3:4 gegen Hansa: Preußen erleben rabenschwarzen Saisonauftakt

Wir schreiben die 38. Minute im alt ehrwürdigen Preußenstadion, als die Fans der Adlerträger zum ersten Mal ihren bekannten Wechselgesang anstimmen und sich im Stadionrund bemerkbar machten. Was war geschehen? Sechs Minuten zuvor erzielte Dominik Schmidt per Kopf den 1:3-Anschlusstreffer für die Preußen, nachdem man die ersten dreißig Minuten komplett verschlafen hatte. Rückblende: Eigentlich war alles angerichtet am 1. Spieltag der 3. Liga im Preußenstadion. 10.901 Zuschauer (darunter 1600 Anhänger aus Rostock) wollten die Adlerträger in ihrer vierten Drittligasaison zum Auftaktsieg tragen. Trainer Ralf Loose überraschte mit seiner Aufstellung: Mit Erik Zenga als Rechtsverteidiger und Abdenour Amachaibou erhielten die beiden Neuzugänge Vorzug vor Patrick Kirsch und Mehmet Kara. Überraschend stand auch Kevin Schöneberg im Kader, der in der Woche nur ein Aufbautraining absolvieren konnte. Und dennoch kam alles anders. In ihren schwarzen Auswärtstrikots erlebten die Preußen zu Hause 45 rabenschwarze Minuten.

Katastrophale erste Halbzeit

Von Beginn an wirkten die Rostocker giftiger und aggressiver, störten bereits früh im Mittelfeld und setzten die Münsteraner stark unter Druck. Zweikämpfe wurden verloren, Pässe kamen nicht an, zweite Bälle wurden nicht gewonnen und überhaupt hatten die Rostocker viel Platz, um selbst zu agieren. Zwischen dem 1:0 und dem 3:0 für die Gäste lagen gerade mal zwanzig Minuten. Während die Gästefans zum „Gegen Hansa kann man mal verlieren“ anstimmten, schickte Trainer Ralf Loose seine komplette Ersatzbank zum Aufwärmen. In der Preußenkurve herrschte weiterhin gespenstische Ruhe. Gerade in einer Phase, wo das eigene Team die Unterstützung eines jeden gebraucht hätte, trug der geplante Stimmungsboykott der Fanszene dazu bei, dass die Adlerträger ein Auswärtsspiel im heimischen Stadion erlebten. Kurzzeitig keimte mit dem 1:3-Anschlusstreffer in der besagten 31. Minute Hoffnung auf, ehe auch diese wieder schnell im Keim erstickt wurde. Denn wer gehofft hatte, man könne diesen Schwung mitnehmen, wurde eines Besseren belehrt. In einer kurzen Aufbruchphase der Münsteraner erzielte Hansaneuzugang Christian Bickel mit einem sehenswerten Schuss aus etwa zwanzig Metern das 4:1 für die Gäste. Eine Schmach für jeden Heimfan. So hatte sich gewiss niemand den Saisonauftakt vorgestellt. Von den Gästen zerlegt stapften die gerupften Adlerträger nach 45 Minuten reichlich bedröppelt in die Kabine.

Aufholjagd in Halbzeit zwei reicht nicht für Punkteteilung

Kevin Schöneberg ersetzte zu Beginn der zweiten Hälfte Marc Heitmeier und rückte auf die rechte Verteidigerposition. Während die Rostocker Anhängerschar sich noch immer selbst im sonst stummen Stadion feierte, schien die Kabinenpredigt von Ralf Loose Wirkung zu zeigen. Per Freistoß ins rechte Eck erzielte Marcus Piossek das 2:4 für die Preußen in der 67. Minute. Und keine hundert Sekunden später befand sich die Kugel wieder im Kasten von Hansa-Torwart Jörg Hahnel. Nach einer schönen Flanke von Truckenbrod konnte Marcel Reichwein mit einem Seitfallzieher zum 3:4 verkürzen. Im letzten Spieldrittel wurde die Partie hektischer: nicht gegebene Strafstöße, Foul- und Zeitspiele erhitzten nun die Gemüter. Jeder mobilisierte noch einmal seine letzten Kräfte – auch die Preußenfans, die merkten, dass die Kogge die Ruder aus der Hand gegeben hatte. Münster agierte fortan spielbestimmend, spielte schnell nach vorn, gewann die Bälle und kam immer wieder zum Torabschluss. Kapitän Jens Truckenbrod erhielt zudem in seinem Rekordspiel nach einem Foulspiel an Schwertfeger die Gelb-Rote Karte. Zehn Preußen drängten noch sieben Minuten in Unterzahl zum Ausgleich. Dennoch reichte es nicht.

Gegen Stuttgart II ein Zeichen setzen

Die Gründe für diese desolate Auftaktniederlage liegen auf der Hand. Preußen verschlief komplett die erste Hälfte, ließ sich vorführen, nahezu demütigen. Das 30-minütige Aufbäumen in Halbzweit zwei reichte nicht für ein Unentschieden, da die Rostocker einfach zu clever agierten. Die gespenstische Ruhe auf den Rängen der Adlerfans glich trotz aller Diskussionen und Querelen im Vorfeld einer Bestrafung der eigenen Mannschaft. Die guten Eindrücke der Rückrunde der vergangenen Saison wurden mit diesem katastrophalen Auftakt schon wieder fast verspielt. Am kommenden Samstag wartet die Reserve aus Stuttgart gegen den SCP. Ein Auswärtsspiel, bei dem vermutlich die mitgereisten Preußenanhänger ihre Mannschaft wieder supporten werden. Ein Auswärtsspiel, bei dem das Team um Ralf Loose ein Zeichen setzen muss, denn der desaströse Start der Vorsaison liegt jedem noch schwer im Magen und scheint nicht zu vergessen.

FOTO: Sven Wundrig

   
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