Der große Drittliga-Saisonrückblick #3

Die Drittliga-Saison 2017/18 ist Geschichte, 380 Spiele haben die Clubs absolviert und dabei Aufsteiger wie Absteiger ermittelt. Grund genug, ein Fazit zu ziehen. Wer konnte überzeugen? Wer übertraf die Erwartungen? Wer enttäuschte? Und was für eine Zukunftsperspektive besitzen die 20 Vereine? Im dritten und letzen Teil unserer ausführlichen Analyse schauen wir auf die ersten sieben Teams.

Bei der Tour de France wäre der 1. FC Magdeburg kein Sprinter mit Schnellkraft in den Beinen, sondern gewiss ein Bergfahrer – und damit ein echter Siegfavorit. Schon seit vier Jahren fährt er unter größter Anstrengung bergauf, bergauf, bergauf. Eine Talfahrt will er sich auf seinem steilen Weg in Richtung immer höherer nationaler Fußball-Bühnen gar nicht erst gönnen. Zu akribisch arbeiten Jens Härtel als Coach, Mario Kallnik als Sportchef und Maik Franz als künftiger Leiter der Lizenzspielerabteilung. Erreicht haben sie einen Zustand, den jeder Club gerne hätte: Sie haben erreicht, dass sich die Mannschaft recht konstant am spielerischen Optimum bewegt und dazu eine einzigartige Mentalität entwickelt hat, maßgeblich geprägt durch die Fans. Glückwunsch zur Meisterschaft, FCM!

Note: 1+

Prognose: Die 2. Bundesliga wird ein Abenteuer, weil der FCM sie überhaupt nicht kennt. Ein lockerer Klassenerhalt ist ebenso möglich wie eine Saison mit Schwierigkeiten. Experten sind schon jetzt gespannt, wie Magdeburg mit einer längeren Erfolglosigkeit umgehen wird – falls sie überhaupt zum ersten Mal nach vier Jahren eintritt.

 

Schon nach der Hinrunde prophezeiten wir wenig Überraschendes: Der SC Paderborn ist stark, er ist zu stark für diese 3. Liga. Gerade jetzt, wo sich viele an die neue Spielkunst der Ostwestfalen gewöhnt haben, muss erst recht daran erinnert werden, dass er aus Ruinen auferstanden ist – mit Markus Krösche als Sportlicher Leiter und Steffen Baumgart als Trainer. Sie betrachteten die Trümmer. Sie griffen im Baumarkt an den richtigen Stellen zu. Nicht aber bei den teuren Produkten auf Augenhöhe, sondern wahlweise ganz oben oder im untersten Regal. In der Regionalliga, wo sie Spieler fanden, die schon als sie kamen, das Potenzial für die 2. Bundesliga hatten. Die logische Folge: Ein völlig souveräner Aufstieg. Nur die Meisterschaft hat sich der SCP nehmen lassen – das muss ihn aber kaum wurmen.

Note: 1+

Prognose: In der 2. Bundesliga kann der SC Paderborn, sofern die Macher des Erfolgs ihren Abwerbeversuchen widerstehen, eine sehr gute Rolle spielen. Spielerisch muss er sich vor Teams wie etwa Holstein Kiel gewiss nicht verstecken.

 

14 Punkte Abstand waren es letztendlich auf die beiden hochsouveränen Aufsteiger, und doch durfte der Karlsruher SC mit dem Erreichen der Relegation sehr zufrieden sein. Denn der Saisonauftakt war hochgradig bescheiden. Unter Marc-Patrick Meister funktionierte die Defensive nicht und keiner dachte, dass ausgerechnet dieser Mannschaftsteil zum absoluten Prunkstück werden würde. Exemplarisch: Das 0:4 bei Fortuna Köln, ein peinlicher Auftritt. Zwölf seiner 29 Gegentore hatte der KSC schon nach fünf Spieltagen kassiert. Als dann Alois Schwartz kam, hielt eine neue Sachlichkeit Einzug. Weil er sofort Ergebnisse einfuhr, beruhigten sich die Gemüter und die individuelle Qualität wurde besser ausgespielt. Die Belohnung: Eine bärenstarke Rückrunde und die Qualifikation für die Relegation – dort aber behielt Erzgebirge Aue mit 3:1 die Oberhand. Seit Dienstagabend wissen wir: Der KSC muss 2018/19 einen neuen Anlauf wagen.

Note: 2+

Prognose: Als Unterlegener in der Relegation ist Karlsruhe schon jetzt einer der Favoriten auf den Aufstieg. Das kann sich als Bumerang erweisen – Eintracht Braunschweig ist ein Negativbeispiel. Unter normalen Umständen aber wird sich Karlsruhe mit den Zweitliga-Absteigern um die vordersten Plätze duellieren – wenngleich der Etat sinkt.

 

Lange Zeit spielte der SV Wehen Wiesbaden eine richtig gute Saison. Konstanz war zwar nie die Stärke der Hessen, die hin und wieder erstaunlich schwache Spiele einstreuten, dafür aber in guter Tagesform ihre Gegner völlig düpierten. Ein 5:0 in Würzburg, ein 5:0 über Großaspach, ein 6:2 über Preußen Münster und ein 5:1 gegen den VfL Osnabrück sind beispielhaft zu nennen. Zweiter war der SVWW nach 31 Spieltagen, hatte einen gewaltigen Lauf im Rücken, alles deutete auf ein enges Finale im Aufstiegsrennen hin. Dann aber brach Wiesbaden urplötzlich und für viele unerklärlich ein. Fünf der letzten sieben Saisonspiele gingen verloren, die sonst wie selbstverständlich erzielten zwei bis drei Treffer pro Partie blieben der Elf von Rüdiger Rehm versagt. Konsequenz ist der undankbare vierte Rang mit starken 68 Punkten.

Note: 2+

Prognose: Frühzeitig wurde angekündigt, dass der SV Wehen Wiesbaden für die kommende Spielzeit mit dem gleichen Etat planen kann – es wird kein geringer sein. Das bedeutet für die Konkurrenz: Ein jeder muss den SVWW als Aufstiegskandidat auf dem Schirm haben. Erst recht, wenn er seinen kongenialen Angriff um Stephan Andrist und Manuel Schäffler bei sich halten kann.

 

Im Grunde genommen beginnt ab dem fünften Platz eine neue Spielklasse – auch wenn der Punktabstand nach 38 Spieltagen nicht mehr so gewaltig ist. Spielten aber die ersten Vier monatelang um den Aufstieg, ging es für alle dahinter aufgrund des großen Abstands nur um die goldene Ananas. Die Würzburger Kickers aber spielten relativ unbeachtet eine sehr gute Rückserie, holten im Jahr 2018 fast zwei Punkte pro Spiel und wurden mit respektablen zehn Auswärtssiegen Drittbester in dieser Kategorie. Ähnlich wie Karlsruhe wurde Würzburg vor der Saison als klarer Favorit gehandelt, leistete sich aber einen schwachen Start mit 14 Spieltagen zum Vergessen. Michael Schiele übernahm als unbekanntes Gesicht und steht nun sinnbildlich für den Erfolg der Rothosen. Lässt der Etat es abermals zu, wird Würzburg im Spätsommer den nächsten Aufstiegs-Anlauf starten.

Note: 3+

Prognose: Die Würzburger Kickers werden mindestens im erweiterten Kreis für den Zweitliga-Aufstieg gehandelt werden. Weil potenziell starke Absteiger hinzukommen, sind sie aber nicht erster Anwärter.

 

Endlich mal eine Saison ohne Sorgen! Das denkt sich das Umfeld von Hansa Rostock, um aber doch etwas neidvoll auf die Konkurrenz aus Paderborn und Magdeburg zu schauen. Sie haben die 3. Liga in deutlich kürzerer Zeit hinter sich gelassen, während die Kogge bald ihre siebte Drittliga-Episode am Stück angeht. Trainer Pavel Dotchev jedenfalls hinterließ den bleibenden Eindruck, dass Rostock doch noch Visionen haben kann, doch noch um den Aufstieg mitspielen kann. Und wer weiß, wo Hansa gelandet wäre, hätte man nicht den 2:0-Vorsprung gegen den SC Paderborn damals noch aus der Hand gegeben? Die Stimmung an der Ostsee ist eine andere geworden. Zarter Optimismus hat sich ausgebreitet, was vor allem daran erkennbar ist, dass selbst die mäßige Rückserie ohne große Geräusche hingenommen wurde.

Note: 2

Prognose: Es hilft ja nichts. Rostock muss alsbald wieder um den Aufstieg mitspielen, um seine Ziele nicht wieder aus den Augen zu verlieren. Top-Favorit ist die Kogge in der kommenden Saison zwar nicht, wird aber dennoch oben mitspielen.

 

Niemand hat diesen SV Meppen so weit oben erwartet. Platz 7, 58 Punkte? Das ist eine fantastische Leistung für die Emsländer, vielleicht neben dem SC Paderborn die größte Überraschung der 3. Liga. Vor Anpfiff dieser Spielzeit war Meppen ohne große Namen ein Abstiegskandidat, und selbst in der Winterpause war eher damit gerechnet worden, dass der SVM eher noch in die untere Tabellenhälfte abrutscht. Doch je länger die Saison andauerte, desto mehr akklimatisierte sich der SV Meppen, desto wohler fühlte er sich in seiner Rolle als schlagkräftiger Drittligist. Er spielte eine starke Rückrunde, machte aus seinem eigenen Stadion eine kleine Festung und hatte mit Benjamin Girth und seinen 19 Treffern die Lebensversicherung stets im Gepäck. Chapeau, SV Meppen! Das war eine beeindruckende Leistung.

Note: 1

Prognose: Den Erfolgskader wird der SVM in weiten Teilen halten können. Ein, zwei Verstärkungen kann er dennoch gebrauchen – vielleicht ja eine Ausleihe von Ex-Topscorer Mirco Born? Jedenfalls wird die 3. Liga qualitativ hochwertiger und eine neuerliche Platzierung in den Top 10 ist nicht selbstverständlich. Bleibt Meppen so erfrischend locker, muss er einen Abstieg im "schweren zweiten Jahr" nicht fürchten.

 

[box type="info"]Weiterlesen: Saisonrückblick #1 // Saisonrückblick #2[/box]

   
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