Das sind die Gründe für die Negativserie des SSV Ulm 1846
Erst 13 Punkte, zuletzt drei Niederlagen in Folge bei 14 Gegentoren und Drittletzter! Es läuft derzeit nicht beim SSV Ulm 1846. liga3-online.de nennt die Gründe dafür.
Grund 1: Verletztenmisere
Sie fing schon direkt im ersten Spiel an, die beispiellose Verletztenmisere der Ulmer: Kapitän Johannes Reichert riss sich das Kreuzband und fällt seitdem aus. Nicht nur als Spieler, sondern auch als Leader auf dem Platz. Es folgte Neuzugang Dominik Martinovic, der bei seinem Debüt ebenfalls einen Kreuzbandriss erlitt. Mit Marcel Wenig und Jonas David rissen sich danach noch zwei weitere Spieler das Kreuzband. Ein derartiges Verletzungspech dürfte einmalig im deutschen Profifußball sein.
Es erklärt die Negativserie der Spatzen zwar nicht allein, und darf auch keine Ausrede sein, trug aber seinen Teil dazu bei. Schließlich musste durch die Ausfälle immer wieder umgestellt werden, zudem veränderten sich immer wieder die Abläufe. Allein im Abwehrzentrum, wo mit Reichert und David gleich zwei Spieler betroffen sind. Und zu allem Überfluss holte sich der als Reichert-Ersatz nachverpflichtete Marcel Seegert jetzt auch noch seine fünfte gelbe Karte ab und fehlt damit gegen Rostock gesperrt.
Grund 2: Individuelle Fehler
Schwerer noch als die hohe Anzahl an Verletzten wiegen die individuellen Fehler. Allein im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II schenkten die Spatzen zwei Gegentore her. Erst patzte ausgerechnet Kapitän Dennis Dressel, als er nur wenige Sekunden nach Beginn der zweiten Halbzeit einen viel zu kurzen Rückpass spielte, dann trat Jan Boller – der für den verletzten Jonas David spielte – über den Ball und verursachte so das 1:3. Und beinahe hätte Ben Westermeier nach einem weiteren individuellen Fehler noch ein weiteres Gegentor verursacht.
Schon beim 0:5 gegen Verl stand die Defensive der Spatzen alles andere als sattelfest und fiel zwischenzeitlich regelrecht auseinander. Insgesamt schlug es beim Zweitliga-Absteiger in dieser Saison schon 28 Mal ein, wobei die Hälfte aller Gegentore allein aus den letzten vier Spielen resultiert. Nur der TSV Havelse (31) und der 1. FC Schweinfurt (34), die beide in der Tabelle bereits abgeschlagen sind, mussten noch mehr Gegentreffer hinnehmen. Die Folge: Ein massiver Vertrauensverlust in die eigene Stabilität.
Grund 3: Verunsicherung
Die individuellen Fehler sind wiederum das Resultat einer tiefen Verunsicherung der Mannschaft nach den Negativerlebnissen der bisherigen Saison mit acht Niederlagen aus 13 Spielen. "Ich glaube, wir müssen an allen Ecken und Enden ansetzen", sagte Torhüter Christian Ortag nach dem 1:3 gegen Stuttgart II in der "Südwest-Presse" und räumte ein, dass eine Verunsicherung vorhanden sei. "Das ist in so einer Situation ganz normal – und würde wohl jedem Verein so gehen."
Diese Unsicherheit zeigt sich in fast jedem Spiel: Zögerliche Pässe, unentschlossene Zweikämpfe, fehlende Abstimmung. Oder wie es Ortag formulierte: "Es geht ums Spiel mit Ball, gegen den Ball, es sind taktische Sachen, läuferische Sachen. Wenn es nur ein Erfolgsrezept wäre, dann wäre es einfach". Glasbrenner ist dabei nicht nur als Trainer, sondern zunehmend auch als Psychologe gefordert. Der mentale Aspekt ist derzeit fast so wichtig wie die taktische Arbeit.
Grund 4: Fehlende Mentalität
Den Vorwurf, Glasbrenner habe in den letzten Wochen nicht bereits einiges versucht, kann man ihm nicht machen. So hatte er in der Halbzeitpause der Partie gegen Stuttgart II nach eigenen Angaben probiert, die Mannschaft mit einer "sehr emotionalen" Ansprache wachzurütteln. Ohne Erfolg. Stattdessen kassierte der SSV nach nicht mal einer Minute im zweiten Durchgang das 1:2. Doch warum kam die Ansprache beim Team nicht an? "Uns fehlen da vielleicht auch diese emotionalen Leader in der Mannschaft", sagte Glasbrenner.
Schon die Führung hätte den Spielern Kraft geben müssen, wie der 35-Jährige auf der Pressekonferenz anführte. Das tat sie jedoch nicht, stattdessen kassierte Ulm nur zehn Minuten später den Ausgleich. "Wir brauchen deutlich mehr Emotionen und müssen uns auch deutlich mehr von den Fans anstecken lassen." Diesbezüglich nahm Glasbrenner nicht nur den Kapitän, sondern alle Spieler in die Pflicht.
Grund 5: Findungsphase dauert noch
Obwohl mit dem 13. Spieltag nun ein Drittel der Saison gespielt ist, sprach Glasbrenner zuletzt mehrfach davon, dass die Mannschaft noch in der Findungsphase sei. Das ist nach dem großen Umbruch im Sommer mit 18 Zu- und 18 Abgängen zwar ein Stück weit nachvollziehbar – hinzukommt noch, dass Glasbrenner das Team erst seit Mitte September anleitet -, gleichwohl wirft der schleppende Prozess durchaus Fragen auf. Die fehlenden Basics, die Glasbrenner ebenfalls immer wieder anspricht, sollten zu diesem Zeitpunkt der Saison eigentlich verinnerlicht sein.
"Wir haben die Mannschaft, die wir haben. Wir müssen mit diesen Spielern arbeiten und wollen mit diesen Spielern arbeiten", sagte der Coach. "Die Jungs, das hat man auch gesehen, die wollen, aber so richtig schaffen wir es aktuell noch nicht. Und da gilt es, einfach positiv zu bleiben, weiter Vertrauen zu haben, die Jungs weiter stark zu machen." Zudem müssten aus jedem Spiel die richtigen Lehren gezogen werden. Aus Ulmer Sicht bestenfalls schon bis Samstag, wenn gegen Hansa Rostock das nächste Heimspiel ansteht.
Fazit
Ulm kämpft nicht nur gegen Gegner, sondern gegen sich selbst: gegen Unsicherheit, Unruhe und Unentschlossenheit. Die Qualität ist vorhanden, die Struktur brüchig, das Selbstvertrauen erschöpft. Fehlende Stabilität, mentale Blockaden und ein unvollendeter Findungsprozess greifen ineinander – ein gefährlicher Mix. Glasbrenner muss nun nicht nur Trainer, sondern auch Psychologe und Krisenmanager zugleich sein. Bleibt die Trendwende aus, droht der Aufsteiger schon vor der Winterpause den Anschluss zu verlieren.