1860 schielt nach oben: "Haben lange noch nicht aufgesteckt"
Michael Köllners Frust-Bart erweist sich für 1860 München immer mehr als Talisman. Durch den 1:0-Coup gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden baut 1860 seine Serie seit dem Rasur-Streik seines Coaches auf drei Spiele ohne Niederlage und Gegentor aus und liebäugelt plötzlich wieder mit einer zumindest theoretischen Aufstiegschance.
Steinhart: "Haben noch nicht aufgesteckt"
Philipp Steinhart unterstrich nach seinem späten Siegtor (86.) die Ambitionen der Löwen immerhin nachdrücklich. Die unverhofft wiederbelebten Hoffnungen auf die Zweitliga-Rückkehr seien "kein Geträume", sagte Münchens Matchwinner am "MagentaSport"-Interview und kündigte entsprechend für den Saisonendspurt eine Jagd auf die Spitzengruppe an: "Wir haben lange noch nicht aufgesteckt und schauen, was wir aus den letzten Spielen noch rausholen können." Es sollten in jedem Fall möglichst viele Punkte sein. Denn trotz Platz vier beträgt der Rückstand von Köllners Mannschaft auf den FC Ingolstadt auf dem Relegationsrang und den Tabellenzweiten neun Runden vor Saisonschluss noch stolze neun Zähler.
Köllner betrachtete das Aufstiegsrennen derweil betont realistisch. "Da ist mir zu viel Konjunktiv: Die ersten Drei sind schon so gut wie weg“, konstatierte der 51-Jährige nüchtern, ließ aber gleichwohl noch einen Hauch Wunschdenken erkennen: "Wir müssen erstmal unsere Dinge erledigen und hoffen, dass vorne irgendetwas passiert."
Sieg für Köllner "ein Qualitätsmerkmal"
Passieren könnten Ingolstadt und Rostock allerdings Ausrutscher wie Dresden an der Grünwalder Straße tatsächlich auch noch. Für Köllner war der Erfolg gegen die Sachsen jedoch hauptsächlich auf die eigene Stärke und weniger auf die Schwäche der zuvor fast zwei Monate lang ungeschlagenen Dynamos zurückzuführen. "Wir haben wieder eine sehr gute Abwehr- und Defensivleistung gebracht. Insgesamt war es ein hartes Stück Arbeit für uns, aber es ist auch ein Qualitätsmerkmal für uns, dass wir als erste Mannschaft seit so langer Zeit gegen Dresden gewonnen haben", resümierte der Coach auf der Pressekonferenz sichtlich zufrieden.
Sogar hochzufrieden war Köllner mit Sieggarant Steinhart. Der fünfte Saisontreffer des Defensivspielers war aus Sicht des Trainers der verdiente Lohn für den 28-Jährigen: "Er ruft in jedem Training alles ab, es ist ein Traum mit ihm arbeiten zu können. Auch die Situation bei seinem Tor haben wir im Training geübt, und er hat es perfekt umgesetzt", meinte Köllner.
Bevor Münchens Jagd auf die Aufstiegsplätze an Karsamstag (3. April) beim aufstrebenden Abstiegskandidaten KFC Uerdingen weitergeht, steht für 1860 im Bayern-Pokal schon am kommenden Samstag das Zwischenrunden-Duell ausgerechnet mit dem Aufstiegsrivalen Ingolstadt auf dem Programm. "Das nehmen wir sehr ernst, damit wir weiter auf einen Platz im DFB-Pokal hoffen können", stellte Köllner die Prioritäten klar. Auch dabei setzt der "Löwen"-Coach offenbar inzwischen auch auf die Glücksbringer-Funktion seines Bartes: "Der", schmunzelte Köllner, "bleibt erst einmal dran – vorsichtshalber."
Stadionsprecher Schneider erklärt Rücktritt
Nicht mehr dabei ist künftig Stadionsprecher Stefan Schneider, der unmittelbar nach dem Spiel seinen überraschenden Rücktritt nach mehr über 30 Jahren und 600 Spiele verkündete. Zu den genauen Gründen äußerte sich gegenüber "dieblaue24" nur vage: "Es ist nichts vorgefallen, es gibt keinen Grund – ich gehe als Freund der Löwen-Familie. Den richtigen Zeitpunkt gibt es nie. Aber ich muss auch an mich denken. Ich hatte seit 30 Jahren so gut wie kein freies Wochenende. Es ist an der Zeit, dass ich mehr Zeit für mich habe."
Die Geisterspiel-Situation durch Corona habe seine Entscheidung beschleunigt: "Wenn ich allein im Stadion sitze, dann ist das schon frustrierend. Corona hat mit Sicherheit einen Anteil daran, dass ich jetzt Schluss mache. Ein Dirigent spielt auch nicht ohne Orchester…" Eine Rückkehr schließt er aus: "Es gibt kein Zurück! Ich weiß auch, dass die Fans das nach so einer langen Zeit auch respektieren werden. Ich bin den Fans nach dieser langen Zeit unwahrscheinlich dankbar." Bis zur neuen Saison wird Pressesprecher Rainer Kmeth die Moderation der Heimspiele im Grünwalder Stadion übernehmen. Sobald wieder Fans zugelassen sind, soll Schneider im Stadion verabschiedet werden.