HFC in Darmstadt: Unmotiviert gegen die Mannschaft der Saison

Während man in der Bundesliga genervt über die Dominanz der Bayern schnaubt und jegliche anderen Vereine, mit Ausnahme der Dortmunder, im Angesicht der momentan wohl besten Mannschaft der Welt, vorsichtshalber ausblendet, erfreut man sich zwei Klassen tiefer der Tatsache, dass in der 3. Liga angeblich jeder jeden schlagen kann. Während der 1. FC Heidenheim in dieser Saison an der Tabellenspitze zwar kaum Konkurrenz befürchten muss, trifft dieses Qualitätsmerkmal auf den Rest der Liga durchaus zu. Allerdings bedeutet das nicht, dass man keine sportlichen Klassenunterschiede in der 3. Liga vorfindet. Dies musste der HFC am Sonnabend auf schmerzliche Art und Weise am eigenen Leib erfahren, als man im mittlerweile bitter gefürchteten Stadion am Böllenfalltor mit 4:1 bitter unter die Räder kam.

Zu gut für Abstieg und Mittelfeld – zu unreif für den Aufstieg

Schwierigkeiten bereitete der Mannschaft von Sven Köhler dabei nicht nur die Darmstädter Kaltschnäuzigkeit bei Standardsituation. Genauso hemmte die Hallenser die eigene Ziellosigkeit, die die verbleibende Saison 13/14 zum Kampf um die sprichwörtliche „Goldene Ananas“ verkommen lässt. Die zahlreichen Sieg- und Niederlagenserien haben den HFC für die verbleibende Saison in eine Art Identitätskrise gedrängt. Zu gut für den Abstieg, vielleicht sogar zu gut für das Tabellenmittelfeld, aber in jedem Fall zu schlecht, zu unreif für den Aufstieg – so könnte man den Status Quo der Saalestädter beschreiben. Natürlich ginge es noch um den vierten Platz als direkte und Landespokal-unabhängige Qualifikation für den DFB-Pokal, aber im Ernst, wer glaubt, dass man sich bei drei Aufstiegsplätzen über einen vierten Platz freuen kann, darf gerne mal in Münster nachfragen, wie sich die Preußen in der vergangenen Saison mit ihrem vierten Platz gefühlt haben.

Stroh-Engel trifft im Spalier

Ganz anders geht es dagegen den Darmstädtern. Die Lilien, die man getrost bereits jetzt als Mannschaft der Saison auszeichnen dürfte, duellieren sich mit Halles ideologischem Erzfeind RB Leipzig noch aus der Ferne um Platz 2 und den direkten Aufstieg in die zweite Bundesliga. Zudem verfügen die Hessen über die am besten harmonierende Mannschaft in der laufenden Saison und konnten mit ihrem überraschend fulminanten Offensivfußball, im Gegensatz zu Übermannschaft Heidenheim und den Bullen aus Leipzig, auch so manche Fans anderer Drittligaclubs begeistern. Mit diesem Offensivfußball überrollten die Lilien nun auch den erschreckend passiven HFC, allein Rekordtorjäger Dominik Stroh-Engel konnte sein einzigartiges Torkonto um die Treffer 25 und 26 aufstocken, zur Überraschung aller und zum Ärger der Hallenser erneut, weil die Verteidiger des HFC Spalier standen und ihm unwahrscheinlich viel Platz zum Tore schießen gelassen wurde. Als wüsste man in Halle noch nicht, dass der 1,97-Hüne – gelinde gesagt – Torgefahr versprüht. Ungeachtet der Unachtsamkeit in der halleschen Hintermannschaft musste man nach Schlusspfiff aber festhalten: Bei aller „Jeder kann jeden schlagen“-Romantik gibt es sie auch in der 3. Liga, die klassischen Favoriten, die der schlechteren Mannschaft eine ungefährdet deutliche Niederlage zufügen.

Sonne in Darmstadt – Fragezeichen in Halle

Während die Sonne über Darmstadt nun noch ein wenig heller scheint und die Lilien mehr und mehr von der 2. Liga träumen dürfen, stellt sich in Halle die Frage, wie man die restlichen Saisonspiele anzugehen hat. Denn, bei allem Verständnis für die relativ lieblose Position, die die Hallenser im Ligagefüge dieser Restsaison einnehmen, gilt für einen Profifußballspieler die Erwartung, auch ohne klares Restsaisonziel zumindest für die Vereinsehre die bestmögliche Leistung zu zeigen. Daran appellierten auch die völlig fassungslosen HFC-Verteidiger Marcel Franke und Daniel Ziebig, die beide nach dem Spiel klare Worte für das Spiel ihrer Mannschaft fanden und die Finger direkt vor laufenden Kameras in die offenen Wunden legten. In manchen Situationen vielleicht übermotiviert, könnte und sollte das in diesem Fall jedoch der richtige Hallo-Wach-Effekt vor dem wichtigen Ostduell gegen Hansa Rostock gewesen sein. Mit den Hanseaten haben die Hallenser noch eine Rechnung aus dem Hinspiel offen. Pikant: Auch in der Partie in Rostock kassierte der HFC die Gegentore nach Standardsituationen. Der Trainingsplan für die kommende Woche dürfte somit bereits feststehen.

FOTO: Claus Krentscher

   
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