überzeugt. Mainz und Augsburg sind dafür zwei gute Beispiele. Ich selbst weiß nur zu gut, welche Strahlkraft der Fußball besitzt. Es wäre schade, wenn man sich in Würzburg diese Chance nehmen ließe.

Die Menschen in und um Würzburg scheinen die Leistungen der Kickers indes aber durchaus zu würdigen.

Ja, die Region ist stolz auf uns, das ist an jeder Ecke zu spüren. Die Menschen sprechen über uns, sind interessiert. Der Zulauf ist enorm, wir hatten alleine für unser Relegationsheimspiel in den ersten Tagen über 30.000 Kartenanfragen. Die FLYERALARM Arena wird immer voller und auch unsere Fans entwickeln sich toll. Jeder kann sehen, dass hier seriöse und vernünftige Arbeit das Handeln bestimmen. Ich habe hier bereits in der Jugend gespielt, später in der ersten Mannschaft und von dort aus den Sprung in die Bundesliga geschafft. Dafür bin ich sehr dankbar und froh, dass ich dem Verein, den Leuten und der Region jetzt etwas zurückgeben kann. Die Menschen im Verein sind wieder richtig stolz. Und auf der Fußballlandkarte weiß man mittlerweile auch wieder, wo Würzburg liegt und was in kurzer Zeit alles geleistet wurde.

Bevor es in gut einer Woche ins erste Relegationsspiel geht, steht noch das letzte Ligaspiel in Magdeburg auf dem Programm. Sehen Sie das Match als Generalprobe für die bevorstehenden Aufstiegsspiele?

Als Generalprobe sehe ich das Spiel in Magdeburg nicht. Der Wettbewerb 3. Liga ist für uns in dieser Saison vorbei. Unsere nächste Aufgabe heißt Relegation. Trotzdem wollen wir natürlich ein ordentliches Spiel abliefern und gewinnen. Das wollen wir immer, ganz egal ob bei einem Hallenturnier oder im Toto-Pokal. Wir wollen Spiele gewinnen! Das ist unsere Mentalität.

   
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