Acht Kandidaten: Favoritenfeld kristallisiert sich heraus

Noch mehr als ein Monat bis zum Saisonauftakt – wir befinden uns in der absoluten Frühphase des Jahres. Doch das Wettrüsten hat längst begonnen, mancher Verein enttarnt sich schon jetzt als Topkandidat für den Aufstieg in die 2. Bundesliga, mit anderen ist mindestens im erweiterten Feld zu rechnen. Wir blicken auf acht Vereine, die um die obersten drei Plätze mitspielen sollten.

Drei Absteiger mit Ambitionen

Wie so oft hat es auch in diesem Mai ein Trio aus der zweiten Liga erwischt: Zuwachs bekommt die 3. Liga in Form von Dynamo Dresden, Erzgebirge Aue und dem FC Ingolstadt. Die Reihenfolge der Platzierung im Vorjahr lässt dabei überhaupt keinen Schluss auf die Stärke im kommenden Jahr zu. Schließlich ist es der FCI gewesen, der in den vergangenen Wochen mit erstaunlichen Transfers aufhorchen ließ. Zunächst die mehr als überraschende Verpflichtung von Pascal Testroet – zuletzt immerhin Topschütze beim ehemaligen Ligarivalen SV Sandhausen – und dann der ablösefreie Transfer von Maximilian Dittgen, der mit dem FC St. Pauli nur haarscharf den Bundesliga-Aufstieg verpasst hat: Ingolstadt tätigt als Drittligist Transfers, die der Klub vielleicht ein Jahr früher hätte anstreben sollen, um nicht sang- und klanglos abzusteigen. Auch Marcel Costly und David Kopacz ergänzen diesen ersten Eindruck. Gleichwohl ist die Kaderplanung noch längst nicht abgeschlossen, es gilt 16 Abgänge zu ersetzen. Setzt sich diese Shoppingtour fort, wird Ingolstadt um den erfahrenen Rüdiger Rehm aber das heißeste Eisen sein.

Einer der Ingolstädter Abgänge soll wiederum Königstransfer bei Dynamo Dresden werden: Stefan Kutschke, 2021 mit den Schanzern aufgestiegen und zwischen 2016 und 2017 Zweitliga-Torjäger in Elbflorenz, seiner Geburtsstadt. Auch hier gilt es einen großen Umbruch zu verkraften, noch ist bei der SGD etwas schwerer abzuschätzen, wie gut dies gelingen wird. Sicherlich wird an der Seitenlinie aber der namhafteste Trainer stehen, unter normalen Umständen wäre ein Markus Anfang nach seiner sportlichen Karriereentwicklung wohl kein Kandidat mehr für die 3. Liga geworden. Nun ist da aber dieser große Makel, die Impfpassfälschung als Straftat und das Unverständnis vieler Menschen außerhalb seines neuen Arbeitgebers. Und die Frage: Beeinträchtigt oder belastet diese Vorgeschichte womöglich das Verhältnis zu einigen Spielern?

Dann ist da noch Erzgebirge Aue, ein Verein, der sich in diesem Jahrtausend schier wundersam über etliche Jahre in der 2. Bundesliga gehalten hat, obgleich er aus einer Kleinstadt inmitten einer nicht sonderlich wirtschaftsstarken Region kommt. Den vorherigen Drittliga-Abstieg 2015 merzten die Sachsen umgehend aus, nun steht dem neuen Trainer Timo Rost eine wohl noch schwierige Aufgabe bevor. Denn finanziell wird der FCE wohl nicht in der Drittliga-Elite mitmischen, holte sich daher etwa kürzlich laut Rosts Aussage eine Absage von 1860-Mittelfeldmann Richard Neudecker ab. Den hat es nun nach Saarbrücken gezogen. Dafür ist der Aderlass im ehemaligen Zweitliga-Kader – zumindest nach jetzigem Stand – nicht sonderlich groß, Schlüsselfiguren wie Torwart Martin Männel und Dimitrij Nazarov, der jüngst verlängert hat, werden die neue Mannschaft in die 3. Liga führen. Dennoch ist Aue zunächst nur im erweiterten Kreise der Favoriten zu nennen.

Unter den Drittligisten marschiert 1860 vorneweg

Kommen wir zu den Drittligisten, die es im abgelaufenen Jahr mehr oder weniger nicht geschafft haben, führt der Weg in die Zweitklassigkeit auch am zweimaligen Vierten 1860 München vorbei. Der musste zwar die Verluste von Neudecker sowie Dennis Dressel (Hansa Rostock) verkraften, hat sich aber ligaintern bereits sehenswert bedient: Mannheims Jesper Verlaat soll die zuweilen wacklige Defensive fixieren, Martin Kobylanski brauchte nach einer zunehmend frustrierenden Zeit in Braunschweig eine Luftveränderung – ist als Techniker und Standardschütze aber für Drittliga-Verhältnisse außergewöhnlich begabt. Weitere solide Ergänzungen und nicht zuletzt die vorhandene Basis unter anderem mit dem Topscorer-Duo Marcel Bär und Stefan Lex geben den Sechzigern einen Frühstarter-Vorteil: Die Eingespieltheit und das Wirken vom unumstrittenen Erfolgstrainer Michael Köllner runden das Gesamtpaket eines ganz heißen Aufstiegsanwärters ab.

Ziemlich detailreich verriet der Coach des 1. FC Saarbrücken, Uwe Koschinat, vor einiger Zeit, warum der Kader seiner Mannschaft in der abgelaufenen Saison noch kein Format für Aufstiegsambitionen hatte. Das Potenzial sei ausgereizt, stellte dieser fest – und setzte sich damit zeitgleich unter den Erwartungsdruck, mit besseren Spielern auch bessere Ergebnisse einfahren zu können. Denn diese hat er bislang definitiv erhalten: Mike Frantz kommt mit 228 Bundesliga-Spielen Erfahrung aus Hannover, wird aber im Oktober auch schon 36 Jahre alt. Auch Neudecker, Kasim Rabihic und Julius Biada haben oder hatten schon richtig gute Saisons in der 3. Liga, können Unterschiedsspieler sein. Von diesen verloren hat der FCS erst Minos Gouras, obgleich dessen Rückrunde keine berauschende mehr war. Kurzum: Saarbrücken wird sich wohl noch weiter verstärken und ist schon jetzt ein Top-5-Kandidat.

Waldhof will unbedingt hoch

Gar nicht viel fehlte dem Waldhof im Vorjahr. Überall hatte dieser oberes Drittliga-Niveau vorzuweisen, dazu noch das Erfahrungsplus mit Spielern wie Marc Schnatterer und Marco Höger – nun: irgendwie reichte es dennoch nicht, gerade in der Offensive fehlte der Ersatz für einen in der Rückrunde nicht mehr treffsicheren Dominik Martinovic. Nun aber musste ja noch weiteres Personal gefunden werden, etwa ein Nachfolger von Jesper Verlaat, der zur direkten Konkurrenz nach München-Giesing gewechselt ist. Julian Riedel mit seinen 190 Drittliga-Einsätzen für diesen Posten zu gewinnen, ist eine Ansage, er kommt mit Baxter Bahn (200 Einsätze) im Duo aus Rostock. Auch die Verpflichtungen von Berkan Taz (Topscorer beim BVB II) und Magdeburges Adrian Malachowski können sich sehen lassen. Kauft der SVW weiter ähnlich ein, muss man ihn auf der Liste haben. Für Christian Neidhart, der in Meppen und Essen starke Mannschaften formte und überdurchschnittliche Ergebnisse holte, ist es eine unverhoffte Chance, als Trainer die zweite Liga anzuvisieren. Nach außen hin haben die Kurpfälzer den Aufstieg jedenfalls so klar als Ziel ausgegeben wie kein anderer Verein.

Was sich der VfL Osnabrück in der vergangenen Saison aufgebaut hatte, zerfiel in der Finalphase – die Luft war völlig raus. Was aber nicht heißt, dass die Lila-Weißen nicht ein gutes Fundament, Trainer Daniel Scherning und Sportdirektor Amir Shapourzadeh sind hier definitiv miteinzubeziehen, gegossen haben. Nur sind da einige Risse: Sebastian Klaas ist als Kreativzentrum zum SC Paderborn weitergezogen, Ulrich Taffertshofer als erfahrener Leader sucht auch eine neue Herausforderung, Aaron Opoku als emsiger Vorlagengeber hat ordentliche Chancen, sich nach seiner Rückkehr zum Hamburger SV dort durchzusetzen. Als Ersatz für Taffertshofer hat der VfL am Donnerstag Robert Tesche verpflichtet – und mit dem Bundesliga-Profi ein Ausrufezeichen gesetzt. Ob es dieses Mal reicht, um bis zum Ende oben mitzuspielen?

Wiesbaden fehlt noch einiges

Eine ziemlich merkwürdige Saison hat der SV Wehen Wiesbaden hinter sich, in der die Pflichtspiele schon kurz nach der Winterpause keinen großen Stellenwert mehr hatten: Der SVWW war gefangen im vorderen Mittelfeld, unfähig, sich näher an die Spitze zu arbeiten, eine graue Maus. Immerhin aber punktuell in der Lage, seine Klasse aufblitzen zu lassen, so etwa beim Sieg über den 1. FC Kaiserslautern im Saisonfinale. Üblicherweise tätigt der finanzstarke Klub im Sommer dann mehrere Verpflichtungen, die ihn wieder in den Anwärterkreis rücken lassen. Bislang ist abseits von vielversprechenden Regionalliga-Kickern noch keiner darunter, wahrscheinlich geht auch noch Topstürmer Gustav Nilsson, der aber eine beträchtliche Summe kosten soll. Wiesbaden hat, obgleich bislang keine Stammspieler abgegeben wurden, noch einiges nachzuholen – Stand jetzt sind die Hessen noch hinter Aue und Osnabrück im Oktett der Zweitliga-Aspiranten der kleinste Name.

   
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