Duisburger Neuzugänge: Klasse statt Masse

Abstiege bedeuten im Fußballgeschäft grundsätzlich nichts Gutes. Neben enormen wirtschaftlichen Einbußen müssen sich Freunde und Fans ihres Vereins beim ersten Training ihrer Mannschaft häufig die Augen reiben, denn selten erkennt man viele Gesichter auf Anhieb wieder. Radikale Kaderumbrüche gehören in der Regel zu einem Absturz in eine klassentiefere Liga dazu – dieses Jahr allerdings nicht beim MSV Duisburg. Die Zebras hielten ihren Kader zusammen und haben sich nur punktuell verstärkt. Das Ergebnis: Spitzenreiter. Ein Kommentar.

Verein ist attraktiv geblieben

Nach einer katastrophalen Hinrunde und den leidenschaftlichen Rückspielen musste sich der MSV Duisburg vor rund vier Monaten in die Drittklassigkeit verabschieden. Trotzdem gelang es Sportdirektor Ivica Grlic, einen Großteil seiner Mannschaft davon zu überzeugen, den schweren Weg mitzugehen. Nicht alle Fans konnten von Anfang an mit dieser Strategie begeistert werden, erschienen manche Spieler doch als "Zweitliga-Versager" nur zu denen zu gehören, die sonst niemand haben wollte. Einen solch schweren Stand dürften unter anderem Thomas Bröker, Enis Hajri, Stanislav Iljutcenko – und auch Zlatko Janjic zu Beginn gehabt haben. Aber aus der "Resterampe" wurde schnell ein "Star-Ensemble", denn beispielsweise Janjic gehört mit vier Scorer-Punkten wieder zu den Besten. Dass viele Spieler geblieben sind, liegt aber auch an der verhältnismäßigen Attraktivität des Duisburger Vereins in der Liga. Mit der Schauinland-Reisen-Arena stellt der MSV das größte Stadion, zudem sind die Zuschauerzahlen seit einigen Jahren wieder gestiegen. Die Mitabsteiger, der SC Paderborn 07 und der FSV Frankfurt, haben vergleichsweise größere Schwierigkeiten, sich nach dem Abstieg schnell wieder zu etablieren.

Neuzugänge mit Ausrufezeichen

Zählt man Leih-Rückkehrer Fabian Schnellhardt zu den externen Neuzugängen, ist dieser wohl neben Torhüter Mark Flekken der Top-Transfer des Sommers. Seit dieser Saison zieht der gelernte Zehner im defensiven Mittelfeld die Fäden der Blau-Weiß-Gestreiften. Wahlweise neben den Zerstörern Baris Özbek oder Tim Albutat ist Schnellhardt der kreative Part im Duisburger Aufbauspiel und hat immer ein Auge für das Spiel. Verlassen kann sich der Stratege dabei immer auf seinen Keeper, den 23-jährigen Niederländer aus Kerkrade. Mark Flekkens Wechsel zu den Zebras stieß schon früh auf Verwunderung beim Fürther Anhang – heute wissen die Ruhrpottler auch, warum dies so war. Leichtfüßig, souverän und abgeklärt wirkt Flekken in beinahe allen seiner Szenen. Starke Reflexe im Eins-gegen-Eins, Lufthoheit im Strafraum und modernes Torwartspiel a lá Manuel Neuer stehen einem einzigen groben Patzer gegen Magdeburg gegenüber. Die logische Konsequenz – Flekken ist nach fünf Wochen bereits der neue Publikumsliebling beim MSV.

Neuzugänge mit Fragezeichen

Des einen Freud, ist des anderen Leid. Youngster Daniel Zeaiter kam von der Reservemannschaft des 1. FSV Mainz 05 zu den Duisburgern, konnte das Torwartduell gegen Mark Flekken aber nicht für sich entscheiden. Dank der U23-Regelung ist dem 21-Jährigen aber immerhin die Reservistenrolle sicher. Diese ist auch für Rechtsverteidiger Fabio Leutenecker ungewohnt. Nachdem er über mehrere Jahre hinweg zum Stammpersonal der Stuttgarter Kickers gehörte, wird dem 26-Jährigen in dieser Saison bislang Nico Klotz vorgezogen. Dieser wiederum ist eigentlich im Mittelfeld beheimatet, wurde aber vor der Saison von Coach Ilia Gruev umgeschult. Wenn das Rotationsprinzip des Trainers greift, bringt Leutenecker aber zuverlässig seine Leistung – ansonsten bleibt vorerst nur die Bank. Auf eben diesen Platz haben sich die Fans auch schon oft Tugrul Erat gewünscht. Der aserbaidschanische Nationalspieler konnte sich noch nicht in die Herzen der Duisburger spielen, wirkt in manchen Szenen noch zu unbeholfen. Dennoch hat der ehemalige Düsseldorfer seinem neuen Verein zuletzt den Siegtreffer gegen Magdeburg beschert, was ihn in der Gunst der Anhänger vermutlich steigen lässt.

Quasi-Neuzugänge mit Bekanntheit

Zu dieser Kategorie zählen die Langzeitverletzten des letzten Jahres – und Dustin Bomheuer. Die Geschichte des Duisburger Eigengewächses ist inzwischen bekannt: "Bomi" war für die Dritte Liga nicht vorgesehen, blieb dann aber doch und zählt inzwischen zu den Stammspielern. Da der 1,93-Mann in der ersten Hälfte des Jahres nur eine einzige Minute Spielzeit im Profifußball vorweisen kann und im Prinzip auch schon weg war, kann man ihn schon ein bisschen zu den Neuzugängen zählen. Dies gilt vor allem aber auch für Martin Dausch und Andreas Wiegel. Während der Ex-Berliner nach langen Problemen mit der Hüfte noch auf seine Chance im Unterhaus vom Unterhaus der deutschen Liga wartet, ist Flügelflitzer Wiegel nach seinem Kreuzbandriss eine regelrechte Waffe im Spiel der Duisburger. Der gebürtige Paderborner wurde beim FC Schalke 04 ausgebildet und ist in jeder Position des Offensivspiels einsetz- und anspielbar. Hier ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis diese Qualität in Zählbares umgemünzt wird.

Fazit

Zu den Genannten kommen noch Thomas Blomeyer und Mohammed Cissé hinzu, die beide noch keine Gelegenheit auf längere Einsätze bekamen, und seit Mittwoch noch US-Talent Mael Corboz. Angesichts dessen kann man eines ganz sicher über die Transferpolitik der Zebras sagen: die Anzahl der Neuzugänge ist überschaubar und regelrecht nach dem Motto "Qualität vor Quantität" geholt worden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Zweitliga-Absteiger bereits vorhandene Klasse halten konnte und das ohnehin wenige Geld somit nicht in Wundertüten investieren musste. Die Rechnungen von Ivica Grlic und Trainer Ilia Gruev sind damit aufgegangen – und auch die Fans, die bislang noch nicht überzeugt waren, können einem ersten Tabellenplatz nur wenig widersprechen.

 

 

 

   

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