Hansa Rostock: Taktikwechsel und Platzverweise an der Ostsee

An manchen Tagen wird die DKB-Arena in Rostock ihrem ursprünglichen Namen, Ostseestadion, gerecht. Dann kreischen Möwen über dem Stadion, die Sonne scheint den Fans ins Gesicht, es riecht nach feuchtem Rasen und Meer und ein jeder strahlt, weil der FC Hansa guten Fußball spielt. Ein Tag, wie ein Kurzurlaub an der Ostsee. Selten sind sie geworden, diese Tage, vor allem in der Saison 2012/13 mit dem ewigen Winter, aber der gestrige Samstag mit dem Spiel gegen Dortmund II gestaltete sich für die Anhänger der Kogge zu einem solchen.  Misstrauisch, nach der langen sieglosen Serie und nun zuletzt erst dem Herzschlagfinale gegen Aachen und der darauf folgenden Ernüchterung in Babelsberg, waren die meisten Fans nach Rostock gekommen, bis kurz vor dem Anpfiff wirkte das Stadion überraschend leer, als würden einige noch überlegen, ob man den freien, sonnigen Samstag nicht lieber doch anders verbringen sollte, als einer erneuten Niederlage des F.C.H. beizuwohnen. 7.800 Fans entschieden sich für den Fußball und wurden keinesfalls enttäuscht.

Taktische Verunsicherung nach dem Platzverweis

Es wäre womöglich ein anderes, ein spannenderes Spiel geworden, wenn sich der Dortmunder Marc Hornschuh in der vierten Minute nicht mit einem Foul am Strafraumrand und als letzter Mann selbst vom Platz befördert hätte. So erwies er seiner Mannschaft einen Bärendienst und riss die taktische Vorgabe von Trainer David Wagner völlig aus den Fugen. Bereits der darauf folgende Freistoß führte zu einem Führungstor der Hanseaten, welches allerdings aufgrund einer Abseitsstellung aberkannt wurde. Danach folgten 85 Minuten Einseitigkeit, auch wenn sich die Dortmunder Nachwuchsfußballer in Unterzahl wacker schlugen. In der ersten Halbzeit ließen sie von den drückend überlegenen Rostockern kaum ernsthafte Torchancen zu, verlagerten sich aber vor allem in die eigene Spielfeldhälfte, um das Tor von Torwart Zlatan Alomerovic zu schützen. Hansa, ebenfalls taktisch nicht darauf eingestellt, von Anfang an Angriff um Angriff zu fahren, agierte in Halbzeit eins noch etwas vorsichtig und abwartend, wie die Dortmunder den Rückschlag der roten Karte verkraften würden. Mit 0:0 ging es schließlich vorerst in die Pause.

Ostheimer ohne klare Linie

Nach Wiederanpfiff zeigten sich die Rostocker mutiger, kreativer und spielfreudiger, was vor allem durch den Wechsel von Philipp Klement für Julien Humbert begründet wurde. Hansa wollte den Sieg, zudem hatte Antreiber Ken Leemans allein keinerlei Probleme, das australische Geburtstagskind Mustafa Amini völlig aus dem Spiel zu nehmen, ein Wechsel ohne Gefahr also. Klement avancierte auch direkt zum Vorlagengeber und legte Hansas namibischem Nationalspieler Manfred Starke den Ball mustergültig zu seinem ersten Profitor auf. Starke war wenige Minuten zuvor noch enttäuscht am Pfosten gescheitert, sein Treffer war ein schönes Symbol für den dringenden Siegeswillen der Kogge, als er den Ball erst annahm und dann mit aller Wucht in die Maschen drückte. Nur wenige Minuten später sah Dortmunds Trainer David Wagner ein Foulspiel im Strafraum und regte sich so leidenschaftlich darüber auf, dass er von Schiedsrichter Lothar Ostheimer auf die Tribüne verwiesen wurde. Ostheimer war bei den siegreichen Hanseaten und den aufopferungsvoll verteidigenden Dortmunder noch die disktutabelste Gestalt auf dem Platz. Ohne klare Linie pfiff er phasenweise kaum und dann phasenweise jede kleine Nickligkeit. Gerade Ondrej Smetana hatte mit seiner körperbetonten Spielweise einen schweren Stand und wurde mehrmals wegen angeblicher Handspiele und Offensivfouls zurückgepfiffen. Der Platzverweis für David Wagner war der Höhepunkt.

Zolinski wusste zu gefallen, Mendy und Trapp zeigten sich verbessert

Nach Hansas Führungstor, setzten die Dortmunder Spieler nochmal alles auf eine Karte und drängten mit zehn Mann mutig auf den Ausgleich, wobei sie sich immer wieder Konter der Hanseaten fingen, von denen ein Schuss von Johan Plat nur am Pfosten landete. Etwas besser machte es dann Matchwinner Philipp Klement, der sieben Minuten vor Abpfiff eine Flanke von Michael Blum trocken einschob und somit den Sieg der Hanseaten perfekt machte. Doch nicht Klement zeigte eine Topleistung, Manfred Starke wurde für seine Dynamik in der Offensive völlig zurecht von Trainer Marc Fascher gelobt, spielt er weiterhin so aufopferungsvoll für den FC Hansa ist eine Vertragsverlängerung wohl unumgänglich, auch weil Starke eine Allrounder im Angriff ist und sogar als linker Verteidiger eine Option wäre. Alex Mendy, der in Babelsberg zusammen mit Ronny Marcos große Probleme hatte, zeigte sich kampfstark und steckte auch bei Ballverlusten nicht auf. Matthias Holst dirigierte die Abwehr um den Rückkehrer Maurice Trapp, welcher sich ebenfalls stärker als zuvor zeigte. Auf der linken Verteidigerposition überraschte Fascher mit Ben Zolinski und das Rostocker Eigengewächs wusste durchaus zu gefallen und empfahl sich für weitere Einsätze auf dieser Position. Ken Leemans zeigte sich kämpferisches Vorbild und absolute Führungspersönlichkeit auf dem Feld, seine Kopfballstärke war unübersehbar. Julien Humbert arbeitete gut, wurde dann aber aus taktischen Gründen für Klement ausgewechselt. Ondrej Smetana ackerte über den gesamten Zeitraum, den er auf dem Platz verbrachte, ließ sich vereinzelt sogar bis zur Mittellinie  fallen, um Zweikämpfe zu bestreiten. Auch Johan Plat, der ihn nach 63 Minuten ersetzte führte diese Linie fort. Tom Weilandt und Michael Blum waren fleißig, Weilandt vereinzelt etwas zu ballverliebt, Blum etwas ungenau im Passspiel. Kevin Müller wurde selten gefordert, war dann aber ganz sicher.

Die Kogge wohl in sicherem Gewässer

Insgesamt war es aber eine zuverlässige und solide Teamleistung, die den Hanseaten die drei Punkte einbrachte, die noch zu den 40 Punkten fehlten, welche sich das Team als Ziel gesetzt hatte. Bei acht Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze und noch vier zu spielenden Partien dürfte die Kogge somit langsam aber sicher Segel für eine weitere Drittligasaison setzen dürfen. Punkten will man in den kommenden Spielen natürlich trotzdem, gerade Offenbach, Erfurt und Saarbrücken am kommenden Samstag sind direkt Tabellennachbarn im neu formierten Mittelfeld. Sicher scheint aber, dass die Rostocker Fans auch in der kommenden Saison auf „Kurzurlaube“ in der DKB-Arena hoffen dürfen.

FOTO: Flohre Fotografie

   
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