Hinrundenfazit Hansa: Misserfolge, Querelen und Chaos

In seinem Jubiläumsjahr musste der F.C. Hansa Rostock einiges verkraften. Konnte er sich in der Vorsaison nur ganz knapp vor dem Absturz in die Viertklassigkeit retten, blieb die erhoffte Ruhe und der Aufschwung in der Halbserie der Saison 2015/16 aus. Vielmehr dominierten Unruhen auf Vorstandsebene und Rücktritte gepaart mit sportlichen Negativleistungen das Geschehen in Rostock. Das Fußballjahr 2015 beendete die Kogge mit 22 Zählern auf dem 16. Tabellenplatz. Was waren die Gründe für diese dürftige Bilanz? Liga3-online.de blickt im Hinrundencheck zurück.

Das lief gut

Das Highlight der Saison bleibt für viele Fans sicherlich das Spiel in der ersten Runde des DFB-Pokals. Gegen den Zweitligisten aus Kaiserlautern zeigten die Rostocker einen begeisternden Auftritt, der erst im Elfmeterschießen (4:5) seinen glücklicheren Sieger mit den Roten Teufeln fand.  Und auch in der Liga starteten die Hanseaten bis auf die Auftaktniederlage (1:2) gegen den Aufsteiger aus Bremen gut in die Saison. Am fünften Spieltag winkten sie nach einem Remis gegen Chemnitz und zwei Siegen gegen Köln und Osnabrück gar vom vierten Tabellenrang. Es sollte eine Momentaufnahme bleiben. Im Gegensatz zur Vorsaison stabilisierte sich die Abwehr der Hanseaten enorm. Schlossen sie das Fußballjahr 2014 noch mit 46 Gegentoren ab, kassierten Dennis Erdmann, Maximilian Ahlschwede und Co. lediglich 25 Treffer.

Das lief schlecht

Nach der Heimniederlage gegen die Stuttgarter Kickers (0:1) am fünften Spieltag zeigte die Formkurve stetig nach unten. Am 19. Spieltag hatten die Rostocker ganze 18 Punkte auf ihrem Konto und befanden sich auf einem Abstiegsplatz – eine verheerende Bilanz, wenn man betrachtet, dass aus fünfzehn Spielen in Serie nur ein Sieg heraussprang. Die Kogge schlingerte gefährlich auf hoher See und verlor nach der 0:2-Pleite in Halle nicht nur ihren Trainer Karsten Baumann, sondern auch Sportdirektor Uwe Klein. Konnte sich die Abwehr im Vergleich zur Vorsaison stabilisieren, krankte es im Sturm in 2015 gewaltig. Der lange Ausfall von Angreifer Marcel Ziemer und der überraschende Abgang von Mittelfeldspieler Christian Bickel konnten nie wirklich kompensiert werden. 19 Treffer stehen am Ende des Jahres auf dem Konto. Bezeichnend hierfür ist auch die Serie zwischen dem fünften und dem elften Spieltag: in sieben Spielen trafen die Hanseaten lediglich dreimal.

Bewertung der Neuzugänge

Einen radikalen Schnitt vollzog man im Sommer nach dem Fast-Absturz in die Regionalliga. 16 Akteure verließen die Kogge, im Gegenzug holte man zehn neue Spieler ins Boot.

Abwehr: Neben dem oft polarisierenden Dennis Erdmann in der Abwehr spielten sich Innenverteidiger Matthias Henn und Linksverteidiger Christian Dorda in die Stammelf. Letzterer setzte seinen persönlichen Glanzpunkt mit dem Traumtor gegen Osnabrück. Innenverteidiger Marcus Hoffmann war, wenn man ihn brauchte, immer einsatzbereit und agierte auf Augenhöhe.

Mittelfeld: Rückkehrer und Kapitän Tobias Jänicke ist Hoffnungs- und Sympathieträger. Er verzichtete zugunsten von Hansa auf ein gutes Angebot von Wiesbaden und machte in der Hinserie eine ordentliche Figur. Mit fünf Toren und zwei Vorlagen ist der Mittelfeldspieler der torgefährlichste Spieler beim FCH. Marco Kofler entwickelte sich zu einer konstanten Größe im Mittelfeld, wenngleich sein Schwerpunkt eher auf der Defensive liegt. Michael Gardawski erwies sich als Stammkraft (20 Einsätze) und guter Allrounder. Maik Baumgarten erzielte im letzten Spiel des Jahres 2015 sein erstes Ligator für den FCH. Er besitzt viel Potenzial, benötigt aber Spielpraxis und Selbstvertrauen, um dieses auch abrufen zu können. Der Schweizer Stephan Andrist kam zwar auf vierzehn Ligaeinsätze, spielte aber zu unkonstant. Mit viel Potenzial kam Marcel Gottschling aus der Regionalliga, war aber in seinen Einsätzen im offensiven Mittelfeld meist überfordert. Bei Hansas Amateuren ist Hasan Ülker mit acht erzielten Treffern ein Leistungsträger. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er seine Chance bei den Profis bekommt und diese auch nutzen wird.

Sturm: Der bis 2017 verpflichtete Soufian Benyamina sollte das Angriffspiel der Rostocker verstärken, wirkte jedoch oft wie ein Fremdkörper im Team und blieb weit hinter den Erwartungen. Ebenso hatten die beiden Angreifer Maik Lukowicz und Julian Perstaller mit erheblichen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen.

Bester Spieler

Er startete mit einer Rotsperre von zwei Spielen in die neue Saison und zählte am Ende zu den absoluten Stammkräften. Rechtsverteidiger Maximilian Ahlschwede spielte nicht nur konstant gut, sondern war auch einer der Aktivposten im Team und sorgte mit seinen Ausflügen über die rechte Seite oftmals für Gefahr.

Größte Enttäuschung

Von Karsten Baumann im November in die zweite Mannschaft strafversetzt, wird es für Mittelfeldspieler José-Alex Ikeng auch unter Neutrainer Christian Brand keine Rückkehr mehr zu den Profis geben. Anfang Januar wurde sein Wechsel zu den Stuttgarter Kickers bekannt.

Fazit

Nicht nur die sportlichen Misserfolge und die damit verbundene Beurlaubung von Chefcoach Karsten Baumann und Sportdirektor Uwe Klein trübten die Stimmung im Norden, sondern auch die Unruhen rund um den Verein. Das unrühmliche Magdeburg-Spiel, der öffentliche Streit um interne Mails, die Anzeige wegen Veruntreuung gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden, die Rücktritte diverser Vereinsverantwortlicher, das Chaos auf der Mitgliederversammlung, die Verschiebung der Ausgliederung und zu guter Letzt die Absage der geplanten Geburtstagsfeier – insgesamt ein Jahr zum Vergessen. Mal wieder…

Prognose

Hansa ohne Trainerwechsel in der laufenden Saison ist wie der Ostseestrand ohne Sand – es passt nicht. Nun muss es also Christian Brand richten, der noch zu Rostocker Bundesliga-Zeiten im Trikot der Hanseaten auflief. Leicht wird er es nicht haben, denn die Fluktuation an Bord der Kogge ist hoch. Mit dem neuen Trainer und seinem positiven Einstand von vier Punkten aus zwei Spielen ist zumindest ein Fünkchen Hoffnung an die Ostsee zurückgekehrt, dass man die Wende noch schaffen kann. Das Überwintern auf einem Nichtabstiegsplatz war nicht nur psychologisch unheimlich wertvoll, es sorgte darüber hinaus für etwas Entspannung. Viel wird davon abhängen, wie die Mannschaft in das neue Fußballjahr startet.

   

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